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Dem Himmel entgegen

Dem Himmel entgegen

Titel: Dem Himmel entgegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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muss kurz etwas erledigen.” Er rannte auf eine freiwillige Helferin zu, die gerade mit einem Behälter voll Fisch und Mäusen zu den Käfigen der Station unterwegs war.
    “Mmm … Abendessen!” kicherte Marion.
    Eigentlich war Ella nicht zart besaitet, spielte aber mit und erschauderte angewidert. “Iiiih. Ich hoffe, das ist nicht für uns.”
    “Doch, das ist es!” lachte Marion und hielt sich die Hand vor den Mund.
    Ella genoss die ersten freundlichen Worte von Marion und warf ihr einen viel sagenden Blick zu. Aber damit war sie zu weit gegangen. Marions Lächeln erstarb, und das Misstrauen kehrte in ihr Gesicht zurück.
    Um sie herum schwand das Tageslicht nun immer schneller. Ein erstaunter Blick auf die Uhr sagte Ella, dass sie eine halbe Stunde gelaufen waren. Sie beobachtete Marion. Das Mädchen hatte sich gegen eine Mauer gelehnt und machte einen erschöpften und zerknirschten Eindruck. Dies konnte bei einem Kind, das zuckerkrank war, mehr als bloße Müdigkeit anzeigen.
    Harris unterhielt sich immer noch mit der Mitarbeiterin. Offenbar ging es um Schwierigkeiten mit einem Fischadler. Während er sprach, gestikulierte er wild in der Luft herum. Ella wunderte sich, wie er den Vögeln so viel Aufmerksamkeit schenken und so blind für das Befinden seiner eigenen Tochter sein konnte. Nicht nur die Vögel brauchten etwas zu essen.
    “Also, ich bekomme jetzt langsam Hunger”, stellte sie entschieden fest und wandte sich zu Marion. “Und was ist mit dir?”
    Das Kind nickte und kratzte sich müde am Kopf.
    “Lass uns beide doch mal nachsehen, was es zum Abendessen gibt.” Sie streckte ihre Hand aus und war dankbar, als das Kind sie ergriff. “Meinst du wir finden in eurem Kühlschrank noch was anderes außer Mäusen?”
    Zu ihrem Entsetzen waren Mäuse genau das, was sie fand.
    Als Ella den Kühlschrank geöffnet hatte, entdeckte sie neben einem Milchkarton, Eiern, einem halben Brot und unzähligen Gewürzen eine große, verschlossene Plastikdose. Neugierig wie sie war, beugte sie sich vor, um die Dose zu öffnen. Der Verschluss sprang auf, und ein beißender Geruch quoll aus dem Behälter, als sie den Deckel abnahm.
    “Oh!” Der Deckel fiel zu Boden, als Ella mit einem lauten Schrei die Hand vor den Mund schlug.
    Sie stand mit aufgerissenen Augen vor dem Kühlschrank und rang nach Luft. Sie konnte es nicht glauben. In dem Behälter befanden sich Dutzende von toten Mäusen, schwarz, weiß und blutig, bis zum Rand der Dose übereinander gestapelt. Mäuse draußen, auf einem Tablett angerichtet für die Vögel, zu sehen war eine Sache. Aber hier im Kühlschrank, gleich neben dem Paket mit den Lebensmitteln für die Menschen, eine gänzlich andere.
    “Ist alles in Ordnung?” fragte Harris, als er ins Haus kam. Er war außer Atem, als ob er den ganzen Weg von den Käfigen bis zum Haus gerannt wäre. “Ich habe Sie schreien gehört.”
    “Sie bewahren Mäuse in Ihrem Kühlschrank auf!” rief sie aufgeregt und zeigte anklagend auf das Gerät.
    “Ich weiß.”
    “Und?”
    “Was und?”
    “Also, das ist nicht richtig. Das ist … das ist völlig inakzeptabel!”
    “Ich wusste gar nicht, dass Krankenschwestern so empfindlich sind.”
    “Empfindlich? Empfindlich?” wiederholte sie, wobei ihre Stimme immer schriller wurde. “Ich bin überhaupt nicht empfindlich. Und wenn man per Zufall Dutzende von blutigen, toten Mäusen im Kühlschrank einer Familie findet und sich erschreckt, hat das nichts, aber auch gar nichts damit zu tun, dass man empfindlich ist.” Sie fasste sich an den Kopf und versuchte, sich zu beruhigen. Eine Minute später atmete sie tief durch, und ihr Mund zuckte, als sie sagte: “Der Hauptgrund, der gegen Mäuse im Kühlschrank spricht, ist, dass sie einem absolut den Appetit verderben.”
    Harris kratzte sich verschmitzt grinsend hinter dem Ohr. “Sie haben Recht. Es kommt auch nicht oft vor. Ich weiche nur auf diesen Kühlschrank aus, wenn das Gerät in der Klinik voll ist. Aber eigentlich sollten Sie das gar nicht mitbekommen. Ich wollte heute für Sie kochen. Sie sind unser Gast. Ich habe Steaks aufgetaut.”
    Ihr drehte sich beim bloßen Gedanken daran, an diesem Tag noch Fleisch zu verzehren, fast der Magen um. “Marion muss etwas essen”, erklärte sie. “Ich dachte, ich mache schnell etwas.”
    Seine Miene zeigte Verständnis und Anerkennung. “Ich schmeiße schon mal den Grill an.”
    “Mr. Henderson”, rief sie ihm hinterher, um ihn aufzuhalten. “Bitte, bevor

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