Dem Himmel entgegen
oft zu Hause – zwischen ihrer Arbeit, den Notfällen und den täglichen Fahrten.
“Eines Tages bogen sie gerade auf der Bergstraße um eine scharfe Kurve, als ihnen ein Heuwagen entgegenkam. Es war dunkel und regnerisch. Die Straße lag in dicht bewaldetem Gebiet. Keiner von beiden hat den anderen kommen sehen.” Sie zuckte die Schultern. “Ich war fünf, als ich zu meinen Tanten kam. Sie sind gute Seelen, und ich liebe sie sehr. Obwohl sie selbst nie den Staat verlassen haben, haben sie mich immer ermutigt, meinen Träumen zu folgen und die Welt zu bereisen.”
“Und das hast du getan!” rief Marion aus. “Du bist hierher gekommen.”
Ella nahm ihre Pizza. “Ja. Ich bin den ganzen weiten Weg nach Awendaw gekommen”, sagte sie, und in ihren Augen blitzte der Schalk auf.
“Ein Glück für uns”, sagte Harris.
Ella schluckte schwer und blickte auf ihren Teller.
“Und wie war Ihr Tag?” fragte sie Harris, um die Unterhaltung in eine andere Richtung zu lenken. “Haben Sie auch Papierherzen ausgeschnitten?”
Er runzelte besorgt die Stirn. “Ehrlich gesagt, das würde ich später gern mit Ihnen besprechen.”
Sie sah ihn ernst an.
“Wir haben ein Problem in der Klinik. Sherrys Mutter hatte einen Schlaganfall. Sherry muss sich in der nächsten Zeit um sie kümmern.”
“Oh, wie furchtbar. Sie macht sich bestimmt große Sorgen.”
“Das macht sie. Sie ist die einzige Tochter. Morgen fährt sie mit ihr ins Krankenhaus nach Orangeburg, um zu hören, wie es weitergeht. Ihr Bruder ist zwar auch da, aber er kennt sich nicht aus, und Sherry versteht ja die medizinischen Fachbegriffe.” Er seufzte und betrachtete seine Hände. “Sie muss gehen, natürlich, aber wir haben dann einen personellen Engpass, und das genau zum Frühlingsanfang, der hektischsten Zeit des Jahres.”
“Wie lange wird sie denn weg sein?”
“Das kann sie noch nicht sagen. Es ist zu früh, um das absehen zu können.”
“Gibt es denn keine anderen freiwilligen Helfer, die einspringen könnten?”
“Niemanden, der das nötige medizinische Grundwissen mitbringt. Es ist schwierig, jemanden zu finden, der die Röntgenbilder deuten kann, der Spritzen setzen und Blut abnehmen kann und der auch Verletzungen versorgen kann. Selbst wenn ich einen Helfer anlernen würde, dauerte das zu lange. Wir haben die Zeit im Moment nicht.” Er schüttelte den Kopf und starrte wieder auf seine Hände. Dann sah er auf. Seine Miene war nachdenklich. “Die Arbeit unterscheidet sich nicht wesentlich von dem, was Sie in der Notaufnahme des Krankenhauses getan haben.”
Ella ahnte nun, worauf dieses Gespräch hinauslief. Sie schwieg, wappnete sich innerlich gegen das, was kam.
“Und da habe ich mich gefragt … Also, ich dachte, ob Sie vielleicht eine Weile in der Klinik aushelfen könnten? Nur für eine Weile. Bis ich jemand anderen gefunden habe.”
“Harris, ich habe keine Ahnung von Vögeln.”
“Ich weiß, aber Sie sind Krankenschwester. Sie kennen die Grundlagen. Ich kann Ihnen den Rest in einem Crashkurs beibringen.”
Ella schüttelte entschieden den Kopf. “Ich bin hier, um mich um Marion zu kümmern, und nicht, um verletzte Greifvögel aufzupäppeln.”
“Es wäre doch nicht für lange.”
“Nein.” Als er den Mund öffnete, um etwas zu erwidern, fiel sie ihm ins Wort. “Wirklich, Harris, das ist nichts für mich. Es gibt Menschen, die Tiere mögen, und es gibt Menschen, die Menschen mögen. Ich bin eher jemand, der die Menschen mag. So war ich schon immer. Für mich waren Hunde, Katzen oder Vögel noch nie interessant.”
Enttäuschung spiegelte sich in seinen Zügen wider, und er presste die Lippen aufeinander. Dann legte er schweigend seine Serviette auf den Tisch und schob seinen Teller weg. “Wie gesagt, es war ja nur ein Gedanke. Wenn ich also Sherrys Aufgaben übernehmen muss, werde ich wohl sehr spät nach Hause kommen. Wenn überhaupt …”
“Können Sie denn keine Pause machen, um mit Marion zu essen? Ich meine, Sie müssen doch etwas essen. Ich werde alles fertig auf dem Tisch haben.”
“So wird es nicht funktionieren. In den nächsten Monaten werden jede Menge Tiere eingeliefert werden. Wenn sie ankommen, muss ich sie behandeln. Es ist niemand anders da, der das übernehmen könnte. Sie haben in der Notaufnahme gearbeitet. Sie konnten ja auch nicht einen Verletzten einfach liegen lassen, um einen Happen zu essen. Das muss man tun, wenn man Zeit hat.”
Ella wusste, dass er Recht hatte, und
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