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Dem Himmel entgegen

Dem Himmel entgegen

Titel: Dem Himmel entgegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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ihrer weißen Uniform und blickte den tanzenden Schneeflocken mit einem melancholischen Ausdruck im Gesicht nach.
    “Das kommt, weil du aus Florida stammst und es nicht besser weißt. Schnee kann wundervoll aussehen, wenn er locker und weiß ist wie dieser hier, aber lass ihn mal matschig, glatt und braun werden.”
    “Nichts, was du sagst, kann mich davon abbringen, den Schnee zu lieben”, beharrte Denise. “Ich habe noch nie so viel Schnee gesehen oder einen Schneemann gebaut. Du magst ja daran gewöhnt sein und es langweilig finden, weil du damit aufgewachsen bist, aber für mich ist es wild und aufregend.”
    Ella verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. “Das ist gut, dass du es wild und aufregend magst, denn mit diesem Wetter wird es ganz sicher eine wilde, aufregende Nacht.”
    Wie auf ein Zeichen wurde die Tür zur Notaufnahme aufgestoßen, und ein Team von Ärzten und Sanitätern rannte mit einer Trage durch den Flur.
    “Auf geht’s”, sagte Ella routiniert. Sie drehte sich um und lief zu dem Patienten, wobei sie den Sanitätern und umstehenden Schwestern knappe Anweisungen zurief. Doch ihr stockte der Atem, als sie das kleine Kind auf der Trage erkannte.
    “O nein”, entfuhr es ihr. Es handelte sich um Bobby D’Angelo, einen sechsjährigen Jungen, der an Juveniler Diabetes litt. Sie stürzte zur Trage und sprach einen der Sanitäter an: “Er ist Diabetiker. Wie ist sein Zustand?”
    “Niedrige Insulinwerte – gefährlich niedrig. Er hat gekrampft.”
    Mit geschultem Blick betrachtete sie Bobbys Gesicht. Seine blasse Haut und der schwer gehende Atem bereiteten ihr Sorgen.
    “Bobby? Bobby, kannst du mich hören?” Als der Junge langsam und unter größten Anstrengungen die Augen aufschlug, lächelte sie erleichtert und drückte seine Hand. “Jetzt bist du also wiedergekommen, um mich zu sehen, Bobby?”
    Seine Augen bewegten sich schläfrig, und ein schwaches Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er Ella schließlich wiedererkannte. “Ella?”
    “Wie geht es dir?” Sie strich ihm das zerzauste schwarze Haar aus dem Gesicht und legte ihre Hand auf seine Stirn. Seine Haut war schweißnass und kalt.
    “Okay”, flüsterte er erschöpft. Er fuhr sich mit der Zunge über seine trockenen Lippen.
    “Ja? Oder fühlst du dich nicht so gut? Bist du durstig?”
    “Mm-hmm.”
    Sie lief neben der Trage her, als die Sanitäter sie in das Behandlungszimmer schoben. Dort checkte sie kurz seine Vitalfunktionen und Werte: Sie hörte seine Herztöne ab, untersuchte seine Augen, seine Reflexe und maß seinen Blutdruck. Bobby war schon an diese Tests gewöhnt und arbeitete, ohne zu murren, mit. Er war das, was die Schwestern einen “Wiederkehrer” nannten, ein Kind, das regelmäßig in der Notaufnahme erschien. Zwar hatte sie in ihrer Zeit als Kinderkrankenschwester schon Hunderte solcher Kinder kennen gelernt, aber Bobby hatte etwas Besonderes an sich, das sie rührte. Er hatte ihren Widerstand überwunden, die unsichtbare Mauer zwischen Ella und den Patienten eingerissen, und jedes Mal, wenn ein Notfall eingeliefert wurde, schaute sie besorgt, ob er es war. Er war viel zu oft da, und nach jedem Rückfall dauerte es länger, bis er sich wieder erholt hatte.
    “Erinnerst du dich, wann du das letzte Mal Insulin bekommen hast?”
    Er zuckte stumm die Schultern.
    “Ist das schon lange her?”
    “Mommy kann nichts dafür. Ich habe es vergessen.”
    Sie hörte Denise unwillig neben sich murmeln: “Sechs Jahre alt, und er denkt, es ist seine Schuld.”
    “Lass uns deine Blutwerte zweimal kontrollieren, okay?” sagte Ella beruhigend und achtete darauf, dass in ihrer Stimme nicht die Wut auf seine Mutter zu hören war. Sie legte ihm die flache Hand auf die Stirn und prüfte, ob er Fieber hatte und wie sich seine Haut anfühlte.
    Als sie die Insulinspritze vorbereitete, warf sie einen schnellen Blick über die Schulter zur Anmeldung. Sie erkannte die dünne Frau mit den flammendroten Haaren, die ein enges schwarzes Shirt trug und eine weiße weite Jacke darüber. Ihr Haar hatte sie mit glitzernden Spangen hochgesteckt. Ella wusste, dass sie bei näherem Hinsehen Einstichstellen auf ihren Armen finden würde.
    Der diensthabende Arzt kam in das Behandlungszimmer, und Ella gab ihm einen kurzen Bericht über den Zustand des Kindes. Nach der Untersuchung trat Ella an Bobbys Seite.
    “Okay, mein Großer, wir sind fertig”, sagte sie, lächelte ihn an und rückte seinen Verband zurecht. “Dein Zimmer

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