Dem Killer auf der Fährte
er außerdem um etwa fünfzehn Pfund stärker war als sie. Aber sie konkurrierten immer noch sehr stark miteinander, und einer ihrer liebsten Wettkämpfe war, zu sehen, wer schneller zur Tür rasen konnte. Kimi wog ungefähr fünfundsiebzig Pfund und Rowdy etwa neunzig. Buck, mein Vater, der Wolfshund-Kreuzungen züchtet, wollte immer, daß Rowdy noch mehr wie ein Wolf aussieht als ohnehin schon, und deshalb hat er mir gesagt, ich solle sein Gewicht auf fünfundachtzig halten, woraufhin Faith Barlow, die ihn gezüchtet hatte, entsetzt behauptete, ich wolle ihn wohl verhungern lassen. Buck und Faith haben sich schon immer über die verschiedensten Methoden der Hundeaufzucht und -ernährung gestritten. Buck behauptet, daß Eukanuba das falsche Futter für einen Malamute sei, der nicht jeden Tag einen Schlitten ziehen muß, während Faith darauf besteht, es sei die ideale Nahrung. Auch in der Hundewelt gibt es niemals Frieden.
Beim Geräusch schwerer Schritte und dem Scheppern von Milchflaschen bahnten sich jedenfalls einhundertfünfundsechzig Pfund Alaskan Malamute ihren Weg zur Hintertür, wo Rowdy, der endlich seinen ersten Trainingstitel - C.D., Begleithund - erhalten hatte, sich so plazierte, wie ich es ihm beigebracht hatte, während Kimi mit ihrer rechten Vorderpfote eine weitere Spur ihrer großen Krallen auf dem mit Terrakottafarbe gestrichenen Holz hinterließ. Auf Rowdys großem, weißen Gesicht lag ein Ausdruck von herablassender Überlegenheit, wie die Verachtung des Zivilisierten vor dem Barbaren. Er neigte seinen Kopf zuerst in Kimis Richtung und erhob ihn dann zu mir.
»Guter Junge, Rowdy«, lobte ich ihn. »Kimi, nein. Hör' auf damit.«
Ich schloß sie beide in der Küche ein und öffnete die Hintertür.
Jim, der Milchmann, war ein netter junger Mann, der mir erzählt hat, daß er mit seiner Frau, vier Kindern und einem Labrador-Retriever-Mischling in Dorchester wohnt.
»Sie können mir die Sachen so geben«, sagte ich, als er anfing, meine Bestellung in den Behälter zu sortieren. »Ich nehme es gleich rein.«
»Na klar. Reicht das für Sie?«
»Es reicht für meine Hunde«, gab ich zur Antwort. »Ich habe einen neuen. Noch einen Alaskan Malamute.«
»Wie schön für Sie.«
»Sie hat vorher einem anderen Kunden von Ihnen gehört, glaube ich jedenfalls. Upland Road gehört doch zu Ihrer Route, oder?«
»Ja, sicher.«
»Elaine Walsh war der Name.«
Sein Gesicht umwölkte sich. »Das ist die Frau, die gestorben ist.«
»Ja. Wissen Sie, ob...«
»Wollen Sie jetzt immer noch diesen Hüttenkäse?«
»Aber ja.«
»Bisher stand noch nichts in der Zeitung, aber ich nehme an, Sie haben schon davon gehört.«
»Und jetzt machen Sie sich Sorgen, daß die Leute ihre Bestellungen stornieren werden?«
Er seufzte nur betrübt.
»Ich hoffe, daß es nicht so kommen wird. Aber falls doch, dauert es sicher nicht lange, bis die Leute wieder die Sachen von Ihnen liefern lassen.«
Wir sprachen noch eine Weile darüber, wie sich diese Geschichte mit dem Hüttenkäse auf sein Geschäft auswirken könnte. Und weil es mir dann doch ein wenig zu kalt war, um nur in Jeans und einem Pulli draußen herumzustehen, kam ich auf den Punkt. »Sagen Sie, hat Elaine Walsh eigentlich regelmäßig Hüttenkäse bestellt?«
»Nein. Das habe ich denen ja auch schon gesagt«, antwortete Jim und meinte damit vermutlich die Polizei. »Erst seit kurzem. Vorher wollte sie nur Milch, Eier und Butter. Dann hat sie ihre Bestellung geändert und den Hüttenkäse dazugenommen. Den ohne Geschmack. Zweimal die Woche ein Pfund.«
Ich mußte zweimal gehen, um meine gesamte Bestellung ins Haus zu schaffen. Dann stellte ich die Packung mit Hüttenkäse auf den Küchentisch und fing an, die Eier in die Halterung in der Kühlschranktür zu setzen, aber bevor ich damit fertig war, mußte ich Kimi zurückhalten. Sie war die ganze Zeit schwanzwedelnd um mich herum gesprungen, aber jetzt hatte sie ihre beiden Vorderpfoten auf den Küchentisch gelegt und beschnüffelte den Hüttenkäse.
Alles, was ein Hund tut, ist natürlich eine Art Kommunikation. Es mag zwar nicht seine Absicht sein, einem etwas mitzuteilen, aber wenn man genau hinsieht, merkt man, daß jedes Verhalten etwas Bestimmtes aussagt. In diesem Fall war klar, was Kimi mit ihrem Verhalten sagen wollte. Sie erkannte die Packung. Zeit fürs Abendessen, sagte sie. Mein Abendessen. Mein Futter. Das ist für mich. Elaine mochte keinen Hüttenkäse. Sie hat ihn erst vor kurzem bestellt,
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