Dem Killer auf der Fährte
in mein Auto und wollte gerade aus der Parklücke fahren, als ich hörte, wie sie an die Scheibe auf der Beifahrerseite klopfte und meinen Namen rief. Ich lehnte mich herüber, öffnete die Tür, und sie steckte den Kopf ins Wageninnere.
»Sie wissen doch, daß Sie das besser irgendwohin tun sollten, wo die Hunde nicht rankommen?«
Ich nickte. »Natürlich. Ich hatte bestimmt nicht die Absicht, Ihre wunderbaren Leckereien den Hunden zum Fraß vorzuwerfen. Aber vielen Dank, daß Sie mich daran erinnert haben.«
Schokoladenvergiftung. In den Februar-Ausgaben von Dog's Life, DOGworld, Dog Fancy und The American Kennel Gazette werden die Leser jedesmal daraufhingewiesen, ihre Valentinstag-Süßigkeiten nicht mit ihren Hunden zu teilen, aber manchmal sind die Leute leichtsinnig, oder sie vergessen es, oder sie gehören zu den wenigen Hundehaltern, die keine dieser Zeitschriften abonniert haben. Sowohl Kakaopulver als auch Schokolade enthalten nämlich eine Substanz namens Theobromin, die für Hunde giftig ist. Die einzelnen Tiere reagieren zwar unterschiedlich empfindlich darauf, aber es ist schon vorgekommen, daß eine wirklich kleine Menge Schokolade einen sehr empfindlichen Hund umgebracht hat. Und es gibt kein Gegenmittel.
Während der Heimfahrt dachte ich die ganze Zeit an Joel und daran, wie gefaßt er es aufgenommen hatte. Jedenfalls war es mir so vorgekommen. Vertraute ich ihm? Beinahe. Vertraute er mir?
Oder vielleicht wollte ich nur davonlaufen, als ich den Entschluß faßte, zu meinem Vater nach Owls Head zu fahren.
Owls Head in Maine, wo ich aufgewachsen bin, liegt nur vier Autostunden von Cambridge entfernt, das heißt, wenn man schnell fährt und keine Pausen macht, was bedeutet, daß ich für diese Strecke mindestens fünf Stunden brauche. Ich habe zwar keinen »Hunde an Bord«-Aufkleber an der Scheibe, aber mein Fahrstil ist dementsprechend, und obwohl Rowdy ein mustergültiger Beifahrer ist, dem noch nie schlecht geworden war, muß ich mit ihm jedesmal mindestens eine Pause einlegen. Aber es ist eine angenehme Strecke, ich hatte Buck schon lange nicht mehr gesehen, und er und Kimi sollten sich endlich kennenlernen.
Vorher lief ich allerdings die Hintertreppe zu Ritas Wohnung hoch, klingelte an ihrer Tür Sturm, verkündete, daß ich für zwei Tage verreisen würde und bat sie während meiner Abwesenheit die Zeitungen und die Milch hereinzuholen. Sie hätte sogar die Hunde gefüttert, wenn ich sie darum gebeten hätte, aber es war völlig aussichtslos von ihr zu verlangen, einen Malamute auszuführen. Seit Rowdy ihr einmal das Handgelenk verstaucht hat, als er plötzlich hinter der Katze herjagte, weigerte sie sich schlicht, es jemals wieder zu tun.
Wenn es so etwas gibt wie das Schönste am Zusammenleben mit Hunden, ist es, zu ihnen nach Hause zu kommen. Lebt man mit einem Menschen, kann es passieren, daß er, während man abwesend war, schlechte Laune bekommt oder plötzlich beschließt, sich von einem zu trennen, oder irgendeine Arbeit anfängt, in der man ihn dann stört, oder das Alleinsein zu genießen beginnt. Ein Hund dagegen ist immer begeistert, wenn man wieder da ist. Als ich die Wohnungstür aufschloß, verfiel Rowdy prompt in das Ritual, das er immer aufführt, wenn ich lange Zeit fort war, das heißt länger als eine halbe Stunde. Er sprang mich dabei aber natürlich nicht an, was ich meinen Hunden nie erlaubt habe, sondern er erhob sich zu voller Höhe, plazierte seine Vorderpfoten auf meine Schultern und leckte mir mit seiner Zunge übers ganze Gesicht. Es ist einfach unmöglich, einen Malamute zu besitzen und mit einem schmutzigen Gesicht herumzulaufen. Ich hatte Kimi bereits einigermaßen erfolgreich beigebracht, daß es ungezogen ist, die Leute anzuspringen, aber es war mir noch nicht ganz gelungen, ihr klarzumachen, daß das genauso galt, wenn sie um die Person herumlief und ihm oder ihr statt dessen in den Rücken sprang. Und das war es, was sie jetzt bei mir tat. Aber schließlich war sie nur eifersüchtig auf Rowdy und wollte darauf aufmerksam machen, daß sie auch noch da war, und ich war froh, daß sich die beiden Hunde überhaupt bei irgend etwas zusammentaten, und sei es für eine so stürmische Begrüßung, daß dabei die nicht-halbmondförmigen Schokoladecroissants zerdrückt wurden.
»Das reicht jetzt«, rief ich, schüttelte die Hunde ab und legte das Päckchen oben auf den Kühlschrank, wo sie nicht drankommen konnten, und wo ich es bei meiner Abreise nach
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