Dem Killer auf der Fährte
oft, habe ich geweint. Das Unmögliche ist eingetreten: Ein Hund hat mich gebissen. Diesmal war es natürlich mein Fehler, denn ich hätte mich ihr von vorne oder von der Seite nähern sollen, und ich hätte weiter zu ihr sprechen müssen. So, wie ich es gemacht hatte, konnte sie überhaupt nicht wissen, wessen Hand sie gebissen hat, und ich beschloß, ihr zu vergeben. Meine Gefühle waren zwar immer noch verletzt, aber ich ließ sie nicht los.
Das Blut floß in Strömen über meine Hand und tropfte auf Kimi, wo es in das dichte, graue Fell an ihrem Hals und auf ihre Ohren fiel. Sie kämpfte mit mir auf dem ganzen Weg durch die Küche zu ihrer Transportkiste, aber es gelang mir trotzdem, sie hineinzustoßen und die Gittertür zu verschließen. Dann schleppte ich mich noch immer heftig blutend zu Rowdy zurück, der sich, wie ich betonen möchte, die ganze Zeit nicht aus seiner Sitz-Position gerührt hatte. Vielleicht hätte ich ihm vertrauen sollen, aber ich wagte es nicht, das Risiko einzugehen und nahm sein Halsband in die unverletzte Hand. »Okay«, sagte ich zu ihm. »Guter Junge.« Man darf nie vergessen, seinen Hund zu loben, hat mir Marissa beigebracht. Niemals. Dann führte ich ihn ruhig aus der blutbespritzten Küche, versicherte ihm, daß alles gut werden würde und sperrte ihn in mein Schlafzimmer.
Während ich am Waschbecken in der Küche stand und die klaffende Wunde unter den heißen Wasserstrahl hielt, sprach ich zu Kimi. Rowdy konnte vielleicht meine Worte verstehen, aber da Kimi bis jetzt nur gelernt hatte, den Ton meiner Stimme zu erkennen, tat ich es eher für mich, als für sie. Trotzdem war meine Stimme ruhig und sanft. »Du kleiner Teufel«, sagte ich liebevoll. »Das tut höllisch weh. Du bist wirklich ein verdammtes, kleines Monster. Und wenn du mir damit nicht eine Sehne gerissen hast, hab ich riesiges Glück gehabt.«
Nachdem die wäßrigrote Flüssigkeit eine Weile in das weiße Porzellanbecken geflossen war, drehte ich den Hahn ab, wickelte mehrere Papiertaschentücher um die verletzte Hand und ging zum Medizinschrank, wo ich nach einer Flasche Desinfektionsmittel suchte, die noch von irgendeinem tierärztlichen Eingriff, ich glaube, es war ein Abszeß am Bein einer Katze, übriggeblieben war. Ich fand sie schließlich hinter dem ganzen Arsenal von pharmazeutischen Mitteln für sämtliche Hunde und Katzen, die ich jemals besessen hatte: Augentropfen, Ohrentropfen, Wurmarznei, Wattebäusche, Gazetupfer, Schwämmchen, Alkohol zum Einreiben und pulverisiertes Kalzium. Als ich die blutende Hand über das Becken hielt und die Flüssigkeit auf die Wunde tropfen ließ, war der Schmerz gar nicht so heftig, wie ich erwartet hatte. Dann legte ich ein paar von den Wattebäuschen darauf, gab noch etliche Papiertaschentücher drumherum, rief Steve an, wurde mit seinem Telefonservice verbunden und bestand darauf, daß es sich um einen Notfall handelte, woraufhin mich die Telephonistin zu ihm durchstellte.
»Ich bin's. Beide Hunde haben Schokolade gefressen. Es war mein Fehler, ich hab das Zeug oben auf den Kühlschrank gelegt, und Kimi muß auf die Anrichte geklettert sein. Rowdy hat das noch nie getan, deshalb denke ich, daß sie diejenige war, die es runtergeholt hat. Kannst du herkommen? Oder soll ich die beiden zu dir bringen?«
Als Tierarzt hört er solche Geschichten natürlich die ganze Zeit, und deshalb geriet er auch jetzt keineswegs in Panik. Er fragte sofort, wieviel sie gefressen hätten, ob sie sich unruhig gebärden, Speichel absondern, oder sich erbrechen würden. Aber sie taten nichts dergleichen. Auf dem Küchenboden lag immer noch die zerrissene Aluminiumfolie, voller Krümel, Schokolade und Blut. Ich wußte nicht einmal, wie viele Croissants ursprünglich in dem Päckchen waren, außer daß es nur eine Portion gewesen war. Zwei? Drei? Jedenfalls war bis auf die Reste, die die Hunde noch im Maul gehabt hatten, nichts von ihnen übriggeblieben.
»Es waren Schokoladencroissants«, sagte ich. »Vielleicht eines für jeden von beiden. Aber ich weiß nicht, wieviel Schokolade drin war.« Den Hunden gegenüber war ich ruhig geblieben, aber jetzt bekam ich allmählich Angst.
»Also kann es nicht soviel gewesen sein.«, meinte Steve. »Vielleicht dreißig Gramm. Gut möglich, daß gar nichts passiert. Manche Hunde reagieren einfach nicht so empfindlich darauf. Und es sind große Hunde, das ist in diesem Fall ein Vorteil. Wahrscheinlich ist alles in Ordnung mit ihnen, aber ich komme
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