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Dem Pharao versprochen

Dem Pharao versprochen

Titel: Dem Pharao versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliese Arold
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aber es war zu spät. Das Tier hatte ihm schon ein Bein abgerissen, und es gelang nicht, die Blutung zu stillen. Wir flößten dem Mann Mohnsaft ein, so hatte er wenigstens keine Schmerzen mehr.
    Memphis ist eine schöne Stadt, aber es gibt auch hier viel zu tun, um die Spuren des Ketzerkönigs auszulöschen. Abends sitze ich gewöhnlich mit Haremhab zusammen, und er erklärt mir seine Strategie. Die Feinde im Osten geben keine Ruhe; es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie angreifen. Wir werden ihnen zuvorkommen. Unser Heer ist gerüstet, wir werden in Kürze aufbrechen!
    Ich weiß nicht, wie lange der Feldzug dauern wird und wie oft ich Dir von unterwegs schreiben kann. Aber ich denke jede Nacht an Dich. An Deine wunderschönen Augen, an Deine zarte Haut, an Dein Haar, das weich ist wie Seide. Dann kann ich es kaum erwarten, bis ich nach Waset zurückkehre und Dich in meine Arme nehmen kann.
    Bete für mich – für meine heile Rückkehr!
    In Liebe,
    Tut
     
    Anchesenamun ließ den Brief sinken. Als sie vom Amun-Tempel in den Palast zurückgekommen war, hatte dort ein Bote auf sie gewartet. Sie hatte ihn entlohnt und angewiesen, ihm zu essen und zu trinken zu geben. Auch neue Sandalen waren nötig, der Bote hatte sein Schuhwerk unterwegs so abgenutzt, dass nur noch Fetzen davon übrig waren.
    Mit dem Brief hatte sich Anchesenamun in ihr Schlafgemach zurückgezogen, sich aufs Bett gesetzt und dann das königliche Siegel erbrochen. Als sie die Zeilen las, war es, als könnte sie Tutanchamuns Stimme hören.
    Sie schloss die Augen und fühlte seine Gegenwart. Ein zärtliches Gefühl stieg in ihr hoch. Wie hatte sie glauben können, ihn nicht zu lieben? Natürlich empfand sie Zuneigung zu ihm – und gerade jetzt spürte sie auch eine große Sehnsucht. Sie hätte mitgehen sollen nach Memphis … Dann wüsste er jetzt schon, dass sie sein Kind unter ihrem Herzen trug.
    Sie beschloss, gleich zu antworten. Dann würde ihr Brief Tut vielleicht noch erreichen, bevor er zu seinem Feldzug aufbrach.
    Sie suchte ein Stück Papyrus, Rohrfeder und Tusche, setzte sich an den Tisch und begann zu schreiben.
     
    Geliebter Pharao,
    wie sehr habe ich mich über Deine Nachricht gefreut! Ich gestehe, ich war schon etwas in Sorge, weil ich so lange nichts von Dir gehört habe. Ich vermisse Dich und wünschte, Du wärest jetzt bei mir.
    Mir geht es gut, ich erfreue mich bester Gesundheit. Außerdem mehren sich die Anzeichen, dass ich ein Kind erwarte. Ich bin sehr glücklich und hoffe, dass Du bald zurückkommst, damit Du Deinen Sohn in die Arme schließen kannst.
    Ansonsten geht hier alles seinen Gang. Der Wagen, den Du für mich in Auftrag gegeben hast, ist inzwischen fertig. Ich bin noch nicht damit gefahren – aus Angst, dass die Erschütterungen dem Kind nicht bekommen könnten. Ich will nichts tun, was es gefährdet!
    Lieber Tut, ich sehne mich nach Dir, und es vergeht kein Tag, ohne dass ich an Dich denke. Unser Kind – wird es Dir ähnlich sehen? Selket meint, wir sollen die Nachricht bald bekanntgeben. Ich werde Eje um Rat fragen, er ist Dir ja auch immer zur Seite gestanden. Eje wird wissen, was zu tun ist.
    Ich schicke Dir meine allerbesten Wünsche. Pass auf Dich auf, wenn Du in den Krieg ziehst. Mögen die Götter mit Dir sein!
    In Liebe,
    Anchesenamun
     
    Sie las den Text noch einmal durch und nickte dann zufrieden, bevor sie den Papyrus zusammenrollte und mit Wachs versiegelte. Dann rief sie einen Diener und befahl ihm, einen zuverlässigen Boten ausfindig zu machen und ihm den Papyrus auszuhändigen.
    In der darauffolgenden Nacht schlief sie tief und fest, ohne von Duamutef zu träumen.
     
    »Ich beglückwünsche Euch, Herrin«, sagte Eje mit seiner näselnden Stimme. »Der Pharao wird hocherfreut sein, wenn er erfährt, dass Ihr ein Kind erwartet. Und auch das Volk von Waset wird Euch zujubeln und Euch Glück wünschen.«
    »Dann haltet Ihr es also für richtig, wenn die Nachricht bekanntgegeben wird?«, fragte Anchesenamun.
    »Auf jeden Fall, Herrin!«
    Ejes Nähe verunsicherte sie. Er stand viel zu dicht vor ihr. Sie roch den Schweiß auf seiner Haut, und wenn Eje redete, musste sie sich Mühe geben, ihren Kopf nicht abzuwenden, denn es war ganz offenkundig, dass er erst vor kurzem Zwiebeln gegessen hatte. Obwohl Eje immer freundlich zu ihr war, auf jeden Wunsch einging und all ihre Fragen beantwortete, empfand sie nach wie vor eine unerklärliche Abneigung gegen diesen Mann. Vielleicht lag es an seiner Art, wie

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