Dem Pharao versprochen
getan?«
Er blieb stehen und wandte den Kopf. »Anchi, mach es mir bitte nicht noch schwerer als es ohnehin schon ist«, murmelte er. In seinen Augen standen Kummer und Verzweiflung.
»Duamutef …«
Wie sehnte ich mich danach, meine Arme um seinen Hals zu schlingen und ihn an mich zu ziehen! In diesem Augenblick war ich mir sicher, dass er mich noch genauso liebte wie damals, bevor Tutanchamun nach Waset zurückgekehrt war. Wir hätten an jenem Abend fliehen und die Stadt verlassen sollen, dann wäre alles anders gekommen!
Mir wurde auch klar, dass sich an meinen Gefühlen für Duamutef nichts geändert hatte, egal, wie sehr ich mir einzureden versuchte, dass diese Liebe nicht sein durfte und dass ich höchstens »Freundschaft« für ihn empfinden durfte. Ich wollte ihn küssen, ihn berühren, mit ihm zusammensein. Mir entschlüpfte ein tiefer Seufzer, und mein Verstand setzte aus. Ehe ich mich bremsen konnte, sagte ich:
»Bitte komm heute Abend nach Einbruch der Dunkelheit in den Palastgarten. Ich warte an der Palme mit den beiden Stämmen auf dich.«
Duamutef wurde erst bleich, dann rot. Er nickte.
»Gut«, antwortete er leise. »Ich werde da sein.«
6. Kapitel Eine verbotene Liebe
Anchesenamun wartete nervös am vereinbarten Treffpunkt. Sie war unruhig. Wie leichtsinnig war sie gewesen! Das Risiko war groß, es konnte praktisch jederzeit jemand aus dem Palast in den Garten kommen. Warum hatte sie keinen anderen Ort für ein Treffen gewählt?
»Weil ich komplett durcheinander war«, murmelte sie und knetete ihre Finger. Der Wunsch, Duamutef zu treffen, hatte sie überwältigt. Sie redete sich ein, dass sie ihn ja eigentlich bestellt hatte, damit sie sich in Ruhe aussprechen konnten, doch gleichzeitig wusste sie, dass sie sich selbst etwas vormachte.
Ruhelos ging sie umher. Immer wieder hielt sie inne, um zu lauschen. Sie hatte Meritamun, die sie hatte begleiten wollen, in den Palast zurückgeschickt und ihr den Abend frei gegeben.
»Mein Kind hat sich heute bewegt, das ist ein Grund zur Freude«, hatte Anchesenamun gesagt. »Und du sollst dich auch mit mir freuen können, Meritamun. Mach dir einen schönen Abend!«
»Ihr braucht mich wirklich nicht mehr, Herrin?«, hatte das Mädchen gefragt.
»Nein. Bestimmt nicht. Ich werde noch einen kurzen Spaziergang im Garten machen, danach werde ich früh schlafen gehen.«
Was für eine Lüge!
Sie betrachtete den Himmel – die Sterne und die Sichel des Mondes, der halb auf dem Rücken lag. Ob es stimmte, dass die Sterne das Schicksal verkündeten? Wo war dann ihr Stern, und welcher Weg lag noch vor ihr? Gab es eine Lösung für ihre unerfüllte Sehnsucht, für das verbotene Verlangen, das sie in sich trug?
Wird er überhaupt kommen?
, fragte immer wieder eine Stimme in ihrem Kopf. Ihre Unsicherheit wuchs.
Dann vernahm sie hinter sich ein Rascheln. Hoffnungsvoll drehte sie sich um und entdeckte eine Katze, die von einem Busch zum anderen huschte. Für einen kurzen Moment sah Anchesenamun ihre funkelnden Augen. Dann verschwand das Tier.
Anchesenamun atmete tief. Sie hatte sich ein wenig erschrocken.
»Anchi, bist du da?«
Duamutefs Stimme. Sie wandte sich langsam um und sah einen großen Schatten neben der Palme.
»Schön, dass du gekommen bist«, antwortete sie. Ihre Stimme drohte zu versagen. Aufgeregt und glücklich machte sie ein paar Schritte auf ihn zu.
Er ergriff im Dunkeln ihre Hände. Sie spürte seine Schwielen, die er von der schweren Arbeit bekommen hatte. Und doch war es ein vertrautes Gefühl. So als käme sie nach Hause.
»Ich freue mich so, dass du da bist«, flüsterte sie.
»Erst wollte ich nicht kommen«, murmelte er. »Ich weiß, dass es nicht richtig ist, dass wir uns hier heimlich treffen. Und du … du bist die Königin …«
Plötzlich war kein Abstand mehr zwischen ihnen. Sie schmiegte sich an seinen Körper, roch seinen Duft. Seine Hände glitten über ihr Gesicht, umfassten ihren Nacken. Seine Lippen waren neben ihrem Ohr.
»Anchi … ich habe mich so nach dir gesehnt … Ich habe es fast nicht mehr ausgehalten …« Sein Mund streifte ihre Wange. Sie drehte ihr Gesicht, und ihre Lippen verschmolzen. Sie küssten sich wie ausgehungert; beide hatten nur auf diesen Moment gewartet.
»Meine Geliebte«, flüsterte er dann atemlos. »Warum kannst du nicht mein sein? Warum gehörst du deinem Halbbruder? Oh, ich wünschte, er würde in der Schlacht fallen und du könntest frei sein, frei für mich!«
»Schschsch«,
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