Dem Pharao versprochen
zischte sie warnend. »Sag so was nicht! Böse Wünsche fallen auf einen zurück! Aber ich verstehe, was du meinst! Ich wünsche mir ja auch so sehr, mit dir zusammen zu sein – für immer …«
Eng umschlungen standen sie im Schatten der Palme.
»Wenn es nur eine Lösung für uns gäbe«, flüsterte er. »Einen gemeinsamen Weg …«
»Lass uns aus Waset fliehen!«, schlug sie ihm vor. »Ich komme mit dir, wohin du auch gehst. Ich verzichte auf allen Reichtum, er bedeutet mir nichts! Ich möchte nur an deiner Seite leben!«
»Wenn wir fliehen, werden sie uns finden«, wandte er ein. »Und die Polizei wird meine Mutter und meine Schwester verhaften. Vielleicht auch noch Inet und ihre Familie … Nein, das können wir nicht tun, das ist viel zu gefährlich … Und wir stürzen Unschuldige ins Unglück …«
»Und wenn Selket und Imara mit uns kommen?«, fragte Anchesenamun. Sie wusste, dass weder ihre Milchschwester noch ihre ehemalige Amme diesem Vorschlag zustimmen würden, aber sie klammerte sich an jeden Strohhalm.
»Und was ist mit dem Kind, das du in dir trägst?«, gab Duamutef zu bedenken. »Eine Flucht ist für dich in deinem jetzigen Zustand viel zu anstrengend. Und selbst wenn uns die Flucht gelänge … Was soll mit dem Kind geschehen, wenn du es geboren hast? Erwartest du, dass ich es aufziehe und so tue, als sei es mein Sohn, mein eigen Fleisch und Blut?« Er schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, das kann ich nicht, Anchi. Das übersteigt meine Kraft!«
In Anchesenamuns Kopf drehte sich alles. Sie hatte angenommen, dass Duamutefs Liebe auch für ihr Kind reichen würde. Jetzt war sie völlig verunsichert. Stand das Kind ihrer Liebe im Weg? Was sollte sie tun?
»Aber niemand würde wissen, dass es nicht dein Kind ist!«, versuchte sie Duamutef umzustimmen.
»Es ist kein normales Kind, sondern der künftige Pharao«, widersprach er. »Ich müsste jeden Tag, wenn ich ihn sehe, daran denken, dass er der rechtmäßige Herrscher unseres Landes ist.«
»Wir könnten … ihn … vielleicht … irgendwie in den Palast zurückbringen lassen«, sagte Anchesenamun und kam sich sofort vor wie eine Verräterin. Würde sie ihr Kind überhaupt weggeben können? Sie war doch seine Mutter! Und hatte sie sich nicht erst vor wenigen Stunden wie verrückt darüber gefreut, weil sie seine ersten Bewegungen gespürt hatte? Jetzt dachte sie daran, sich von ihrem Sohn zu trennen, nur weil er ihrem Glück im Wege stand!
Das war zu viel auf einmal, sie brach in Tränen aus. Warum konnte sie nicht ihr Kind behalten und trotzdem mit Duamutef zusammen sein? Durfte sie den Göttern ins Handwerk pfuschen und ihren Sohn einfach wie ein normales Kind aufwachsen lassen, ohne dass er von seiner Bestimmung, Pharao zu werden, wusste?
Duamutef nahm Anchesenamun wieder in die Arme und hielt sie fest.
»Ich liebe dich«, sagte er. »Ich liebe dich, und deswegen möchte ich das Beste für dich. Ich kann dir kein Leben im Palast bieten, keinen Luxus. Ich verdiene den Lebensunterhalt mit meiner Hände Arbeit – und das reicht kaum, um eine Familie zu ernähren. Du hättest keine Amme, keine Dienerin. Vermutlich könnten wir uns nicht einmal eine Schulbildung für unsere Kinder leisten. So ein Leben hast du nicht verdient, Anchi. Du bist im Palast aufgewachsen, warst reich von Anfang an. Du bist die Tochter eines Pharaos, selbst wenn dieser jetzt als Ketzerkönig verachtet wird. Ich glaube, du würdest sehr unglücklich sein, wenn wir zusammenleben. Ein einfaches Leben bist du nicht gewohnt – und das will ich auch gar nicht für dich.«
Sie schüttelte den Kopf. »Du irrst dich, Duamutef. Ich brauche keine seidenen Kleider, keine goldenen Teller. Ich will dich – sonst nichts. Ich will jeden Tag deine Stimme hören. Du sollst nachts mein Lager teilen, wir wollen die Mahlzeiten zusammen einnehmen und du sollst unseren Kindern das beibringen, was du mir beigebracht hast …«
»Anchi, du bist eine Träumerin«, flüsterte er. »Genau wie früher. Aber das Vergangene lässt sich nicht zurückholen. Leider. Wir haben eine schöne Zeit miteinander verbracht, aber nun haben sich unsere Wege getrennt. Es gibt keine gemeinsame Zukunft für uns. Die Götter haben anderes mit uns vor.«
Er strich über ihr langes Haar und ließ seine Finger zwischen ihren Strähnen ruhen. Sie lehnte sich an ihn, hielt ihn fest und nahm sich vor, ihn einfach nicht loszulassen, um ihn für immer zu behalten. Er küsste sanft ihre Stirn und
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