Dem Sieger eine Handvoll Erde
Zimmer.
Als er allein an der Rennstrecke ankam – der Beifahrersitz war in letzter Zeit kaum besetzt – waren Jacobson, seine beiden Mechaniker und Dunnet bereits da. Er begrüßte sie kurz, schlüpfte in seinen Overall, setzte seinen Helm auf und saß gleich darauf im Cockpit seines neuen Coronado. Jacobson schenkte ihm einen seiner üblichen grimmig-verzweifelten Blicke.
Er sagte: »Ich hoffe, daß du heute eine gute Rundenzeit herausfährst, Johnny.«
Harlow erwiderte sanft: »Ich dachte, ich wäre gestern auch nicht gerade schlecht gewesen. Aber man kann eben nicht mehr tun als sein Bestes.« Mit dem Finger auf dem Starter warf er Dunnet einen Blick zu. »Und wo ist unser hochgeschätzter Arbeitgeber heute morgen? Ich kann mich nicht erinnern, daß er jemals eine Übungsfahrt versäumt hätte.«
»Er ist im Hotel. Er hat zu tun.«
Das hatte MacAlpine allerdings. Was er momentan tat, wuchs sich für ihn allmählich nachgerade zur Routine aus: Er überprüfte Harlows Alkoholversorgung. Als er Harlows Badezimmer betrat, erkannte er sofort, daß die Untersuchung des Alkoholspiegels der Whiskyflasche im Wasserkasten an diesem Tag eine reine Formalität sein würde: das weit offene Fenster und der intensive Geruch eines Raumsprays machten weitere Nachforschungen unnötig. Aber MacAlpine schaute sich die Flasche trotzdem an, und obwohl er fast sicher gewesen war, wie das Ergebnis der Untersuchung aussehen würde, verdunkelte sich sein Gesicht, als er die halbleere Flasche in der Hand hielt. Er legte sie an ihren Platz zurück, verließ Harlows Zimmer buchstäblich im Laufschritt, rannte durch die Hotelhalle hinaus, stieg in seinen Aston und fuhr mit einem Tempo ab, daß die erstaunten Zuschauer annehmen mußten, er habe die Zufahrt des Hotels mit der Rennstrecke verwechselt.
Als MacAlpine an den Coronado-Boxen ankam, war er völlig außer Atem. Dunnet kam ihm entgegen. »Wo ist der verdammte Kerl?« keuchte MacAlpine.
Dunnet antwortete nicht sofort. Er schien vollauf damit beschäftigt zu sein, immer wieder den Kopf zu schütteln.
»Um Gottes willen, Mann, wo ist dieser versoffene Herumtreiber?« MacAlpine schrie beinah. »Er darf nicht einmal in die Nähe der Rennstrecke!«
»Es gibt eine Menge Rennfahrer, die ganz deiner Meinung sind.«
»Was soll das heißen?«
»Das soll heißen, daß der versoffene Herumtreiber gerade den Rundenrekord um zweikommaeins Sekunden unterboten hat.« Dunnet fuhr fort, ungläubig den Kopf zu schütteln. »Unglaublich! Wirklich völlig unglaublich!«
»Zweikommaeins! Zweikommaeins! Zweikommaeins!« Jetzt war die Reihe an MacAlpine, den Kopf zu schütteln. »Unmöglich! Zweikommaeins? Unmöglich!«
»Frag die Zeitnehmer. Er hat es sogar zweimal geschafft.«
»Mein Gott!«
»Du scheinst nicht so begeistert, wie du es eigentlich sein solltest, James.«
»Begeistert? Ich bin entsetzt! Sicher, er ist immer noch der beste Fahrer der Welt – jedenfalls, wenn es sich nicht um ein echtes Rennen handelt, bei dem er, wie wir wissen, die Nerven verliert. Aber es lag nicht an seinem Können, daß er den Rundenrekord brach. Er hat sich vorher Mut angetrunken! Dieser verdammte Selbstmörder!«
»Ich verstehe kein Wort.«
»Er hat eine halbe Flasche Scotch in sich, Alexis.«
Dunnet starrte ihn an. Nach einer langen Pause sagte er: »Ich kann es nicht glauben! Ich kann es einfach nicht glauben. Vielleicht hat er wie der Teufel getrunken, aber gefahren ist er wie ein Engel. Eine halbe Flasche Scotch, sagst du? Dann hätte er diese Fahrt nicht überlebt.«
»Vielleicht ist es gut, daß gleichzeitig nicht noch andere Fahrer auf der Strecke waren. Möglicherweise hätte er die sonst jetzt auf dem Gewissen.«
»Aber – eine ganze halbe Flasche!«
»Willst du mitkommen und dir die Flasche im Wasserkasten ansehen?«
»Nein, natürlich nicht. Glaubst du vielleicht, ich traue dir nicht? Ich kann es nur nicht verstehen.«
»Ich auch nicht, ich auch nicht. Und wo ist unser Weltmeister jetzt?«
»Weggegangen. Er habe genug für heute. Er sagte, daß er sich mit der heutigen Leistung für morgen an die Spitze gesetzt habe und daß er niemandem gestatten würde, sie ihm streitig zu machen. Unser lieber Johnny ist heute ziemlich anmaßend.«
»Das kennt man gar nicht von ihm. Das ist keine Anmaßung, Alexis. Er ist lediglich euphorisch und wandelt auf Wolken siebzigprozentigen Alkohols. Mein Gott, was für eine schreckliche Situation!«
»Da kann ich dir nur beipflichten, James.«
Wenn
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