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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Grün.
    Aus der Ferne klang das Klacken der Gangspill, das Klacken der Fallen. Die Männer warfen ihr ganzes Gewicht gegen die Spaken. Doch seine Kajüte hier unten war wie ein friedlicher Hafen, ein Schutzwall zwischen ihm und dem Schiff – ganz anders als auf der
Larne.
Dort konnte keiner dem anderen ausweichen.
    Jeden Augenblick konnte Scarlett wieder erscheinen und melden, daß das Schiff seeklar war. Sicherlich wartete er neugierig darauf, wie der neue Kommandant seinen ersten Tag auf See meistern würde.
    Tyacke war beim ersten Morgendämmern schon an Deck gewesen, hatte den Plymouth Sound betrachtet, über den viele kleine Wellen in unendlicher Folge zogen.
    Er hatte Isaac York, den Master, mit zwei Gehilfen am Kompaßhäuschen vorgefunden. Die Gehilfen verschwanden lautlos, als sie ihren neuen Kommandanten schon so früh auf den Beinen sahen. Sie nahmen sicher an, er sei viel zu aufgeregt und nicht in der Lage, sich von den hastenden Matrosen unter und auf Deck fernzuhalten.
    »Wie steht der Wind, Mr. York?«
    York sah nach oben in den Mast. »Ziemlich stetig, Sir. Ost bei Nord. Er wird auffrischen, wenn wir frei von Land sind.«
    Eine verläßliche Antwort. Dieser Berufsseemann wußte es zu würdigen, wenn sein Kommandant ihn um Rat fragte.
    In einem fast freundschaftlichen Tonfall sagte er dann: »Die
Indom
segelt sehr gut, Sir. Ich kenne keine bessere. Sie läuft immer noch hoch am Wind mit nichts als ein paar Sturmsegeln. Das schaffen nicht allzu viele Fregatten.« Er blinzelte zu den kleinen affenähnlichen Figuren nach oben, die hoch über Deck arbeiteten. »Mit soviel Druck auf den Segeln kann sie sich selber verholen.« Dieser Mann war stolz auf sein Schiff und darauf, daß er ihr Master geworden war.
    Tyacke sah auf seine Uhr. Gleich war es soweit. Er hörte auf das Klacken der Gangspill und konnte sich die arbeitenden Männer vorstellen, die sich alle Mühe geben mußten, um das Schiff kurzstag zu holen. Über seinem Kopf stampften Stiefel. Die Seesoldaten waren Teil der Achterdeckswache und bereiteten sich darauf vor, die Segel am Kreuzmast und den großen Besan auf Befehl zu setzen. Die Matrosen behaupteten verächtlich, die Marinesoldaten hätten diese Aufgabe bekommen, weil der Kreuzmast so einfach geriggt war, daß selbst sie die Kommandos ausführen konnten.
    Jetzt liefen noch mehr Männer über Deck. Tyacke versuchte jeden Laut zu erkennen. Die Boote wurden in ihre Stells gehievt. Die Barkasse war an Land gerudert worden. An ihre Stelle war eine große grüne Barke gelascht worden, die allein dem Admiral zustand. Er dachte an die Flagge, die an diesem Morgen geheißt worden war. Die Weiße Kriegsflagge wehte im Wind aus. Nelson war vor Trafalgar der erste gewesen, der unter dieser Flagge eine Schlacht geschlagen hatte. Im Rauch und Haß einer Seeschlacht war es absolut lebensnotwendig, daß jeder einzelne Kommandant Freund und Feind schnell unterscheiden konnte. Die rote Kriegsflagge, ja selbst die blaue wäre vor Trafalgar viel zu gefährlich gewesen. Franzosen und Spanier zeigten Flaggen mit ähnlichen Farben. Schiffe konnten also leicht verwechselt und Signale nicht sofort beantwortet werden.
    Er wußte, daß Scarlett kam, noch ehe der Posten seine Meldung bellte. Er verglich seinen Ersten mit den beiden Offizieren der Seesoldaten, Hauptmann Cedric du Cann und dessen Leutnant David Merrick. Sie würden beide niemals einen Befehl in Frage stellen, ganz egal was geschah. Vielleicht waren sie die Glücklicheren. Vorstellungskraft konnte riskant sein.
    »Treten Sie ein!« rief er.
    Scarlett hatte den Hut unter den Arm geklemmt, als er die Tür öffnete.
    »Der Anker ist gleich auf und nieder, Sir!«
    »Ich komme an Deck!«
    Scarlett beobachtete ihn. »Der Master hat einen Kurs in Luv von Nare Head ausgelegt, Sir!«
    »Ich weiß.«
    Scarlett selber war nach einer langen Nacht in der Messe an Deck gestiegen. Er hatte sich so lange gegen Spekulationen und Gerüchte gewehrt, bis die anderen müde geworden waren. Nur James Viney, der Zahlmeister, hatte ihn immer wieder nach der Entscheidung des Kapitäns über seinen Gehilfen gefragt. Scarlett machte sich schließlich Gedanken darüber, ob der Zahlmeister etwas zu verbergen hatte. Man hörte ja immer wieder, daß jedes zweite Gasthaus oder Quartier in Hafenstädten von Zahlmeistern auf Kosten des Landes betrieben oder versorgt wurde.
    Als er dann an Deck getreten war, brannte noch Licht in der Kajüte des Kommandanten. Ruhte oder schlief er nie?

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