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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Konnte er das vielleicht gar nicht?
    Tyacke ging voraus, stieg den Niedergang empor auf das zugige Achterdeck. Mit einem langen Blick nahm er alles auf. Seeleute standen an Brassen und Fallen, die Toppgasten waren schon oben auf den Rahen und sahen vor dem Himmel wie Zwerge aus.
    Drei Mann am Rad; York ging kein Risiko ein. Die Leutnants wie kleine blauweiße Inseln am Fuß jedes Mastes. Alle sahen zu ihm hin, als er jetzt auf die Achterdecksreling zuschritt.
    Er hörte die Gangspill und das ferne Zirpen einer Geige. Das hatte er unten in seiner Kajüte nicht hören können.
    Midshipman Blythe, verantwortlicher Signalgast mit seiner kleinen Mannschaft, beobachtete den Kapitän ernst und gespannt.
    Tyacke nickte ihm zu. Er konnte sich in der Tat vorstellen, daß der junge Mann mächtig eingebildet war.
    Er sah nach achtern. Da standen die beiden Offiziere der Seesoldaten mit einigen ihrer Männer. Ihre roten Röcke glänzten in der wehenden Gischt. York stand am Rad neben seinen Männern, doch er sah zu ihm hinüber und hob grüßend die Hand an den Hut.
    »Alles klar, Sir!«
    Tyacke sah eine gedrungene Figur in blauer Jacke mit einem Rohrstock an den Backbordkanonen vorbeigehen. Das konnte nur Sam Hockenhull sein, der Bootsmann, der seine Neuen musterte. Männer, die sicherlich krank vor Sorge waren, weil sie, ihren Lieben entrissen, nicht wußten, wohin die Reise führte und wie lange sie dauern würde. Hinter Hockenhull sah er eine erhobene Tatze des Löwen im Bug. Und noch weiter weg die verwaschene Silhouette von Plymouth und etwas, das wie ein Kirchturm aussah.
    Er ging über das Deck, fühlte die Blicke, haßte sie.
    »Da sind zwei Lastkähne an Steuerbord, Mr. York.«
    Der Master lächelte nicht. »Ja, Sir. Die habe ich im Auge!«
    Tyacke sah ihn an. »Ich hab gehört, wenn man einen vollbeladenen Lastkahn rammt, ist es wie Stranden auf einem Riff.«
    Jetzt grinste York. »Ich möchte das lieber nicht rausfinden, Sir!«
    »Der Anker bricht gleich aus, Sir!«
    Tyacke faltete die Arme vor der Brust. »Bringen Sie das Schiff in Fahrt, wenn ich bitten darf!«
    »Klar bei Gangspill!«
    Pfeifen schrillten mehr als vorher. Bei den Matrosen hießen sie die »Nachtigallen von Spithead«.
    »Vorsegel los!«
    Bootsmann Hockenhull stach mit dem Stock in die Luft. »Du da – schneller. Notieren Sie den Mann, Mr. Sloper.«
    »Toppsegel los!« Das war Scarlett. Seine kräftige Stimme klang durch das Sprachrohr viel lauter. Er wischte sich Gischt aus den Augen.
    »An die Brassen! Mr. Laroche, stellen Sie mehr Männer an die Luvbrassen, wenn sie Fahrt aufnimmt.«
    Tyacke beschattete die Augen mit der Hand und sah, wie die Vorsegel schlugen und knallten, bis sie beherrscht wurden. Dann sah er nach oben in die Rahen. Die lohfarbenen Toppsegel waren überhaupt noch nicht unser Kontrolle. Der Wind fuhr in sie, als wolle er die Männer an ihnen nach unten auf Deck stürzen lassen.
    Tyacke sah die Rah des mächtigen Großsegels. Es war immer noch aufgetucht. Vom Achterdeck aus sah die Rah zweimal so lang aus wie die der
Larne
; Sklavenhändler waren an ihr aufgehängt worden.
    »Anker ist frei, Sir!«
    Endlich frei lehnte sich die
Indomitable
unter dem Druck von Segeln und Ruder über. Die See strömte fast in die Kanonenpforten in Lee, als sie wendete. Die Leinwand donnerte, als Vor- und Hauptsegel dichtgeholt wurden. Ein paar Männer verloren Halt an Deck und schlugen hin, bis man sie wieder an die steifen Brassen gezerrt hatte, freundlich oder mit Hieben.
    Tyacke sah, wie die beiden Lastkähne vorbeiglitten, als ob sie und nicht die
Indomitable
sich bewegten.
    Er hörte Fallen quietschen und sah, wie an der Gaffel die neue weiße Flagge auswehte, weiß vor einem ärgerlich grauen Himmel.
    »Auf Kurs bleiben. Südwest bei Süd liegt an!«
    Er stieg das schräge Deck empor. Um ihn herum liefen Männer geschäftig über die nassen Planken.
    »Sie läuft prächtig, Sir. Voll und bei!«
    »Wenn wir den Point passiert haben, setzen wir den Besan, Mr. Scarlett.« Er mußte brüllen, um über dem tosenden Lärm von Rigg und Leinwand und dem Knallen und Ächzen von Fallen und Wanten gehört zu werden. Jeder Zoll des stehenden und laufenden Gutes nahm den Druck und hielt ihn.
    Scarlett tippte grüßend an den Hut. »Jawohl, Sir!« Er wischte sich über das Gesicht. »Da wünscht uns jemand Gutes!«
    Tyacke ging nach drüben zu den Finknetzen und starrte über das unruhige Wasser. Da lag die
Larne –
jetzt vor Anker. Aber das war's nicht.

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