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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Oder sonst jemand.
    Er sagte: »Ich breche auf, Mrs. Allday.« Selbst das klang seltsam, dachte er. Er sah, wie beide schnelle Blicke wechselten, der große, schlottrige Seemann und die Frau, die er nie zu finden erwartet hatte. Die Blicke verrieten alles. Plötzliche Furcht, aber auch Mut. Sie wußten, was der Abschied bedeuten konnte.
    Sie sagte: »Du begleitest Mr. Avery, John. Sag Lady Catherine Somervell meine besten Grüße.« Sie sah Avery entschlossen an. »Eine schöne Frau, das ist sie weiß Gott. Sie ist immer sehr herzlich zu mir.«
    Zögernd meinte Allday: »Also, wenn du mich nicht mehr brauchst, Unis …«
    Sie kreuzte die Arme vor der Brust, so als wolle sie ihn anfauchen. »Ich weiß, daß du darauf brennst, Sir Richard zu treffen, also hau ab. Komm aber heute abend wieder.« Dann küßte sie ihn, wobei sie sich auf die Zehenspitzen stellen mußte, um seinen Mund zu erreichen.
    »Du bist wie ein Bär, dem der Kopf schmerzt, John Allday!«
    Ganz impulsiv sagte Avery: »Ich war sehr glücklich hier.« Er sagte das so ungekünstelt, daß sie sich verlegen die Augen wischte.
    »Sie sind hier immer willkommen, bis Sie selber ein richtiges Zuhause haben.«
    »Oh ja. Danke, Mrs. Allday.«
    Er sah ihre Hand auf seinem Ärmel und hörte sie sagen: »Sie reden ja nicht viel, und ich will meine Nase auch nicht in alles reinstecken, aber Sie haben ganz schön viele Sorgen mit sich rumgeschleppt in den letzten Jahren, das merke ich.« Dann kniff sie ihn sanft in den Arm. »Und damit meine ich nicht den Verlust Ihrer Schwester, so schlimm der auch ist.«
    Er ergriff ihre Hand und küßte sie. Sie roch nach Früchten und Mehl.
    Dann stand sie neben ihrem Bruder und sah Allday zu, wie er die Kisten des Leutnants auf das Wägelchen hob.
    Als das Pony aus dem Schatten des Gasthauses über den Hof in das helle Licht des Apriltages trottete, sagte sie beklommen: »Oh, John, warum muß das alles bloß so sein?«
    Ihr Bruder fragte sich, wen sie mit diesem John wohl meinte: ihn oder ihren Mann?
    Leise fragte er: »Hast du ihm schon was gesagt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das wäre nicht fair. Und auch nicht richtig.« Sie legte eine Hand auf ihre Schürze.
    »Er hat genug, um das er sich kümmern muß, wenn es gegen die Yankees geht. Ich will nicht, daß er sich auch noch meinetwegen Sorgen macht.« Sie lächelte. »Außerdem bin ich mir ja noch nicht ganz sicher. Für ein eigenes Baby bin ich ziemlich spät dran!«
    Ihr Bruder legte ihr den Arm um die Schulter. »Du bist ein tapferes Mädchen!«
    Unis legte die Hand über die Augen, aber das Wägelchen war hinter der Hecke verschwunden. Mauersegler schossen wie Pfeile durch die Luft.
    Und plötzlich sagte sie: »Mein Gott, John. Ich werde ihn sehr vermissen!«
    Doch da sah er schon ihre Entschlossenheit und war stolz auf sie.
    »Aber ich werde mich nicht gehenlassen.« Sie dachte an den Leutnant mit dem ernsten Gesicht und den dunklen Augen. Allday hatte ihr erzählt, daß Avery ihm ihre Briefe vorzulesen pflegte. Das berührte sie tief, und jetzt noch mehr, da sie ihn besser kannte. Hinter seiner Trauer gab es eine Frau, davon war sie überzeugt. Vielleicht hatte er sich beim Vorlesen der Briefe vorgestellt, sie seien an ihn selber gerichtet.
    In der Gaststube rief man nach ihr. Doch John hielt sie zurück. »Träum ein bißchen«, sagte er. »Ich gehe rein.«
    Sie lächelte. Es war wie Sonnenlicht, das durch eine dunkle Wolke brach. »Nein, um den kümmere ich mich. Geh du und hacke Holz.« Sie sah die leere Landstraße hinauf. »Heute nacht weht es kalt vom Fluß herauf.«
    Dann straffte sie ihre Schultern und ging nach drinnen.
    Der Mann, dem fast alle ihre Gedanken galten, saß hinten auf dem Wägelchen, ließ ein Bein über der schmalen Straße baumeln und beobachtete die vorüberziehende Landschaft. Er wußte, daß der Abschied schwer sein würde. Hunde trieben Schafe auf einem Feld zusammen. Er dachte zurück an die ferne Vergangenheit, als er noch selber für Schafherden verantwortlich gewesen war. Die
Phalarope
hatte ein Preßkommando bei Pendower an Land geschickt und ein paar Männer aufgebracht, die sich von allen fernhielten.
Mich eingeschlossen.
Damals wußte niemand, daß der junge Kommandant der Fregatte ein Einheimischer war, einer, der in Falmouth geboren und aufgewachsen war und dann zur See geschickt wurde wie vor ihm alle Bolithos. Inzwischen waren Jahren vergangen. Der junge Adam war jetzt selber schon der erfolgreiche Kommandant einer Fregatte.

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