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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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blutigem Brei.
    Adam verzog keine Miene, als zwei Seesoldaten vom Großmast stürzten und in die kriechenden, wimmernden Verwundeten fielen, von denen viele schon jenseits aller Hoffnungen waren.
    Hudson brüllte: »Bringen Sie die Kanonen wieder zum Schießen, Mr. Vicary, aber schnell!«
    Der Leutnant drehte sich um und sah im dicken Rauch aus wie ein Ertrinkender, der nach einer Rettungsleine greift.
    »
Laden! Ausrennen!
« Er stolperte, als wieder Schüsse den unteren Rumpf trafen. Erneut stürzte ein Rigg von oben in das Chaos unten hinter der Reling.
    Vicary sah hoch und glaubte, seinen Augen nicht zu trauen. Die oberen Rahen und die durchlöcherten Segel des Amerikaners standen wie eine Klippe über dem Qualm der Kanonen. Hudson würgte und drehte sich um, als Vicary fiel. Dessen Finger griffen dorthin, wo eine Kartätsche getroffen hatte. Er hatte kein Gesicht mehr. Selbst in dieser todbringenden Hölle hörte Hudson Vicarys Mutter:
Solch ein englisches Gesicht.
Im Bruchteil einer Sekunde war er nun nichts mehr.
    »Sir! Der Kapitän ist getroffen!« Das kam von Starr, dem verläßlichen Bootssteuerer des Kommandanten.
    »Hol den Arzt!«
    Hudson kniete neben ihm und hielt seine Hand. »Ist gut, Sir. Der Arzt ist gleich hier!«
    Adam schüttelte den Kopf mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Nein, ich bleibe hier oben.
Wir müssen weiterkämpfen!«
    »Zwei Strich abfallen!« rief Hudson dem Master zu.
    Sein Gehirn wehrte sich gegen die dauernden Einschläge von Kugeln im Rumpf. Er vermochte nur an seinen Kommandanten zu denken. Er sah, wie Starr die Jacke mit den leuchtenden Schulterstücken öffnete, und mußte schlucken. Aus Adams Seite spritzte Blut über ihn und umgab ihn wie etwas Ekliges und Böses.
    Wieder krachte es reißend. Kreischend kippte der Fockmast über die Seite und zog Rigg, zerfetzte Planken und brüllende Seeleute mit in die See.
    Cunningham beugte sich über Adam und verband ihn. Doch schon nach wenigen Augenblicken war der Verband rot wie die Schürze eines Schlachters. Er schaute zu Hudson hoch, ängstlich und wütend zugleich. »Ich kann nichts machen. Da unten sterben sie wie die Fliegen!« Er duckte sich. Über ihm jagten Kartätschen durch das Rigg oder zerbarsten an den Kanonen zu tödlichen Splittern.
    Adam lag unbewegt. Er fühlte, wie sein Schiff unter ihm durch den pausenlosen Beschuß zerlegt wurde. Seine Gedanken wollten davonwehen, und er brauchte all seine Kraft, sie zurückzuhalten. Schmerzen spürte er kaum, nur eine tödliche Gefühllosigkeit.
    »Kämpf weiter, Dick!« Schon diese Worte waren zuviel. »Lieber Gott, was muß ich jetzt tun?«
    Hudson erhob sich, schüttelte sich, konnte nicht glauben, daß er unter all den Leidenden und Toten noch unverletzt war.
    Er hob seinen Degen und zögerte. Mit einem Hieb teilte er die Flaggleine. In der plötzliche Stille sah er, wie die Fahne mit dem Rest der Leine auswehte und dann auf dem Wasser trieb wie ein sterbender Seevogel.
    Dann hörte er Hurrarufe – betäubende Rufe, wie ihm schien – von den zerrissenen und blutigen Planken der
Anemone.
    Hudson sah unbewegt auf die Klinge in seiner Hand.
Das also war der Preis für Ruhm.
Niemand würde sie von ihm als Zeichen der Niederlage erhalten. Er warf sie über die andere Seite ins Meer und kniete wieder neben dem Kapitän.
    Undeutlich hörte er Adam sagen: »Wir haben sie ferngehalten, Dick. Der Konvoi wird jetzt in der Dämmerung nicht mehr in Gefahr sein.« Überraschend kräftig drückte er Hudsons Hand. »Es war … unsere Pflicht!«
    Hudson fühlte Tränen in den Augen und spürte Bewegung, als die große Fregatte längsseits ging und bewaffnete Matrosen an Deck sprangen. Die Männer der
Anemone
ließen ihre Waffen fallen. Hudson sah, wie seine Männer die Niederlage annahmen. Einige schienen niedergeschmettert und zeigten offene Feindschaft. Andere begrüßten die Amerikaner offensichtlich dankbar.
    Ein amerikanischer Leutnant rief: »Hier ist er!«
    Hudson sah eine mächtige Gestalt sich in Richtung verwaistes Rad bewegen. Auch der Master war gefallen. So schweigsam wie er gelebt hatte, war er auch gestorben.
    Nathan Beer sah sich das Blutbad auf dem Achterdeck an.
    »Sie sind der Kommandierende?«
    Hudson nickte und erinnerte sich an Adams Beschreibung dieses Mannes: »Ja, Sir!«
    »Lebt Ihr Kommandant noch?« Er maß ein paar Augenblicke Adams bleiches Gesicht unter sich. »Bringen Sie ihn nach drüben, Mr. Rooke. Unser Schiffsarzt soll sich sofort um ihn kümmern!«
    Dann

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