Dem Vaterland zuliebe
also?« fragte sie.
Ein Diener trat mit einem Tablett ein. Er sah niemanden an.
Bethune beobachtete ihn. Der Mann öffnete die Flasche wie jemand, der so etwas sehr oft tut.
»Ich hörte, Sie mögen Champagner, Mylady. Ich denke, wir haben etwas zu feiern, nicht wahr?«
Sie wartete. Vielleicht nahm Bethune ja an, sie sei noch aus anderen Gründen hergekommen.
Er berichtete: »Kapitän Bolitho ist schwer verwundet, doch wir hörten von unseren Informanten, daß man ihn gut versorgt – dank des amerikanischen Commodore.« Zum ersten Mal zögerte er. »Doch über seine Verwundung wissen wir nichts Genaues.«
Catherine griff zu dem Glas und fühlte die Kälte durch ihren Handschuh. Richards Brief hatte sich Wort für Wort in ihr Gedächtnis eingegraben. Wie Adam in English Harbour angekommen und dort zusammengebrochen war, als er vom Tode Zenorias hörte.
Es schien ihr wie ein Bühnenschauspiel. Jeder hatte seine kleine Rolle. Richard und sein toter Bruder; Adam und Zenoria; Valentine Keen wartete noch auf seinen Einsatz.
Bethune hielt das Glas gegen das Fenster. »Wir haben offiziell noch nicht erfahren, was die Amerikaner vorhaben. Kapitän Bolitho würde normalerweise gegen einen unserer Gefangenen ausgetauscht. Doch da er als Kommandant einer Fregatte einige Bedeutung hat, sehr viele Prisen aufgebracht und Erfolge eingeheimst hat, beschließen sie vielleicht, ihn zu behalten – und wenn auch nur, um sich selber zu schmeicheln.«
»Oder um seinen Onkel in irgendeinen Wahnsinn zu locken!«
»Hat er Ihnen das geschrieben, Mylady?«
»Sie kennen ihn doch, oder? Dann sollten Sie nicht danach fragen!«
Er lächelte und füllte die Gläser nach. »Sie haben recht.«
Dann sagte er: »Ich würde mich freuen, wenn Sie mir die Ehre erwiesen, mich zu einem Empfang zu begleiten.« Er fuhr schnell fort, als ahne er bereits ihre Absage.
»Sir Paul Sillitoe, den Sie doch wohl kennen, möchte seinen neuen Titel feiern. Er wird in Kürze Mitglied des Oberhauses. Er wird dort ein mächtiger Gegner sein, bei Gott.«
Er
ist
bereits ein mächtiger Gegner, dachte sie. »Ich bin nicht sicher, Sir Graham.« Sie lächelte leicht. »Wird Sie meine Begleitung nicht ein bißchen in Verlegenheit bringen?«
Er blickte an ihr vorbei, und für einen Augenblick sah sie in ihm den jungen Midshipman.
Doch das war schnell vorbei. »Ich würde Ihre Begleitung überaus schätzen, Mylady!«
Sie antwortete: »Es hat sich ausgeregnet und die Sonne ist wieder da. Ich mag sie sehr, auch wenn wir schlechte Erfahrungen mit ihr gemacht haben.«
Er nickte ernst: »Die
Golden Plover,
ja. Ich weiß. Darf ich fragen, was Sie heute noch vorhaben?«
Sie blickte ihn an, ohne auf seine Anspielung einzugehen.
»Ich werde ein neues Kammermädchen treffen. Doch vorher möchte ich noch nach St. James's!«
»In den Palast, Mylady?«
Sie streckte ihm die Hand im Handschuh hin, und er beugte sich über sie. Dann mußte sie lachen. »Natürlich nicht, sondern in den Weinladen!«
Noch lange, nachdem ein Lakai sie zum Ausgang begleitet hatte, sah Bethune ihr nach.
Ein Sekretär trat ein und legte einige Papiere auf seinen Tisch.
Er sagte: »Wir haben schlechte Nachrichten, Sir Graham.« Geduldig wartete er, bis sein Herr und Meister antwortete.
Bethune fragte abwesend: »Haben Sie sie gesehen?«
Dann schien ihm einzufallen, was sein Sekretär eben gesagt hatte. »Was für Nachrichten?«
»Keine bestätigten, Sir Graham. Aber wir haben eine Meldung bekommen, die unsere Fregatte
Guerrière
betrifft, Sir. Achtunddreißig Kanonen. Die U.S.S.
Constitution
hat sie in einem Gefecht von nur zwei Stunden besiegt und als Prise genommen!«
Bethune erhob sich wieder und trat ans Fenster. »Sie sind ein Melancholiker, Saunders. Bei Ihnen klingt der gleiche Satz sowohl trivial als auch schrecklich. Nur zwei Stunden, sagten Sie? Ich habe solch triviale Zeiten durchgemacht.« Er drehte sich vom Fenster weg. »Glauben Sie mir, es war die Hölle!«
»Sie sagen es, Sir Graham!«
Er entließ diesen nichtssagenden Menschen und erinnerte sich an Bolithos Worte in eben diesem Gebäude und an die Verwunderung, ja sogar an das mitleidige Lächeln, als der Admiral die feste Schlachtordnung kritisierte. Wahrscheinlich würde man heute anders reagieren. Eine Fregatte war in der Karibik bereits als vermißt gemeldet. Die
Anemone
war versenkt und die
Guerrière
geschlagen und als Prise genommen. Man würde sich jetzt sicher an Bolithos Worte erinnern.
Wieder schaute er aus
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