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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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hat.«
    »Alcides war ein maßvoller Trinker. Das einzige Mal, das ich ihn betrunken erlebt habe, das war damals in London, an dem Abend, als ich ihn kennenlernte.«
    »Nun, irgendetwas muss ihm schlecht bekommen sein, etwas hat seine Gedärme und seinen Magen zerfressen. Alles, was er zu sich nahm, kam sofort wieder heraus. Gesegnet sei die Stunde, in der er starb! Ich konnte den Gestank, den Ekel, nicht mehr ertragen.«
    Blackraven verabschiedete sich verärgert.
    Er machte sich auf den Weg in die Calle Santisima Trinidad, zum Haus der Witwe Olazábal, wo Doktor Redhead seine Zimmer hatte. Da er ihn nicht antraf, bat er um Zettel und Stift und hinterließ ihm eine Nachricht: »Ich hoffe, die Tage in London sind dir noch gut in Erinnerung. Ich hole dich heute Abend gegen zwölf ab.« Er unterschrieb die Nachricht nicht, das Siegel mit dem doppelköpfigen Adler genügte.
    Pünktlich zur vereinbarten Stunde hielt er den Karren vor dem Haus der Witwe Olazábal an. Es war eine mondlose Nacht. Er ließ die Öllampe dreimal in der Luft kreisen. Man hörte eine Türe quietschen und dann Schritte. Die vermummte Gestalt, die aus der Dunkelheit kam, stieg auf und verstaute den Koffer unter der Bank. Nach einer Weile sagte Redhead: »Ich habe gehört, dein Kompagnon ist heute beerdigt worden. Hat unsere nächtliche Exkursion damit zu tun, oder liege ich falsch?«
    »Liegst du nicht. Wir haben ihn bei den Dominikanern beerdigt. Und genau dahin fahren wir jetzt.«
    »Gibt es irgendeinen begründeten Verdacht, die ewige Ruhe des guten Mannes zu stören, oder ist dir auch noch dein restlicher Funken Verstand abhanden gekommen und du reißt mich mit in deinen Wahn?«
    Blackraven lachte leise.
    »Ich bin nie sehr vernünftig gewesen, das weißt du.« Redhead brummte etwas, das man als Zustimmung deuten konnte. »Ich glaube, wir werden heute Nacht einen Verdacht aufklären: Valdez e Inclán wurde vergiftet. Ich muss dich allerdings vorwarnen. Die Leiche ist in einem sehr schlechten Zustand.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Die Hitze heute war bestimmt auch nicht hilfreich.«
    Das Tor zum Friedhof ging auf die Calle del Rosario hinaus, an der Rückseite des Klosters, die menschenleer und schlecht beleuchtet war. Der Sklave ließ sie ein. Zwischen Grabsteinen und Statuen von Engeln gingen sie bis zum Grab und stellten eine
Lampe auf den Boden, die einen Teil des abgetragenen Erdreichs beleuchtete. Siberio hatte schon angefangen zu graben.
    Es ging alles wortlos vonstatten. Der Sklave reichte ihnen die Schaufeln und grub weiter, während Redhead und Blackraven ihre Jacken auszogen, die Ärmel hochkrempelten und sich ebenfalls an die Arbeit machten. Es dauerte nicht lange, da stießen sie auf das knarrende Holz. Sie holten den Sarg mit Hilfe derselben Stricke heraus, mit denen man ihn hinuntergelassen hatte. Sie waren erschöpft, besonders Redhead. Mit Hammer und Meißel bewaffnet, schlug Blackraven auf den Sarg, bis sich der Deckel öffnete. Der Gestank war bestialisch. Er taumelte und hielt sich den Arm vor das Gesicht.
    »Da, nimm und halt es dir unter die Nase«, sagte Redhead und reichte ihm ein Kampferstäbchen.
    Sie hüllten die Leiche in eine schwarze Decke und luden sie auf den Karren.
    »Gute Arbeit«, sagte Blackraven und reichte Siberio die versprochene Münze. »Wir bringen ihn vor Morgengrauen zurück.«
    In der Straße war es gespenstisch still. Man hörte nur das Quietschen der Räder. Blackraven steckte seine Hand in die Jackentasche, holte einen Umschlag heraus und klopfte damit auf Redheads Unterarm.
    »Was ist das?«
    »Nimm. Er enthält wertvolle Informationen. Betrachte es als Anzahlung für deine Dienste.«
    Redhead lachte auf. »Und was sind das für Informationen, die du als ›wertvoll‹ bezeichnest?«
    »Ich gebe dir detaillierte Informationen über eine Gruppe von französischen Jakobinern, die mit deinen Ermittlungen zu tun haben könnten. Ich habe von dem neuen Mord gehört.«
    »Warum wundert es mich nicht, dass du schon davon weißt?«
    Im Haus in der Calle San José angekommen, trugen sie den Esstisch in den Hof, wo die kühle Brise den Geruch erträglicher machen würde. Sie deckten ihn mit einem Wachstuch ab, bevor sie die Leiche darauflegten.
    »Und die Diener?«, fragte Redhead besorgt, während er seine Instrumente zurechtlegte.
    »Es sind nicht viele, und sie schlafen nicht in diesem Bereich. Wir gehen kein Risiko ein. Reichen diese beiden Lampen?«
    »Ja. Ich muss mir die Hände waschen.

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