Dem Winde versprochen
standen.«
»Ja«, sagte Bela.
»Wo ist Enda Feelham jetzt?«
»Ich weiß es nicht. Das ist die Wahrheit. Ich habe sie zum letzten Mal vor einiger Zeit gesehen, als sie mir das Gift gab und mir alles erklärte. Danach habe ich nichts mehr von ihr gehört.«
Blackraven ging auf und ab, den Blick auf den Boden gerichtet.
»Was wirst du tun? Wirst du mich ins Gefängnis schicken? Oder mir verzeihen, um der alten Zeiten willen?«
Blackraven lachte, eiskalt. Sie hatte gehört, dass er unerbittlich sein konnte – Alcides hatte es ihr oft genug gesagt –, doch sie hatte es nicht geglaubt, bis jetzt.
»Dir verzeihen? Ich hätte ja verstanden, dass du einen Mann loswerden wolltest, an den man dich verkauft hat, als du wenig älter warst als deine jüngste Tochter, einen alten Bock, den du vom ersten Moment an verachtet hast. Aber dass du aus einer Laune heraus jemandem wehtust, den ich mehr liebe als alles auf der Welt, das verzeihe ich dir nie. Deine Dreistigkeit wird dich teuer zu stehen kommen.«
Wortlos stand Bernabela auf und stellte sich vor Blackraven. Sie sah ihn herausfordernd an und wartete auf sein Urteil.
»Du wirst in einen Klausurorden eintreten und dort bleiben, bis du stirbst. Wir werden sagen, das hättest du Alcides auf dem Totenbett versprochen. Vielleicht wirst du an diesem Ort deine Seele läutern und für deine schrecklichen Taten Buße tun.«
»Sei verflucht, Roger Blackraven, du und deine Nachkommen. Bis ans Ende meiner Tage werde ich dich verfluchen.«
Blackraven verließ das Zimmer und verriegelte die Tür von außen. Dann gab er Anweisungen, dies auch mit den Fenstern zu tun.
Kapitel 26
Miss Melody würde ihn in ihrem Zimmer empfangen. Servando hatte sich umgezogen und betrat durch den Hintereingang die Küche des Hauses.
»Darf ich hereinkommen, Siloé?«
»Aber natürlich, Servando. Die Frau Gräfin hat dich schon vor einer Weile rufen lassen.«
»Die Frau Gräfin«, murmelte er, eingeschüchtert von dem riesigen Herrenhaus, das er am liebsten nie betreten hätte. Er ging hinüber in den Wohntrakt. Dort traf er auf die Kinder, die ihn freudig begrüßten, und er war fast versucht, Angelita nach ihrer Schwester Elisea zu fragen.
»Tritt ein, Babá, und schließ die Tür.«
Schweigend blieb er an der Tür stehen, bis Miss Melody fertig geschrieben hatte. Sie sah bezaubernd aus hinter diesem Schreibtisch, den Blackraven ihr nach der Hochzeit gekauft hatte, so elegant. Die letzten Sonnenstrahlen umspielten das feine Profil, und ihr Haar hatte einen wunderbaren kupferfarbenen Schimmer.
Das Geräusch der Feder und der Duft von Patschuli verliehen dem Raum etwas Friedvolles. Miss Melody streute etwas Sand auf den Brief, wedelte ihn kurz durch die Luft, faltete ihn und steckte ihn in den Umschlag.
»Komm her, Babá, setz dich zu mir.«
»Es gehört sich nicht, dass ein Sklave sich auf die Möbel der Herrschaften setzt.«
»Jetzt komm schon und setz dich. Und wag es ja nicht, mich
›Frau Gräfin‹ zu nennen.« Servando musste lachen. »Jetzt komm, ich bin immer noch dieselbe.«
Servando setzte sich auf den Stuhlrand.
»Da«, sagte Melody und reichte ihm den Umschlag. »Den musst du meinem Bruder geben.«
Melody füllte zwei Tassen mit Kaffee und reichte ihm eine. Servando hatte noch nie in seinem Leben Kaffee getrunken, schon gar nicht aus einer solch vornehmen Tasse.
»Er schmeckt wunderbar«, sagte Melody und reichte ihm einen Teller mit Gebäck. »Bedien dich, du musst hungrig sein. Der Kaffee ist gut, nicht wahr? Mister Blackraven bringt ihn aus Haiti mit, von der Hazienda eines Freundes. Er sagt, diese Karibikinsel habe das beste Klima für den Kaffeeanbau. Hast du schon mal von Haiti gehört?« Servando schüttelte den Kopf, aber natürlich hatte er schon davon gehört. Von dort stammten die Seeleute, die vor Monaten über Freiheit und Gleichheit und Aufstände gesprochen hatten.
»Mister Blackraven sagt, es sei ein paradiesischer Ort, mit üppiger Vegetation und warmem Klima das ganze Jahr über. Ich würde gerne einmal dorthin reisen.« Sie nippte an ihrem Kaffee und fragte dann unvermittelt: »Ich komme gerade aus der Stadt. Gibt es da jemanden, von dem du wissen möchtest, wie es ihm geht?«
Servando schaute auf. Er war völlig überrascht, als Melody plötzlich von Elisea sprach. Seine Hände zitterten.
Da es mit Eliseas Gesundheit seit dem Tod ihres Vaters stetig bergab ging, hatte Melody sie am Aschermittwoch nach der Messe besucht. Sie war, ohne anzuklopfen,
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