Dem Winde versprochen
Wahrheit sagst und nicht den Polizisten des Stadtrats; sie haben sehr überzeugende und schmerzhafte Methoden.«
»Lassen Sie sie los!«, rief Sabas in einem plötzlichen Anfall von Mut.
Blackraven fuhr herum, warf ihm einen finsteren Blick zu und schob ihn hinaus. Dann stieß er mit dem Fuß die Tür zu.
»Du und dein Sohn, ihr werdet beide in den städtischen Kerkern enden, denn ihr habt das bestimmt zusammen eingefädelt. Los, wir gehen jetzt gleich dorthin und ich übergebe euch den Behörden.«
Cunegundas Schrei war so herzzerreißend, dass Sabas erneut hereinstürzte. Seine Mutter hatte sich Herrn Roger zu Füßen geworfen, hielt seine Waden umklammert und flehte um Erbarmen.
»Ich war es nicht!«, sagte sie mit Tränen erstickter Stimme. »Ich habe Herrn Alcides nicht ermordet!«
»Wer war es dann? Sag es mir, oder ihr beide werdet im Gefängnis verfaulen.«
»Señora Enda!«, sagte sie und stieß einen spitzen Schrei aus. »Sie war’s. Die Tante von Miss Melody.« Sie warf sich bäuchlings auf den Boden.
Blackraven war wie vom Donner gerührt. Plötzlich hatte er die Szene wieder vor Augen: Ein greller Blitz, die Frau unter der Eiche, klitschnass, den Blick starr auf das Fenster gerichtet. Da war etwas Böses, Mächtiges in diesem Blick gewesen, das einen schaudern ließ. Die Sklavin sprach weiter, in aller Ruhe jetzt, denn sie hatte nichts mehr zu verlieren.
»Señora Enda war als Giftmischerin bekannt. Da versprach Doña Bela, ihr zu sagen, wo sie Miss Melody findet, und sie sollte ihr helfen, im Gegenzug ihren Mann loszuwerden.«
Bela schlief tief und fest. Am vergangenen Abend hatte sie sich zum ersten Mal seit vielen Jahren frei gefühlt. Ihr Mann war unter der Erde, und ihr würde es an nichts mangeln. In diesem Hochgefühl hielt sie sich für unbesiegbar. Jetzt fehlte ihr nur noch eines: Blackraven. Doch sie sagte sich, früher oder später würde er schon in ihre Arme zurückkehren.
Ein lautes Geräusch weckte sie, und sie fuhr mit einem Schrei hoch. Blackraven kam eiligen Schrittes auf sie zu. Sie wollte schon die Arme ausbreiten und »Liebster« rufen, da traf sie sein Blick. Ihr Mund wurde trocken, und das Wort blieb ihr im Halse stecken. Am schlimmsten war sein Schweigen. Er riss ihr die Bettdecke weg, zog sie aus dem Bett und schleifte sie zum Frisiertisch, wo er ihren Kopf mehrfach in das Waschbecken tauchte. Dann schubste er sie auf einen Stuhl und warf ihr ein Handtuch ins Gesicht.
»So, jetzt bist du richtig wach, und wir beide werden uns einmal ausführlich unterhalten. Vorher sollst du wissen, dass ich gerade von dieser Negerhexe komme, deiner Verbündeten. Ihr Geständnis war sehr aufschlussreich.«
Bela wusste, dass sie keine andere Wahl hatte, als die Wahrheit zu sagen. Cunegunda hatte geredet, und sie würde es vor Gericht wieder tun, um ihre Haut zu retten, so viel war sicher. Sie konnte nicht einmal Diogo trauen, der nicht zögern würde, sie über die Klinge springen zu lassen, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Sie saß in der Falle, alles deutete auf sie. In der Gewissheit, dass Blackraven sie niemals ins Gefängnis schicken würde – sei es aus Mitleid oder um einen Skandal zu vermeiden –, erzählte sie ihm alles.
»Wir erfuhren, dass Miss Melody aus Capilla del Señor stammte.«
»Woher hast du die Information?«
»Cunegunda hat sich bei den Sklaven umgehört.«
»Isaura hat mit Sicherheit niemandem gesagt, wo sie herkommt. Das konnte keiner wissen. Sag mir, woher du die Information hast!« Er verdrehte ihr den Arm, dass sie aufschrie.
»Von Miss Melodys Bruder«, gestand sie. »Er hat sich weniger geziert, über seine Herkunft zu sprechen. Er hat es Sabas erzählt, und dieser sagte es Cunegunda.«
»Weiter.«
»Ich habe Diogo gebeten, Nachforschungen anzustellen, weil ich das Gefühl hatte, es gäbe einen dunklen Fleck in der Vergangenheit von Miss Melody, etwas, das euch auseinanderbringen könnte. Diogo reiste hin und lernte Enda Feelham kennen. Sie war sehr interessiert daran, zu erfahren, wo ihre Nichte geblieben war, aber Diogo sagte ihr nichts. Tage später tauchte sie hier auf. Den Rest kannst du dir denken. Ich hatte eine Information, die Enda Feelham haben wollte, und sie konnte mir behilflich sein, den Mann loszuwerden, den ich nicht mehr ertragen konnte.«
»Sie konnte dir behilflich sein, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Isaura und Alcides. Mit einem Schlag wärest du die beiden Menschen los, die deinen Plänen im Weg
Weitere Kostenlose Bücher