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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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ein paar Tage im Herrenhaus seines Freundes Henry Dundas, dem Viscount de Melville, in Wimbledon verbracht. Popham und Miranda waren zusammen mit Premierminister Pitt dem Jüngeren aus London angereist, um mit ihnen zu Abend zu essen. Miranda und Popham hatten ihre Pläne dargelegt, Venezuela und die Küsten des Río de la Plata anzugreifen, und dabei versucht, ihre wahren Absichten – sich Teile des Goldes aus den Kolonien als Kriegsbeute unter den Nagel zu reißen – zu verschleiern. Sehr beredt machte Miranda deutlich, dass eine Intervention Englands unverzichtbar war, wenn man vermeiden wollte, dass die Kolonien Südamerikas weiterhin Napoleon finanziell unterstützten. Es wurde auch die Gefahr eines
französischen Einmarschs in dieses Gebiet nicht ausgeschlossen, das voll von Fouchés Spionen war.
    »Wir haben Kenntnis davon«, hatte Miranda gesagt, »dass die Kolonien in Südamerika der Metropole jährlich Edelmetalle im Wert von zwanzig Millionen Pfund liefern.« Er machte eine Pause und ließ den Blick über die erstaunten Gesichter von Dundas und Pitt wandern. Blackraven konnte er damit nicht beeindrucken. Dann fuhr er fort: »Und von diesen zwanzig Millionen wandern zwei Drittel in die Taschen Napoleons.«
    Pitt, der nach den Erfahrungen mit den Vereinigten Staaten nicht gut auf das Thema Kolonien zu sprechen war, fragte, an was für eine Art von Intervention sie denn dächten.
    »Meine Informanten haben mir versichert«, hob Miranda wieder an, »dass die Völker Amerikas, insbesondere das venezolanische, sehnsüchtig auf die Hilfe Englands warten. Das spanische Joch ist unerträglich geworden. Es ist ihnen gleichgültig, ob sie eine englische Kolonie werden, solange sie nur die Spanier loswerden.«
    »Sind Sie sich da sicher?«, fragte Blackraven.
    »Ganz sicher, Exzellenz.«
    Blackraven verzog missbilligend das Gesicht.
    »Erlauben Sie, dass ich meine Meinung äußere«, sagte er direkt an Premierminister Pitt gewandt, als sei Miranda seiner Aufmerksamkeit nicht würdig. »Aus geschäftlichen Gründen habe ich enge Verbindungen zu mehreren Kolonien Südamerikas. Ich habe die Mentalität der Menschen dort kennengelernt. Es stimmt, im Reden sind sie unterwürfig, aber im Handeln sind sie renitent und aufmüpfig. Derjenige irrt – und zeigt seine mangelnde Kenntnis der Sachlage –, der davon ausgeht, sie würden sich vor irgendeinen Karren spannen lassen. Wenn man sie als Verbündete gewinnen will, muss man ihnen absolute Unabhängigkeit garantieren. Sonst macht man sie sich zum Feind.«
    Popham und Miranda waren verärgert, und Henry Dundas als Gastgeber vermittelte. Er schlug vor, das Für und Wider eines Einmarschs in den spanischen Kolonien aufzuschreiben. Tage später hatte Blackraven eine Abschrift des Dokuments angefertigt und von seinen Verfassern nie mehr etwas gehört. Und jetzt bestätigte Sobremonte, was Papá Justicia ihm schon vor einiger Zeit gesagt hatte: Popham hatte sich mit einer englischen Flotte vor der Küste Brasiliens herumgetrieben.
    »Ich nehme an«, sagte der Vizekönig, »es wäre ein wenig gewagt, Sie zu fragen, Exzellenz, ob Ihr Land die Absicht hat, hier einzumarschieren.«
    Blackraven lachte.
    »Das ist in der Tat gewagt. Aber ich kann Ihnen nichts über die Absichten der Regierung meines Landes sagen, denn ich kenne sie nicht.« Sobremonte lächelte vielsagend. »Nun«, fuhr Blackraven fort, »da sich unsere Nationen im Krieg befinden, wäre es unklug, nicht an einen möglichen Angriff zu denken.«
    »Gewiss. Ich kann an nichts anderes mehr denken als an diesen Angriff. Spanien versteht nicht, in welch prekärer Lage ich mich befinde. Ich habe weder Waffen noch Munition. Aus dem Einmarsch Brasiliens 1801 während des Krieges mit Portugal haben wir anscheinend nichts gelernt. Sie sind wahrscheinlich überrascht, Exzellenz, dass ich Ihnen diese Staatsangelegenheiten anvertraue, nicht wahr?«
    »In der Tat, das bin ich.«
    »Kann man den erbärmlichen Zustand meiner Infanterie noch verhehlen, wenn die Soldaten bereits in zerschlissenen Uniformen durch die Straßen streifen?«
    Um das Thema zu wechseln, fragte Blackraven nach dem Pamphlet, das vor einigen Tagen in den Straßen von Buenos Aires aufgetaucht war.
    »Ach das«, sagte Sobremonte betrübt. »Dank meines Geheimdienstes haben wir herausgefunden, wo sich diese französischen
Blutsauger aufhalten. Im Keller hatten sie eine Druckerpresse aufgebaut. Drei haben wir festgenommen, doch das waren nicht alle. Wir haben noch

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