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Demolition

Demolition

Titel: Demolition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bester
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des 20. Jahrhunderts gekleidet, und fragte jeden: »Zünftiges oder Zukunft?« Antwortete man »Zukunft«, durfte man zu einer Tür weitergehen, die der Pforte einer Gruft glich, und davor einen unerhört hohen Eintrittspreis entrichten, für den man eine Phosphorkerze in die Hand gedrückt bekam. Mit der Kerze stieg man eine steile Treppe steinerner Stufen hinunter. Am Fuß der Treppe machte der Gang einen rechtwinkligen Knick, und unvermittelt stand man auf der Schwelle zu einem weiten, langgestreckten, gewölbten Keller, der einen See aus singendem Feuer enthielt. Man betrat die Oberfläche des Sees. Sie war glatt und glasig. Unter der Oberfläche glomm und flackerte ein unablässiges Spiel pastellfarbener Nordlichter. Bei jedem Schritt summte die Kristallfläche Klänge von süßer Schönheit, hallte wie die gedehnten Zwischentöne bronzener Glocken. Auch wenn man bewegungslos blieb, tönte der Boden, durch die Erschütterungen benachbarter Verkehrsstraßen in Schwingungen versetzt. Auf Steinbänken saßen rundum an den Wänden des Kellers die anderen Zukunftsdurstigen, in den Händen ihre Phosphorkerzen. Man musterte sie, wie sie da stumm und ehrfürchtig saßen, und plötzlich erkannte man, daß jeder von ihnen aussah wie eine Engelsgestalt, inmitten einer Aura leuchtete, die vom Fußboden ausging, und jeder erzeugte engelhafte Töne, indem ihre Körper unter den Klängen des Kristallbodens widerhallten. Die Kerzen ähnelten Sternen in einer frostigen Winternacht. Man gesellte sich zu den glanzvollen Schweigern in ihren reinen Schwingungen und saß ruhig an der Wand, bis das helle Läuten eines silbernen Glöckchens erscholl, das sich mehrfach wiederholte. Der gesamte Boden erbebte in Resonanz, und das sonderbare Verhältnis zwischen Licht und Ton brachte die Farben zu prachtvollem Funkeln. Dann betrat Chooka Frood den Keller, begleitet von einer Kaskade feuriger Musik, und schritt zur Mitte des Kristallsees.
    »Und damit geht die Illusion natürlich flöten«, murmelte Lincoln Powell bei sich; er betrachtete Chookas grobes Gesicht, die Knollennase, die geistlosen Augen, den eingefallenen Mund. Die Nordlichter des kristallenen Bodens umwaberten ihre Gesichtszüge und ihren eng bekleideten Körper, aber dieser Umstand konnte nicht die Tatsache verbergen, daß es ihr, obwohl sie Ehrgeiz, Habsucht und Erfindungsreichtum auszeichneten, an Feingefühl und erst recht an Hellsichtigkeit vollständig mangelte. »Vielleicht kann sie wenigstens auftreten«, redete sich Powell hoffnungsvoll ein. Chooka blieb am Mittelpunkt der Kristallfläche stehen sie ähnelte ziemlich stark einer vulgären Medusa -, dann hob sie ihre Arme in einer weiträumigen Gebärde, die wohl so etwas wie eine mystische Geste der Begrüßung sein sollte. »Sie kann's nicht«, befand Powell.
    »Ich bin gekommen«, begann Chooka mit heiserer Stimme, »um euch zu helfen, in eure eigenen Herzen zu blicken. So blicke in dein Herz, der du danach trachtest...« Chooka schwieg für einen Moment, ehe sie weitersprach. »... Rache an einem Mann namens Zerlen vom Mars zu nehmen... die Liebe einer rotäugigen Frau vom Callisto zu gewinnen... den reichen alten Onkel in Paris bis zum letzten Kredit zu beerben... nach...«
    »Na, verdammt! Die Frau ist eine ESPer!« Chooka erstarrte. Ihr Kinn sank herab. »Du empfängst meine Gedanken, nicht wahr, Chooka 1«
    Die telepathische Entgegnung erreichte ihn in furchtsamen Bruchstücken. Es war offenkundig, daß Chookas natürliche Begabung niemals eine ordentliche Ausbildung erfahren hatte. »Was...? Wer...? Wer ist... bis t du?«
    Powell antwortete so übertrieben deutlich und sorgfältig, als stehe er mit einem Dreier im Kindesalter in Verbindung. »Name: Lincoln Powell. Beruf: Polizeihauptkommissar. Absicht: Vernehmung eines Mädchens namens Barbara D'Courtney. Ich habe gehört, daß es hier in diesem Wahrsage-Zirkus mitwirkte.
    Es war bemitleidenswert, wie sich Chooka querzulegen versuchte. »Raus... mit dir. Raus. Hinaus. Los, raus. Raus. Verschwinde...«
    »Warum hast du dich nie beim Verband gemeldet? Wieso stehst du nicht in Kontakt mit deinesgleichen?«
    »Verschwinde. Verschwinde, ESPer! Scher dich hinaus.«
    »Du bist selbst eine ESPer. Warum hast du dich nicht ausbilden lassen?
    Was ist das hier für ein Leben für dich? Du gibst dich mit Hokuspokus ab... zapfst die Gedanken von gutgläubigen Narren an und machst daraus Wahrsagerei. Dabei könntest du anständige Arbeit haben, Chooka.«
    »Auch anständiges

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