Demon Lover
Narben, die ihre Haut entstellten.
Die Berührung strahlte bis in ihren Unterleib aus. Ihr zitterten die Beine, sie bekam weiche Knie. Um die hässlichen Stellen zu verbergen, machte sie Anstalten, ihre Blöße zu bedecken.
Remi ergriff ihre Handgelenke und hielt ihre Arme fest. «Du allein findest die Narben hässlich. Für mich sind sie eine Auszeichnung, der Beleg dafür, dass du die Feuerprobe bestanden hast.» Die Leidenschaft in seinem Blick ließ ihre Ängste verschwinden.
Zum ersten Mal nahm Kendra seine Tätowierungen in Augenschein. Jetzt erst fiel ihr auf, dass sie nicht eingeritzt waren – sie waren eingebrannt, die Haut bildete dicke Grate. Er hatte Narben, genau wie sie.
Eine Strafe
.
Sie streckte die Hand aus, fuhr an einem dunklen Bogen entlang. Sie war sich nicht sicher, hatte aber den Eindruck, dass die Tätowierungen eine bestimmte Bedeutung hatten. «Was bedeutet das?»
Remi stöhnte leise auf, als ihre Finger über die empfindlichen Narben glitten. «Das sind die Zeichen meiner Verdammnis. Ich muss sie bis in alle Ewigkeit mit mir herumtragen.»
Der Druck auf Kendras Lunge nahm zu. Schweiß perlte auf ihrer Oberlippe, und sie atmete zischend ein. «Dann warst du nicht immer ein Dämon?»
Sein Blick verdüsterte sich. «Ursprünglich nicht.» Er atmete ein und ließ die Luft langsam wieder entweichen. «Vor sehr, sehr langer Zeit war ich ein Engel.»
Kendra erschauerte. Dämonen waren also nicht die Seelen böser Menschen, sondern verstoßene Engel, die sich gegen Gott aufgelehnt hatten. Angst erfasste sie. «Bist du …?»
Remi hatte anscheinend ihre Gedanken gelesen. Sein Blick verdunkelte sich ein wenig. «Ein gefallener Engel?» Er nickte langsam. «Ich war einmal ein Engel, der zur Rechten des Schöpfers saß. Die Anbetung und der Lobpreis Gottes waren mein einziger Daseinszweck.»
Kendra, die sich mit der Bibel auskannte, erschauerte. «Aber das hat dir nicht gereicht.» Keine Frage, sondern eine Feststellung.
Remi schaute sie an, als hätte sie ihm einen Pfahl ins Herz gerammt. «Das Herz eines Gottes verlangt immer nach mehr.»
Kendra, von kaltem Schwindel erfasst, biss die Zähne zusammen. Man brauchte die Geschichte vom Streit zwischen den himmlischen Wesen und den Menschen nicht zu glauben, um zu wissen, wie sie ausgegangen war. «Und deshalb hat Gott den Mann erschaffen.»
Remi nickte. «Und ihm zur Gefährtin die Frau.»
Kendra musterte ihn beunruhigt. «Aber der Mensch wurde nicht nur erschaffen, um Gott zu lobpreisen, sondern er bekam etwas, was den Engeln vorenthalten wurde.»
«Den freien Willen», sagte Remi. «Das Recht, über sein Schicksal selbst zu bestimmen und eigene Entscheidungen zu treffen.»
Kendra schaute ihn unverwandt an. Sie kannte den Ausgang der Geschichte. «Und weil die Engel den Menschen beneideten, wurden sie verstoßen.»
Remi sah ihr tief, aber mit einer gewissen Zurückhaltung in die Augen. «Wir wurden verstoßen und in den Abgrund aus Feuer und Eis verbannt.» Er klatschte sich auf die Schulter und auf den Arm, als würde er Öl auftragen. «Und man hat uns zum Zeichen unserer Schande mit den verfluchten Symbolen unseres Aufbegehrens gebrandmarkt. Obendrein bekamen wir das Herz des Menschen und den Verstand eines Dämons. Um uns für unsere ewige Verdammnis zu rächen, lauern wir den Menschen auf und enthüllen die Schwäche ihres Körpers, ihres Geistes und ihres Herzens. Dabei verfolgen wir das Ziel, unserem Opfer eine Fäulnis einzupflanzen, die dazu führt, dass er verdirbt – und schließlich vernichtet wird.»
Kendras Herz begann zu rasen. Durch seine Augen sah sie ein in gespenstischen Nebel gehülltes Land, das weder Tag noch Nacht kannte. Ein Land, wo inmitten gewaltiger Eisfelder Lava brodelte.
Sie fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe. «Ist das der Grund, weshalb du mich heimgesucht hast?», wollte sie wissen, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
Ein listiges Funkeln trat in Remis Augen. «Um deine Schwachstellen zu enthüllen und mich an deine Unsicherheit zu heften. Das ist meine Aufgabe als Dämon.»
Abermals wurde sie von Angst erfasst. Sie wollte von ihm zurückweichen, doch ihre Beine gehorchten ihr nicht mehr. Wie festgewurzelt blieb sie stehen. Offen und verletzlich.
«Du willst mich zum Wahnsinn treiben», murmelte sie.
Remi erwiderte lange ihren Blick, dann strich er ihr mit den Fingerspitzen zart über die Lippen. Seine Berührung erhitzte ihre Haut. «Da irrst du dich», erwiderte er
Weitere Kostenlose Bücher