Demonica - Ione, L: Demonica
zusammenpacken.«
»Und?«
»Und dich umbringen, solltest du die Explosion überlebt haben.«
Auch wenn sie diese Antwort erwartet hatte, fühlte sie trotzdem den hässlichen Stachel des Verrats. Nein, »Stachel« war nicht das richtige Wort. Das waren die Menschen, an deren Seite sie gekämpft hatte, mit denen sie geblutet hatte, für die sie ihr Leben riskiert hatte. Sie hatten eine Mission, eine Berufung geteilt. Wie konnten sie ihr das nur antun?
»Wer hat euch geschickt?« Sie verfluchte das Zittern in ihrer Stimme. »Wer hat den Befehl gegeben?«
»Jagger.«
»Er verfügt nicht über die entsprechende Autorität.«
»Er sagte, der Befehl komme von Kynan.«
Sie zuckte zurück, als ob jemand sie ins Gesicht geschlagen hätte. Nein . Kynan würde das nicht tun. Er würde ihr das nicht antun. Niemandem. Er hatte schon mal einen Wächter vom Haken gelassen, der einen Dämon aus dem Verhörraum hatte entkommen lassen.
Andererseits … wenn er glaubte, dass sie ein Dämon war … nein, nicht mal dann. Wenn die Information von Yuri gekommen wäre, hätte Kynan ihr nicht automatisch Glauben geschenkt. Informationen eines Dämons, die unter der Folter erpresst worden waren, würden keinen Exekutionsbefehl rechtfertigen, und selbst wenn, würde dieser Befehl erst dann gegeben, wenn eine Untersuchung stattgefunden und das Siegel das Ganze gebilligt hatte.
Irgendwas war hier faul. Verdammt faul.
»Dann seid ihr also hier, um Taylas Wohnung zu plündern und sie zu töten, falls sie die Explosion überlebt haben sollte?«, fragte Eidolon.
»Es sollte wie ein Einbruch aussehen.«
»Und wenn ich nicht hierher zurückgekommen, aber immer noch am Leben gewesen wäre?«
Ein kaltes Grinsen verzog seinen blutigen Mund. »Wir hätten dich zur Strecke gebracht, wie es sich bei einer Dämonenhure wie dir gehört.«
»Falsche Antwort.« Eidolons Stimme war leise und tödlich. Schneller, als das Auge erfassen konnte, hatte er Cole den Kopf umgedreht und ihm damit das Genick gebrochen. »Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan.«
Tayla nahm an, dass sie schockiert sein sollte, vielleicht bestürzt, aber alles, was sie fühlte, war Leere und Taubheit. War das schon eine Auswirkung ihrer dämonischen Seite?
Einen Moment lang stand sie einfach nur da und starrte auf die beiden Wächter, die ihren Boden vollbluteten, der eine tot, der andere lebendig. Was nun?
Als ob er ihre Gedanken gehört hätte, stand Eidolon auf und sagte: »Pack ein paar Klamotten ein und schnapp dir dein Wiesel.«
»Warum tust du das?«
»Du bist hier nicht sicher.«
»Ich weiß. Aber ich kann mich um mich selbst kümmern.« Sie hatte jahrelang auf der Straße gelebt, sie kannte sich aus mit dem Leben, wusste, wo sie hingehen konnte.
Andererseits galt dasselbe für einige der Wächter, einschließlich Jagger.
Er packte sie so schnell, dass er sie fest im Griff hatte, ehe sie auch nur blinzeln konnte. Die eine Hand in ihr Haar vergraben, die andere umfasste ihre Taille. »Erzähle mir«, sagte er ruhig, mit einer Stimme, die sehr viel beunruhigender war, als wenn er sie angebrüllt hätte. »Was hat die Aegis Yuri angetan?«
Sie schluckte. Heftig. »Hab ich dir doch gesagt. Sie haben ihn gefoltert.«
»Wie? Peitschen? Messer? Feuer?« Sein Griff wurde fester, zog sie noch näher an seinen harten Körper, während er gleichzeitig ihren Kopf zurückzog, nicht um ihr wehzutun, sondern weil er ihre volle Aufmerksamkeit wollte. Die bekam er. »Meinst du vielleicht, deine Freunde würden mit dir nicht genau dasselbe machen, wenn sie dich kriegen? Ich weiß, dass du mir nicht vertrauen kannst, aber ich denke, ich habe bewiesen, dass ich dich nicht foltern werde.«
»Du hast Cole umgebracht … «
»Nur, damit du es nicht tun musstest.« Sie erschauerte, als seine Lippen ihr Ohr streiften. »Er hätte dich getötet. Vielleicht nicht heute, aber irgendwann. Geh jetzt. Hol deine Sachen.«
Er ließ sie los, aber sie fiel nicht auf sein Ablenkungsmanöver herein. »Du bringst Bleak nicht um, während ich weg bin.«
»Tayla – «
»Nein!« Sie biss sich auf die Lippe und sah zu dem jungen Mann, der sich in Embryonalhaltung auf dem Boden zusammengerollt hatte. »Er ist nicht wie Cole. Bleak ist ein neuer Rekrut. Er hat nur Befehle befolgt. Er denkt, ich wäre ein … «
»Dämon?«
»Du Mistkerl.«
»Ja, ich weiß. Du kannst später mit mir rummeckern. Jetzt müssen wir dich erst mal an einen sicheren Ort bringen.«
Sie wusste, dass er recht hatte,
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