Demonica: Tödliche Verlockung (German Edition)
dort gestanden hatte, als sie jemanden die Treppe hinunterkommen hörte. Die Schritte waren zu leicht für einen der Männer.
Tayla.
»Ich bin überrascht, dass sie dich geschickt haben«, sagte Sin, als Tayla die Küche betrat. »Ich hätte auf Lore oder Shade gewettet.«
»Ich musste die beiden auch erst mal davon überzeugen, sich zurückzuhalten.« Tay verdrehte die Augen. »Was bedeutend einfacher war, als Con davon abzuhalten, hinter dir herzurennen.«
Aus irgendeinem Grund fühlte sich Sin bei diesen Worten ganz warm und benommen.
»Eidolon wollte natürlich auch kommen, um deine Vitalfunktionen zu überprüfen. Ich glaube, Wraith wollte sich einfach nur ein bisschen über dich lustig machen.«
Sin schnaubte. »Und du?«
Taylas Hand wanderte auf ihr Schenkelholster, wo der Griff eines Dolchs aus seiner ledernen Behausung herausschaute, und Sin erstarrte instinktiv. Aber die Finger der Jägerin spielten nur mit dem glatten, hölzernen Griff. Ihr Blick allerdings war ruhig und furchtlos, konzentriert wie zwei grüne Laserstrahlen, und die Art, wie sie Sin musterte, hätte man fast feindlich nennen können.
»Wraith und ich sind uns nicht sehr oft einig«, sagte sie langsam, »aber wenn es darum geht, die Familie zu beschützen, sind wir ein Herz und eine Seele. Auch wenn Wraith natürlich weder über das eine noch über das andere verfügt.«
Okay, Sin wusste, worauf sie hinauswollte. »Und du befürchtest, ich könnte meinen Brüdern wehtun. Ja, ja, Wraith hat mir die große Wenn-du-ihnen-wehtust-wirst-du-es-bereuen-Ansprache schon gehalten, du kannst dir die Mühe also sparen.«
Taylas Finger hörten nicht auf, ihre Waffe zu liebkosen. »Hör mal, ich weiß ja, dass du nicht reden willst –«
»Du weißt gar nichts!«, fuhr Sin sie an.
Eine Augenbraue fuhr in die Höhe. »Ich glaube, du würdest überrascht sein.«
»Ach wirklich? Sprich dich ruhig aus.«
Tayla sprang auf den Tisch und faltete die Hände in ihrem Schoß, so als ob sie sich auf einen schönen, langen Vortrag vorbereiten wollte. Großartig. »Okay, dann will ich mal loslegen. Meine Mom war ein Junkie. Ich wurde auf dem Fußboden eines ehemaligen Lagerhauses geboren und war schon süchtig nach Heroin. Ich wuchs in Pflegeheimen und auf der Straße auf. Ich wurde missbraucht. Ich nahm Drogen. Ich stahl. Ich steckte ständig in Schwierigkeiten. Als Teenager musste ich zusehen, wie meine Mom von einem Dämon in Stücke gerissen wurde. Einem Seelenschänder. Danach war ich noch wütender. Ich ging zur Aegis und tötete jeden Dämon, Vampir und Gestaltwandler, den ich nur erwischen konnte. Irgendwann traf ich Eidolon, entdeckte, dass ich eine Zwillingsschwester hatte, und bekam heraus, dass der Dämon, der meine Mom gefoltert hatte, auch mein Vater war. Wie ist das für den Anfang?«
Oh Gott. Kein Wunder, dass Taylas smaragdgrüne Augen die einer Kriegerin waren. Wenn sie auch nicht so alt war wie Sin, hatte sie dennoch genauso hart um ihr Überleben gekämpft. Widerwilliger Respekt lockerte Sins Gefühle für ihre Schwägerin. »Also gut, ich hör dir zu.«
»Gut. Denn ich war lange Zeit stinksauer. Auf die Welt, auf die Menschen, auf Dämonen. Ich hasste alles und jeden.«
»Tja, das ist wohl der Unterschied zwischen dir und mir.« Sin kreuzte die Arme vor der Brust. »Ich hasse die Welt nicht.«
»Nein, du hasst nur dich selbst.« Ehe Sin auch nur versuchen konnte, das zu leugnen, fragte Tay: »Was hältst du von Lore?«
Angesichts des abrupten Themenwechsels blinzelte Sin. »Was?«
»Lore. Respektierst du seine Gefühle? Hältst du ihn für jemanden, der andere nur schwer durchschaut?«
»Ich habe seinem Urteil immer vertraut. Warum?«
»Weil er dich liebt. Und wenn er weiß, wie du wirklich bist …«
Sin verdrehte die Augen. »Bitte erspar mir das Psychogelaber und die aufmunternden Worte. Ich hab nicht vor, mich umzubringen oder so. Ich bin jetzt frei, und das Leben ist gut.«
»Ist Con ein Teil davon? Ein Teil deines guten Lebens?«
Schmetterlinge flatterten in Sins Magen. Das Gefühl war seltsam, hätte sie fast in Panik versetzt, aber es war zugleich auch merkwürdig … angenehm.
»Ich hab keine Ahnung, was du meinst.«
Tayla starrte Sin mit ausdrucksloser Miene an. »Ich bin weder blind noch dumm. Ich hab doch gesehen, wie du ausgeflippt bist, als er anbot, etwas Nettes für dich zu tun.«
»Das spielt keine Rolle. Er will mich nicht. Nicht so.«
»Für den ganzen Mist, den du mir erzählst, braucht man glatt
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