Demonica: Versuchung der Nacht (German Edition)
kniete sich vor sie und packte ihre Schultern, als wolle er sie durchschütteln. »O Mist. Sag mir jetzt nicht, dass ich dich zugrunde gerichtet habe, indem ich dich geliebt habe.«
»Es war meine Wahl. Es war die einzige Möglichkeit, zu Rami zu gelangen. Der einzige Weg, wie ich dich und Kynan retten konnte. Ich verfüge immer noch über meine Fähigkeiten, bis ich offiziell vorgeladen werde. Nur nicht mehr über den Status als Engel.«
»Verdammt«, flüsterte er. »Ich wusste doch, dass ich nicht mit dir hätte schlafen sollen. Du bist um so vieles besser als ich. Ich habe dich befleckt – «
Sie brachte ihn zum Schweigen, indem sie ihm einen Finger auf seine sündigen Lippen drückte. »Du hörst mir ja gar nicht zu. Und – nein, ich bin keineswegs besser als du. Begreifst du denn nicht, Lore? Du hast dich selbst für das bestraft, was du bist. Dafür, dass du deine Schwester so sehr liebst, dass du getan hast, was du für das Beste hieltest, auch wenn du es als Verrat ansahst. Du hast für deine Schwester alles gegeben, und jetzt ist es Zeit, einmal etwas für dich selbst zu nehmen. Nimm mich. Ich kann jetzt mit dir zusammen sein.« Er musste ja nicht wissen, dass »jetzt« vermutlich nur einige wenige Stunden dauern würde, ehe sie vor den Memitim-Rat zitiert … und wahrscheinlich vernichtet werden würde.
Er schluckte heftig. »Ist dir eigentlich klar, was du gerade gesagt hast, Engel? Dasselbe gilt auch für dich.«
Nur langsam begriff sie, was er meinte. Sie hatte sich Jahrhunderte lang wegen Rami bestraft, ihre ganze Kraft in ihre Schuld gesteckt. Sie hatte genau das getan, was sie Lore eben vorgeworfen hatte. Aber ihr Verrat war für ihren Bruder weitaus schlimmer gewesen, als der seine Sin gegenüber.
Sie schluckte kleinlaut. »Das ist nicht dasselbe.«
»Aber wie kannst du mir raten, mal etwas für mich zu tun, mir zu vergeben, wenn du selbst nicht dazu bereit bist?«
Er hatte recht. Beinahe wäre sie an ihrer eigenen Heuchelei erstickt. »Dann werde ich eben etwas für mich tun. Gleich nachdem wir uns um Rami gekümmert haben.«
»Beweise es. Verbinde dich mit mir«, platzte es aus ihm heraus. »Schwöre, für immer meine Gefährtin zu sein.«
Ihr Herz donnerte gegen ihren Brustkorb. So etwas hatte sie eigentlich nicht gemeint. Sie hatte eher an eine Kreuzfahrt in den Tropen oder ein größeres Haus gedacht. Sie schluckte trocken und warf einen Blick auf die Uhr neben dem Bett, einfach nur, weil sie es nicht fertigbrachte, Lore anzusehen. Sie fürchtete, er werde den Zweifel in ihrem Gesicht als Zurückweisung deuten – obwohl sie in Wahrheit doch immer noch keineswegs davon überzeugt war, etwas so Wunderbares verdient zu haben.
»Wir müssen gehen.« Ihre Stimme brach, und der Zweifel sickerte hervor.
»Ich weiß.« Er packte ihr Kinn und drehte ihr Gesicht wieder zu sich. »Ich will es, Idess. Ich sage dir immer wieder, dass ich selbstsüchtig bin, und das beweist es nur noch einmal. Ich kann mich mit niemandem verbinden, solange die Verbindung mit Deth besteht. Aber sobald wir deinen Bruder überwunden haben, werde ich frei sein. Wir werden hierher zurückkommen, und ich werde dich zu der Meinen machen. Für alle Zeit. Bitte sage nicht Nein.«
Vielleicht hatte sie es nicht verdient, aber er schon. Und sie konnte ihm einfach nichts abschlagen. »Ja«, wisperte sie. »Ich werde mich mit dir verbinden.« Sie lächelte und hoffte, er werde das Zittern ihrer Lippen nicht bemerken, denn vor ihnen lag definitiv keine Ewigkeit.
Zwei Uhr neunundfünfzig morgens, venezolanische Zeit.
Lore atmete tief ein und reichte Idess den Dolch.
»Bist du bereit?«
»Nein, gar nicht.« Sie packte den kleinen Beutel mit dem pulverisierten Mönchswein noch etwas fester. Sie hatte sich ohne Probleme in die Abtei und wieder hinausgeblitzt und hatte ihm gegenüber zugegeben, dass sie froh gewesen war, ihre Kräfte noch einmal erproben zu können. Sie wusste von Rami, dass verderbte Memitim ihre Fähigkeiten bis zu ihrer offiziellen Vorladung vor den Rat behielten, hatte diesbezüglich aber doch ihre Zweifel gehabt.
» Kannst du es tun?«
Als sie den Blick abwandte, stieg Furcht in ihm auf. Er verstand, dass es darum ging, ihren geliebten Bruder zu töten. Aber wenn sie es nicht taten, würde der Vertrag mit Deth bestehen bleiben, und Lore befände sich wiederum in der Zwickmühle, sich zwischen Kynan und Sin entscheiden zu müssen.
Obwohl … sollte sich Idess tatsächlich ins Unglück gestürzt haben,
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