Demonica: Versuchung der Nacht (German Edition)
vorher.
Ein tintenschwarzer Wind heulte in einer dunklen Kaverne am Ende der Kammer auf. Der Boden unter Idess’ Füßen grollte und bebte. Der Wind schlängelte sich in einer wabernden Wolke übel riechenden Rauchs aus der Öffnung und wirbelte um sie herum; sein Brüllen vermischte sich mit dem Lärm und Geschrei der gequälten Dämonenseelen. Idess hielt sich die Ohren zu, doch innerhalb von Sekunden war der grauenhafte Lärm vorbei. Die Seelen waren verschwunden.
Lieber Gott . Rami hatte sie vernichtet. Er besaß die Macht, Seelen zu vernichten. Genau wie ihr Vater.
»Jetzt«, knurrte er, »wirst du zusehen, wie dein Geliebter einen langsamen Tod stirbt.« Mit einem Satz rammte er Lore die Faust gegen den Hals. Die Wucht des Aufpralls riss Lore das Schwert aus der Hand und schleuderte ihn gegen die Wand. Sein Schädel krachte mit einem dumpfen Laut gegen den Stein, und er sank langsam zu einem Haufen am Boden zusammen.
»Lore!« Idess rannte auf ihn zu, doch Rami kam ihr zuvor. Er senkte das Schwert und hielt erst inne, als die Schwertspitze Lores Hals ritzte. Blut lief in einem kleinen Rinnsal seine Kehle hinunter.
»Hast du dich von ihm genährt, als du ihn gefickt hast?«, fragte Rami. »Kannst du seine Todesangst spüren? Wirst du seinen Schmerz spüren?« Er leckte sich über die Lippen, als ob er den Vorgeschmack auf Lores Tod bereits auf der Zunge spüren konnte.
Lore blickte trotzig zu ihm auf, während Idess die Armbrust hob.
»Tu das nicht!« Sie trat auf ihn zu und wünschte nur, dass ihre Knie nicht zittern würden, genau wie ihre Stimme. »Ich werde dich töten!«
Rami lachte. »Ich habe bereits gesiegt. Du hast deine Reinheit verfickt und kannst nicht aszendieren. Ich siege. «
Er zwinkerte ihr zu, holte aus und ließ das Schwert mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung hinabsausen. Idess schrie auf und betätigte den Abzug.
Rami brüllte, als der Bolzen seinen Brustkorb direkt unter der Achselhöhle durchschlug und auf der anderen Seite wieder austrat. Durch den Stoß, den der Bolzen Rami versetzte, setzte das Schwert seinen Weg nach unten mit neuer Kraft fort. Was dann geschah, schien sich in Zeitlupe abzuspielen. Idess sah zu, wie Lore versuchte, die Klinge abzuwehren. Dann das Geräusch von Metall, das auf Fleisch und Knochen traf, während sich das Schwert in seinen Unterarm grub. Blut spritzte, doch Lore zauderte nicht. Mit einem Satz war er auf den Füßen und rammte Rami die Faust ins Gesicht.
Rami wich Lores Angriff mit einer raschen Bewegung aus. Das Schwert hielt er immer noch fest umklammert. Über seine Flanken rannen gleich große Ströme aus Blut. Seine glasigen, entsetzten Augen wanderten zu Idess. »Du hast … auf mich geschossen.« Ungläubig klang seine Stimme und so wund und gurgelnd wie die Verletzungen in seinen Rippen.
Sie schob den zweiten Bolzen in die Kammer. »Und ich werde es noch einmal tun, Rami. Sag mir, wo Rade ist.«
Ein Lächeln verzerrte seine Lippen – die einzige Vorwarnung, ehe er das Schwert schwang. Lore wich vor seinem Angriff zurück, und Schmerz brannte in Idess’ Herz auf, als sie den zweiten Schuss abfeuerte. Der Bolzen landete in Ramis Wirbelsäule, mitten zwischen den Schulterblättern. Sein gequälter Todesschrei war wie Säure in ihren Ohren, und sie stieß ein Schluchzen aus, als sie sah, wie er gegen Lore taumelte.
»Miststück«, krächzte er. Seine Hand fuhr schneller hervor, als sie es angesichts seiner Verletzungen für möglich gehalten hätte, und schloss sich um Lores Kehle.
Lore knurrte und hämmerte seine Faust mit brutaler Effektivität durch das Bolzenschussloch in Ramis Seite. Rami schrie auf und zuckte, als hätte er einen Stromschlag erhalten. Dann sackte er zu Boden. Bebend und zuckend blieb er auf dem Rücken liegen, mit weit aufgerissenen Augen sog er mühsam die Luft ein, während Lore ihm das Schwert aus der Hand wand.
Lieber Gott, sie wusste ja, dass Rami korrupt war, dass er längst nicht mehr der warme, fürsorgliche Bruder war, den sie geliebt hatte. Aber als er dort gebrochen und blutend lag, die Augen starr vor Schmerz, sah sie lediglich den Bruder, der sie getröstet hatte, als ihre menschlichen Eltern gestorben waren, den Bruder, mit dem sie Seite an Seite gegen Dämonen gekämpft hatte.
»Rami, bitte. Es ist immer noch Zeit, das Richtige zu tun.« Sie ging neben ihm auf die Knie. »Es steckt immer noch Gutes in dir, das weiß ich genau. Wo ist das Kind? Sag uns, was du mit ihm getan hast.«
Langsam
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