Demonica: Versuchung der Nacht (German Edition)
blickte auf das Baby hinab, das ruhig in seinem Arm lag und mit großen braunen Augen zu ihm aufsah. Er verspürte eine Art Sehnsucht, so deutlich wie einen Stich ins Herz. Konnte Idess Kinder haben? Wollte sie überhaupt Kinder?
Shade hatte Lore gesagt, dass die Nachkommen eines Menschen und eines Seminus steril seien, aber wenn Idess Kinder wollte, würde Lore Himmel und Erde in Bewegung setzen, damit sie welche bekam. »Ist Idess schon wieder da?«
»Hab sie nicht gesehen.« Eidolon überprüfte Rades Temperatur mit so einem Ohrthermometerdingens. »Sieht gut aus. Ich werde mal sehen, wo Shade bleibt.«
Lore war sich nicht sicher, wie lange er dort allein mit Rade saß, ihn wiegte und mit dieser idiotischen Babystimme auf ihn einflüsterte, bis Shade und Runa mit ihren anderen beiden Söhnen ankamen. Sie kamen ins Zimmer gerannt, und gleich hinter ihnen Tayla und Eidolon, gefolgt von Wraith und Serena.
Es war beinahe einen Monat her, seit er Wraiths Gefährtin zuletzt gesehen hatte, als sie dem Tode nahe auf einem Bett gelegen hatte. Jetzt hielt die umwerfende große Blondine ein kleines Baby auf dem Arm.
Lore stand auf und überreichte Runa, die so heftig weinte, dass er kein Wort von dem verstand, was sie zu ihm sagte ihr Kind. Er tat sein Bestes, um nach Möglichkeit mit dem Hintergrund zu verschmelzen, als er sich von der Ansammlung entfernte, bis er rücklings gegen einen harten Körper stieß. Er wusste, wer es war, noch ehe er sich umdrehte.
Kynan. Gem stand neben ihm und hielt seine Hand.
Einen langen Augenblick starrten sie einander nur an. Und dann umarmte Gem ihn. Fiel ihm einfach um den Hals, wofür er vor einem Monat noch glatt getötet hätte. Jetzt war das Einzige, was er sich wünschte, dass Idess da wäre und dasselbe täte. Wo war sie nur?
»Danke.« Gem ließ ihn los und trat zu Kynan zurück. »Du hast Rade gerettet, und ich glaube, dafür können wir dir gar nicht genug danken.«
Es war Sin, die diesen Dank verdient hatte, aber er hatte nicht vor, die glückliche Wiedervereinigung zu ruinieren, indem er ihnen von Sins Opfer berichtete. Stattdessen ließ er lieber noch eine Spitze gegen seinen früheren Rivalen los. »Kynan hab ich auch gerettet, weißt du.«
»Ja klar«, sagte Kynan gedehnt, »aber lass uns doch versuchen, keine große Sache daraus zu machen.«
»Oh, dabei habe ich fest vor, dich gelegentlich daran zu erinnern. Sprich, bei jeder sich bietenden Gelegenheit.« Lore lachte über Kynans Fluch. »Gratuliere übrigens zur neuen Brut.«
»Hey«, sagte Gem, »das war besser, als das, was Wraith gesagt hat.« Sie senkte die Stimme und imitierte Wraith. »Echt cool, das mit eurer Fick-Trophäe.«
Kynan verdrehte die Augen. »Dieser Dämon versteht es, mit Worten umzugehen.« Er nahm Gems Hand und klopfte Lore auf den Rücken. »Danke, Mann.«
Die Party in Rades Zimmer gelangte zu einem neuen Höhepunkt, als Ky und Gem dazukamen. Lores Brüder wirkten alle so glücklich, ihre Gefährtinnen grinsten über beide Ohren und hielten einander umschlungen. Es war eine Szene wie aus einem verdammten Film oder so, voll mit Lachen, Erinnerungen und ein paar gutmütigen Beleidigungen.
Lore gehörte hier so was von nicht hin.
Außerdem musste er sowieso Idess finden. Er machte sich auf den Weg zum Höllentor, als plötzlich die Türen zur Notaufnahme aufglitten und Idess hinein- und direkt in seine Arme stürzte.
Lore hob sie hoch und drückte sie fest an sich, mit dem stillen Versprechen, dass er sie nie wieder würde gehen lassen. »Wo warst du nur? Geht’s dir gut? Wo ist Roag?«
»Später.« Sie drückte ihm einen verzweifelten Kuss auf den Mund, der ihn sofort auf Touren brachte. »Hast du … ?«
»Ja, Rade war noch am Leben.« Er stellte sie endlich wieder auf den Boden. »Es geht ihm gut.«
»Da bin ich aber froh.« Sie klang erleichtert, aber in ihrer Stimme lag ein seltsamer Unterton, den er nicht zu deuten wusste.
Mit gerunzelter Stirn strich er ihr eine eigensinnige Haarsträhne hinters Ohr. »Was ist los? Was verschweigst du mir?«
Ihre Hand legte sich in einer zärtlichen Geste auf seine Wange. »Gar nichts. Es war einfach nur ein langer Tag.«
Rami. Gott, er war so ein Idiot. Der Kerl mochte ja ein Ungeheuer gewesen sein, aber er war trotzdem immer noch ihr Bruder, und sie hatte ihn zweitausend Jahre lang geliebt. Es wäre wohl dumm zu erwarten, dass es ihr blendend ging, nur wenige Stunden nach seinem Tod und nachdem sie gerade erst erfahren hatte, was aus ihm
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