Demonica: Versuchung der Nacht (German Edition)
ausgeschlossen hatte, konnte er allerdings lange warten. Eidolon hatte nur getan, was getan werden musste, um seine Familie intakt zu halten. »Möchtest du vielleicht erklären, warum Idess uns über euer kleines Treffen informieren musste?«
»Das spielt keine Rolle. Wir müssen sie finden«, sagte E. »Bevor sie Lore tötet.«
»Scheiß drauf«, knurrte Shade. »Ich bin dafür, wir lassen sie einfach machen.«
»Er ist unser Bruder, Shade.«
»Genau wie Ky«, entgegnete Shade scharf. »In ihm fließt vielleicht nicht das gleiche Blut, und er gehört noch nicht mal der richtigen Spezies an, aber er hat sein Leben dahingegeben, um uns zu retten – uns, unsere Familien und diesen ganzen beschissenen Planeten. Und über Lore wissen wir so gut wie gar nichts, außer, dass er versucht hat, uns umzubringen.«
Eidolon starrte ihn ungläubig an. »Ich stimme dir zu, was Kynan betrifft. Aber meinst du den Rest ernst? Dir ist es egal, ob Lore stirbt?«
»Besser er als Ky«, stieß Wraith aus.
»Wir kriegen das hin.« Eidolons Blick wanderte zwischen Wraith und Shade hin und her. »Wir müssen ihm eine Chance geben.«
Shade stieß einen Laut des Widerwillens aus. »So wie bei Roag? Eine Chance nach der anderen?«
Bei den Göttern, er hatte es so satt, immer wieder über Roag zu sprechen. Ja, das hatte Eidolon gründlich vermasselt, aber wie oft sollte er sich denn dafür noch entschuldigen? »Das werdet ihr mich nie vergessen lassen, oder?«
» Vergessen? «, fragte Shade ungläubig. »Ich habe Skulk verloren, nur weil du nicht aufhören konntest, Roag immer wieder eine neue Chance zu geben. ›Er ist unser Bruder‹ – dashabenwir schon viel zu oft gehört. Scheiß drauf, E. Wenn wir uns gleich um ihn gekümmert hätten, würde Skulk heute noch leben.«
Skulk war eine Umbra-Dämonin und Shades Schwester gewesen, und sie hatten einander sehr nahe gestanden. So nahe, dass sie als Sanitäterin im UG arbeitete, nur damit Shade sie im Auge behalten konnte. Eidolon vermisste sie, und sein Schuldbewusstsein drückte ihm jeden Tag aufs Neue das Herz ab, wegen der unbeabsichtigten Rolle, die er bei ihrem Tod gespielt hatte.
»Und du hättest weder Gefährtin noch Kinder, wenn Roag nicht wäre.« Das hätte er lieber nicht sagen sollen, und das wusste Eidolon selbst. Wusste es in dem Augenblick, in dem Shades Faust sein Kinn traf.
Eidolons Kopf prallte zurück, und Schmerz schoss durch sein Gesicht und fachte seine eigene Wut an. Er erwiderte das Feuer mit einer Wucht, hinter der sein gesamtes Körpergewicht lag. Ein Krachen ertönte, und aus Shades Nase sprühte Blut. Das Schwarze in Shades Augen wurde durch Karminrot ersetzt, zweifellos genau wie bei E, und jetzt ging es wirklich los.
Sie prallten mit der Wucht zweier Stiere aufeinander. Wie aus weiter Ferne hörte Eidolon Möbel zerbrechen und Bilder von der Wand fallen, und dann das Krachen des Fernsehers.
Sie landeten auf dem Boden, wo sie wie von Sinnen aufeinander einprügelten. In diesem Kampf kam es nur darauf an, wer dem anderen die meisten Schmerzen zufügen konnte – etwas, das E und Shade noch nie getan hatten.
So was lief für gewöhnlich zwischen Wraith und Shade ab.
Ein besonders harter Schlag gegen seinen Kopf ließ Eidolon Sterne sehen und Glocken hören. Mit wütendem Knurren rammte er Shade sein Knie in den Unterleib. Shade schlug Eidolons Kopf gnadenlos auf den Boden, bis Eidolons Wut eine vollkommen neue Ebene erreichte.
»Hört auf!« Tayla riss sie auseinander und schubste Shade mit solcher Wucht, dass er nach hinten taumelte und über die Couchlehne stürzte. Dann wandte sie sich Wraith zu, der mit verschränkten Armen und lässig gekreuzten Fußknöcheln im Türrahmen lehnte.
»Vielen Dank für die Hilfe, Idiot. Du konntest natürlich nicht eingreifen und dem Ganzen ein Ende setzen, nein, da musste erst ich kommen.«
»Ein Ende setzen?« Wraith zeigte mit dem Daumen in Richtung Küche. »Hey, ich wollte mir gerade Popcorn machen und die Show so richtig genießen.«
Shade kam hinter der Couch hervor, bereit, sich erneut in den Kampf zu stürzen. Wieder stellte sich Tayla zwischen die beiden. Sie sah so wild und entschlossen aus, wie sie in leicht gebeugter Haltung darauf wartete, dass sich Shade rührte – E musste sich ein Lächeln verkneifen.
Sobald seine Brüder die Wohnung verlassen hatten, würde er sie lieben. Doch in diesem Augenblick konnte er nicht zulassen, dass sie seine Schlacht für ihn ausfocht. Sanft drückte er ihre
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