Demonica: Versuchung der Nacht (German Edition)
wenn sich ihr Primori in tödlicher Gefahr befand, sodass sie gezwungen war, sich zu blitzen – oder aber per Höllentor. Doch natürlich hatte auch das einen Haken. Sie konnte ein Höllentor nur dann benutzen, wenn sie mit einem Dämon unterwegs war, da kein göttliches Wesen die Steuerungselemente zu bedienen vermochte.
Also würde Lore sie dorthin bringen. Aber sollte er während ihres Aufenthalts dort getötet werden oder das Bewusstsein verlieren, würde sie aus Sheoul nicht mehr wegkommen. Und wenn die Gilde einem Maltranseo -Vertrag unterlag, war es keinem göttlichen Wesen außer Gott selbst möglich, ihr Hauptquartier zu betreten.
Aber zunächst einmal hatten Idess und Lore sein Haus aufgesucht, damit er sich duschen und umziehen konnte. Danach hatte er sich von Kopf bis Fuß – die Hände eingeschlossen – in schwarzes Leder gekleidet und sie durch das Höllentor in eine feuchte, von Höhlen durchzogene Gegend von Sheoul gebracht, dessen schwammartiger Untergrund bei jedem Schritt knurrte und blutete. Eine Art bleiches Licht erhellte diesen Ort, dessen Quelle sie allerdings nicht ausfindig machen konnte. Das Einzige, was sie sicher wusste, war, dass dieses Licht etwas mit ihren Schatten anstellte, sodass diese sich bewegten, wenn Idess und Lore stillstanden, und regungslos verharrten, sobald sich Idess oder Lore bewegten.
Idess ignorierte das leichte Jucken in den Schulterblättern, beschwor eine Sense herauf und hielt sie fest umklammert, als sie sich nun ihren Weg zwischen Felsbrocken und Dornenranken hindurch bahnten, die sich um ihre Knöchel festzogen, wenn sie ihnen zu nahe kamen.
»Bist du immer noch sicher, dass du das tun willst?« Lore sprach laut, damit sie ihn über den Lärm der wütenden Erde hinweg hören konnte. »Es gibt wohl niemanden in Sheoul, der sich nicht gern den Kopf eines Engels über den Kamin hängen würde. Hier unten fällst du auf wie … ja, wie ein Engel in der Hölle. Du … glühst geradezu vor Güte. Dir fehlt nur noch ein verdammter Heiligenschein, damit auch die allerdämlichsten Dämonen erkennen, was du bist.«
»Ich kann mich sehr gut um mich selbst kümmern, weißt du.«
Er wackelte mit den Augenbrauen. »Aber ich kann das noch viel besser.«
Oh, sie wusste aus eigener Erfahrung, wie gut er sich um sie kümmern konnte. Als sie sich unwillkürlich an seine magischen Finger erinnerte und daran, welche Wunder sie zwischen ihren Beinen vollbracht hatten, erhitzte sich ihr Körper gleich wieder. Sie räusperte sich. »Erzähl mir lieber, womit ich es bei der Gilde zu tun habe.«
»Du wirst ein Blutopfer darbringen müssen.« Er erstarrte – die einzige Warnung, ehe sie etwas Schuppiges von der Größe eines Waschbären mit mehreren Reihen massiver Zähne von einem Felsvorsprung aus ansprang. Lore fing es mit Leichtigkeit mitten im Flug auf, ohne den schnappenden Kiefern zu nahe zu kommen … und dann fiel das Ding auch schon tot zu Boden.
Eindrucksvoll. Und ein bisschen gruselig.
»Wie hast du das denn gemacht?«
Er öffnete und schloss seine Hand ein paarmal und antwortete ihr, ohne den Blick von der Umgebung zu lösen. »Wenn es sein muss, funktioniert es sogar durch das Leder hindurch.«
»Oh.« Sie trat über die immer noch zuckende tote Kreatur hinweg, ein wenig erschüttert, nachdem sie jetzt zum ersten Mal eine Demonstration von Lores Gabe miterlebt hatte. Sie hätte nicht gedacht, dass es so … schnell ging. »Also, äh … bist du schon so auf die Welt gekommen?«
»Nein.« Während er weiterging, suchten seine Augen immerzu die Umgebung nach Gefahren ab. »Die Fähigkeit kam zusammen mit meinem Dermoire , als ich zwanzig war. Die Erste, die ich berührte, war Sin, und der hat es nichts ausgemacht. Die zweite Person ist auf der Stelle tot umgefallen. Ich dachte, es wäre ein Herzinfarkt oder so. Nicht, dass es mich interessiert hätte. Ich war zu dieser Zeit voll durch den Wind.«
»Durch den Wind?«
Er blieb stehen; seine schwarzen Augen durchforschten die Umgebung, während sich die Härchen in ihrem Nacken aufrichteten. »Zusammen mit dem Dermoire kamen unbezähmbare Lust und diese Wutanfälle.« Er ging weiter, als wäre nichts gewesen.
»Und das alles passierte auf einmal?«
»O ja.« Seine Stimme klang barsch. »Sin und ich haben nach dem Tod unserer Großeltern noch ein Jahr zusammen in deren Haus gewohnt. Eines Morgens bekamen wir schreckliche Schmerzen. Das ging stundenlang so. Als es vorbei war, hatten wir neue Tattoos, und ich
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