Demor - Einfach bösartig (German Edition)
Frust darüber auszuleben. Das sollte dir ein Zeichen dafür sein, wie gut gelaunt ich derzeit bin. Stelle meine Stimmung nicht auf die Probe.«
Wurmspin fuhr zusammen. Rüsselschlotternd verbeugte er sich. »Gewiss, mein Herr. Welche Vorbereitungen sollen getroffen werden?«
»Ich breche sofort auf, Zeit können andere vergeuden. Und dann wundern solche Leute sich, weil sie es nie zu Größe bringen.«
Ein Quieken entschlüpfte dem behaarten Tier. Es wirkte sichtlich geschockt, dass sein Herr es so eilig hatte. Doch was gab es auch für Vorkehrungen zu treffen? Alles, was er benötigte, trug er bei sich.
»Braucht Ihr Schergen? Eine Armee oder wenigstens eine kampfbereite Truppe? Ich mache mir Sorgen um Euch!«
»Wir ziehen nicht in den Krieg – noch nicht –, ich suche Antworten. Ich habe dieses Ungleichgewicht der Mächte satt. Immer siegt das Gute. Die Dinge werden sich ändern.«
Voller Tatendrang erhob sich der Lich. Er ließ die Schulter hörbar kreisen, renkte die Halswirbel aus ihrer Erstarrung und hob den Stab in Schräghaltung vor seinen Körper, bereit, einen epischen Kampf anzutreten. Dann ging er die Stufen seines Thrones hinab, dem Ausgang entgegen.
Aber vor den fünf Gängen, die aus der Halle führten, hielt er inne. Es war ihm peinlich, allerdings hauste er jetzt schon so viele Jahrhunderte hier unten, dass er den Ausgang aus seinem eigenen Tempellabyrinth nicht kannte. »Welcher Weg ist es?«
Zögerlich wies ihm Wurmspin mit dem Rüssel die Richtung.
Es war dunkler, als Demor es erwartet hatte, und die nasskalte Luft trug nicht zur Verbesserung seines Hustenleidens bei.
Wo befand sich dieser verflixte Ausgang? Sein Erinnerungsvermögen schien sich nach und nach verabschiedet zu haben. Vermutlich hing es mit den zahlreichen Auferstehungen zusammen – ein weiterer Grund, etwas zu verändern.
Das Tunnelsystem, so souverän und kunstvoll es die Ka’ia auch errichtet hatten, wirkte fremd und endlos. Selbstverständlich, so sollte es ja auch sein. Allerdings hatten seine nichtsnutzigen Diener vergessen, Markierungen entlang des Weges einzukerben. Immerhin spielte Zeit in seinem Leben – meistens – eine untergeordnete Rolle.
Ein schweres Grollen erklang aus einem der Seitengänge.
Demor erzitterte.
Ist ja unheimlich. Er verwarf den Gedanken jedoch sofort und kicherte in sich hinein. In die Richtung des Geräusches durfte er nicht gehen. Das wäre der falsche Weg, der ihn direkt zu seinem liebevollen Haustier führte. – Aber was war der richtige Weg? Unsicher tastend ging er weiter und schaute verloren in die Gänge, die alle im Dunkeln endeten.
Ein Schaben drang an seinen Gehörgang und geistesgegenwärtig ließ er sich zu Boden plumpsen. Im selben Moment rauschte eine Klinge, so breit wie die Handfläche eines Riesen, über ihn hinweg.
Erneut hatte er eine dieser unzähligen Fallen ausgelöst. Fluchend wischte er sich den Schmutz von der Kleidung und setzte den eingeschlagenen Weg fort. Er befand sich ganz allein in diesem Labyrinth und nur vereinzelte Wassertropfen, die von der Decke fielen, begleiteten ihn mit ihrem Gesang.
Nach einer Biegung spähte er in die Finsternis des nächsten Gangs. Dicht an die Wand gedrängt tippelte eine Ratte auf ihn zu. Demor verharrte still, und als sie sich vor seinen Füßen befand, trat er zu. Das Fiepsen dauerte zu kurz, um es richtig wahrzunehmen. Nur der Schwanz ruderte noch einige Momente und sank endlich nieder.
Aber Demor war nicht umsonst Herr über Leben und Tod. Nach einem Zauberspruch rannte der wiedererweckte Nager unbeirrt weiter. An seinen Stab gelehnt spähte Demor ihm nach und rieb sich dabei vergnügt die Hände.
Doch im nächsten Moment beanspruchte etwas anderes seine Aufmerksamkeit. Er hielt die Nasenhöhle nach oben und trotz des Mundschutzes konnte er es riechen: Ein leichter Brandgeruch lag in der Luft. Ein Schnaufen prallte von Wänden, Boden und Decke an sein Gehör. Um Gewissheit zu erlangen, schaute er genauer in den Gang. Ganz tief, an seinem Ende, wurde es heller. Deutlich heller – und es wuchs.
Demor schluckte einen kalten Klumpen hinunter, der seine Glieder mit einem eisigen Schauer überzog. Kein Wesen auf Fantastika fürchtete er, aber dieses, welches er selbst erschaffen hatte, war ihm gewissermaßen entglitten. Es war nicht die Angst, die ihn packte, vielmehr die Ehrfurcht vor seiner eigenen Kreation – dem fleischfressenden Stier. Um nichts in der Welt wollte er ihn zerstören, aber wer ihn sah, um
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