Den du nicht siehst
Dienstausweis. Lindhs Augen waren rot, sein Blick verzweifelt.
»Wo kann sie sein? Haben Sie etwas gehört?«, fragte er grußlos.
»Wir sollten uns zuerst einmal setzen und über alles reden«, sagte Knutas, ging ins Wohnzimmer am Ende des Flures und nahm auf dem geblümten Dreiersofa Platz, ohne sich Schuhe oder Jacke auszuziehen. Er nahm sein Notizbuch aus der Tasche.
»Wann haben Sie bemerkt, dass Frida nicht nach Hause gekommen ist?«
»Heute Morgen gegen acht, als Svante mich geweckt hat. Unser Zweijähriger, wissen Sie.«
Er setzte sich dem Kommissar gegenüber in einen Korbsessel.
»Die Kinder sind jetzt bei meinen Eltern. Ich wollte sie nicht hier haben, weil ich mir solche Sorgen mache. Wir haben noch zwei, ein Mädchen von fünf, und einen Jungen von vier.«
»Was haben Sie dann gemacht?«
»Ich habe versucht, sie auf ihrem Mobiltelefon anzurufen, aber da ging niemand dran. Dann habe ich es bei ihren Freundinnen versucht – keine wusste etwas. Schließlich hab ich mich an die Polizei gewandt. Danach bin ich zum Munckällaren gefahren, den Weg, den auch Frida hätte nehmen müssen, aber ich habe nichts gesehen.«
»Haben Sie mit Fridas Eltern oder anderen Familienangehörigen gesprochen?«
»Sie kommt aus Stockholm. Da wohnen ihre Eltern und ihre Geschwister. Aber sie haben so gut wie keinen Kontakt. Frida und ihre Eltern, meine ich. Deshalb hab ich nicht mit ihnen gesprochen. Ihre Schwester wollte ich nicht anrufen, um sie nicht unnötig zu beunruhigen.«
»Wo wohnen Ihre Eltern?«
»Draußen in Site. Sie haben vor ein paar Stunden die Kinder bei mir abgeholt.«
»Wie lange leben Sie schon hier?«
»Erst knapp ein Jahr. Vorher haben wir in Stockholm gewohnt. Wir sind vorigen Sommer hergezogen. Ich bin hier geboren und aufgewachsen, und meine ganze Verwandtschaft lebt auf Gotland.«
»Wie war Frida, als sie das Haus verlassen hat? Ich meine, wie war ihre Stimmung?«
»Wie immer. Munter, erwartungsvoll. Sie hatte sich richtig zurechtgemacht. Sie freut sich so darüber, dass sie Freundinnen gefunden hat. Ja, und mir geht es doch genauso. Die erste Zeit, die wir hier gewohnt haben, war wirklich nicht leicht für sie.«
»Ich verstehe. Sie müssen die Frage verzeihen, aber wie läuft es mit Ihnen und Frida? Mit Ihrer Beziehung, meine ich.«
Stefan Lindh rutschte unruhig hin und her. Er hatte ein Bein über das andere geschlagen. Er setzte sich anders hin und wurde ein wenig rot.
»Doch, es läuft ziemlich gut. Natürlich ist es oft sehr anstrengend. Bei drei Kindern hat man immer alle Hände voll zu tun. Da bleibt dann nur wenig Zeit für anderes. Bei uns ist es wohl wie bei den meisten Leuten. Wir haben keine ernsthaften Probleme. Man schwebt aber auch nicht auf Wolken.«
»Hatten Sie in letzter Zeit Streit oder Meinungsverschiedenheiten?«
»Nein, im Gegenteil. Ich finde, dass wir uns in letzter Zeit ungewöhnlich gut verstanden haben. Die erste Zeit nach dem Umzug war hart. Jetzt aber scheint Frida sich wohl zu fühlen. Den Kindern geht es gut, sie finden den Kindergarten toll.«
»Ist in letzter Zeit irgendetwas Ungewöhnliches passiert? Gab es seltsame Anrufe, oder hat Ihre Frau irgendwelche neuen Bekanntschaften geschlossen? Bei der Arbeit vielleicht.«
»Nein«, sagte Stefan Lindh zögernd und runzelte die Stirn. »Auf Anhieb fällt mir da jedenfalls nichts ein.«
»Was ist sie von Beruf?«
»Sie ist Friseurin, sie arbeitet in dem Salon im Östercentrum, gegenüber vom Obs.«
»Dann lernt sie doch ständig neue Menschen kennen. Sie hat nicht zufällig irgendwelche Kunden erwähnt, die sich in letzter Zeit seltsam verhalten haben?«
»Nein, natürlich erzählt sie von vielen komischen Leuten. Aber in letzter Zeit ist wirklich nichts Besonderes passiert.«
»Ich hab gesehen, dass Sie hier eine Alarmanlage installiert haben. Warum?«
»Das wollte Frida so, als wir hier eingezogen sind. Sie hat im Dunkeln Angst und fühlt sich sonst hier im Haus nicht sicher. Ich bin beruflich häufig verreist, oft mehrere Tage am Stück. Und seit wir die Alarmanlage haben, ist Frida dann viel ruhiger.«
Knutas reichte ihm seine Visitenkarte.
»Wenn Frida nach Hause kommt oder von sich hören lässt, dann rufen Sie mich sofort an. Per Mobiltelefon bin ich immer erreichbar. Das ist rund um die Uhr eingeschaltet.«
»Was werden Sie jetzt unternehmen?«, fragte Stefan Lindh.
»Suchen«, sagte Knutas und stand auf.
Knutas fuhr auf direktem Weg zum Präsidium zurück. Auch die anderen
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