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Den du nicht siehst

Den du nicht siehst

Titel: Den du nicht siehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Jungstedt
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stecken.

 
     
     
     
    Knutas’ Blick füllte sich mit Zärtlichkeit, als er seine Frau ansah. Er streichelte ihre sonnengebräunte sommersprossige Wange. Er hatte noch nie einen Menschen mit so vielen Sommersprossen gesehen, und er liebte jede einzelne. Die Sonne hatte den Boden schon so weit erwärmt, dass die Kinder barfuß herumlaufen konnten. Der Tisch war mit dem geblümten Sommerservice gedeckt, die Servietten steckten dekorativ in den Gläsern, und das Besteck funkelte. In Porzellankrügen standen Sommerwiesenblumen. Margeriten, Butterblumen, Steinbrech und feuerroter Mohn. Der Hering war auf Schüsseln verteilt, in Senf eingelegter, in Schnaps eingelegter, Matjes und Knutas’ eigener, in Sherry eingelegter, der süß auf der Zunge brannte. In den tiefen Schüsseln, die Line eben auf den Tisch gestellt hatte, dampften Kartoffeln. Mehlig und weiß, bestreut mit grünen Dillzweigen, die den süßen Sommergeschmack noch betonten.
    Der Brotkorb war gefüllt mit Knäckebrot aller Art und dem berühmten Flachbrot seiner Mutter, das Käufer vom Festland nach Gotland locken konnte. Es war nämlich nur auf dem Hof seiner Eltern in Kappelshamn erhältlich.
    Knutas schaute hinaus auf den Garten, wo die Gäste den Mittsommerbaum schmückten, der hoch und stattlich mitten auf der Rasenfläche thronte. Die Kinder halfen eifrig dabei.
    Seine Schwester und sein Bruder waren mit ihren Familien gekommen. Ebenso seine Eltern und Schwiegereltern sowie einige Nachbarn und gute Freunde. Knutas und Line gaben zu Mittsommer immer ein Fest in ihrem Ferienhaus.
    Etwas kitzelte seine Hand. Ein Marienkäfer steuerte sein Handgelenk an. Er wischte ihn weg. Die Mittsommerfeier verhieß eine dringend nötige Ablenkung von den Ermittlungen. Sie traten auf der Stelle. Es war frustrierend, dass sie nicht weiterkamen, während der Mörder vielleicht gerade sein nächstes Opfer aussuchte. Wir müssten tiefer in der Vergangenheit graben, überlegte Knutas. Er hatte mit Kihlgård darüber gesprochen. Doch der war davon überzeugt, dass die Frauen den Mörder erst kurze Zeit gekannt hatten. Er konnte diese These natürlich nicht beweisen. Hatte keine handfesten Argumente. Im Gegenzug ließ es der Kollege vom Landeskriminalamt aber nicht an Kritik mangeln, was die Arbeit der Polizei in Visby betraf. Kihlgård missfiel alles, von Routinevorgängen über Knutas’ Ermittlungsleitung bis zu ihren Verhörtechniken. Er hatte sich sogar darüber beklagt, dass die Automaten im Polizeigebäude zu schwachen Kaffee lieferten. Scheißegal. Jetzt mussten sie sich auf die Jagd nach dem Mörder konzentrieren. Nur heute nicht. Er brauchte diese Pause. Einige Stunden netten Zusammenseins mit Freunden und der Familie. Er wollte sich einen antrinken. Die Ermittlungen mussten bis morgen warten. Dann würde er Order geben, die Vergangenheit der Opfer weiter zurückzuverfolgen.
    Unruhe flackerte in ihm auf, legte sich aber, als seine Frau die beschlagenen Glasflaschen mit dem eiskalten Schnaps auftrug und über den Tisch verteilte. Sein Magen knurrte. Er schnitt sich ein Stück gut gelagerten Västerbottenkäse ab, steckte ihn in den Mund und betätigte die alte Kuhglocke.
    »Zu Tisch«, rief er.
    Als die Gäste sich bedient hatten, wurden die Schnapsgläser erhoben, und Knutas hieß alle willkommen. Sie stießen auf den Sommer an.
    Als Knutas sein Glas zum Mund führte, klingelte das Mobiltelefon in seiner Jackentasche. Zögernd ließ er den Arm sinken.
    Verdammt noch mal, doch nicht zu diesem Zeitpunkt, mitten am Mittsommerabend, dachte er wütend.

 
     
     
     
    Sein Ferienhaus lag oben in Lickershamn im nordwestlichen Teil Gotlands. Die ermordete Gunilla Olsson hatte in När im Südosten gelebt. Knutas würde mindestens anderthalb Stunden für die Fahrt dorthin brauchen.
    Es war kurz nach ein Uhr mittags, und sie erlebten den heißesten Mittsommertag seit vielen Jahren. Das Thermometer zeigte neunundzwanzig Grad. Unterwegs las er in Tingstäde Karin Jacobsson und Martin Kihlgård auf. Karin hatte Kihlgård zum Mittsommerfest ihrer Familie eingeladen.
    Die übrigen Kollegen vom Landeskriminalamt waren über das Wochenende nach Stockholm gefahren. Kihlgård hatte unbedingt auf der Insel bleiben wollen. Es könnte ja etwas geschehen.
    »Das war genau das, was wir gebraucht haben«, erklärte er im Auto, während die blühende Sommerlandschaft an ihnen vorbeirauschte. »Es musste etwas passieren, damit wir weiterkommen. Wir hatten uns vollständig

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