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Den ersten Stein

Den ersten Stein

Titel: Den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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die unter dem System nicht schlecht fuhren, ertranken im Papierkram. Bei den Tempeln wurden die Transfers durch bürokratische
     Gleichgültigkeit verzögert, während ausgeklügelte Sicherheitsmaßnahmen und Aufzeichnungsverpflichtungen bedeuteten, dass viele
     Zahlungen die Moscheen überhaupt nichterreichten. War man ein alter Atheist, der versuchte, sich seine durch Beiträge erworbene Rente auszahlen zu lassen, gab es
     für ganz Manhattan nur ein einziges Büro mit zwei Angestellten und einem Wartezimmer, das gefährlich über den East River hinaushing.
     Kein Wunder, dass die meisten Leute sich als Christen bezeichneten, wie immer es in Wirklichkeit auch mit ihnen stehen mochte.
    »Wollen Sie, dass ich über meinen Glauben lüge?«
    »Natürlich nicht«, erwiderte Ernest mit einem nervösen Lächeln. »Ich versuche nur, Ihnen zu helfen.« Ernest trommelte mit
     den Fingern auf seinem PDA herum. »Sie haben überhaupt nie irgendwelche religiösen Überzeugungen gehabt?«
    »Ich hatte einmal eine Religion«, sagte ich. »Sie hieß Streitkräfte der Vereinigten Staaten.«
    Ernest rutschte auf seinem Stuhl herum und rieb sich die nicht vorhandenen Bartstoppeln. »Könnte man vielleicht sagen, dass
     Sie verwirrt sind?«
    »Ist das eine Option?«
    Ernest lachte nicht. »Wie wäre es, wenn wir Sie nur vorläufig einmal als Anhänger einer der Hauptreligionen eintragen? Wenn
     Sie Ihre Glaubenskrise dann gelöst haben, können wir Ihre Unterlagen auf den neuesten Stand bringen.«
    »Das klingt noch immer wie eine Lüge.«
    »Nicht unbedingt.« Ernest scrollte durch etwas auf seinem PDA. »Nach dem hebräischen Gesetz macht die jüdische Abstammung
     Ihrer Mutter Sie in Ermangelung anderer Glaubensüberzeugungen zum Juden.«
    Ich hasste es, wenn Benny bei Politik, Pferden oder Frauen Recht behielt. Ich hatte keinen Namen für die Wut, die ich empfand,
     weil er richtig vorhergesagt hatte, wie sie meine Abstammung sehen würden.
    »Wenn wir also festhalten, dass Sie Jude sind, ist das technischgesehen korrekt. Ich werde in einer Anmerkung erklären, dass Ihre Besuchsnachweise verloren gegangen sind. Es wird Jahre dauern,
     bis das auffällt, und bis dahin sollten sie diese kleine Glaubenskrise überwunden haben.«
    »Glauben Sie wirklich, dass das funktioniert?«
    »Unbedingt. Die Entscheidung für das Judentum ist hier die klügste Wahl; falls Sie Ihre Meinung später noch einmal ändern,
     ist es viel einfacher, zum Christentum zu konvertieren als umgekehrt.«
    Da hatte der Junge Recht. »Okay, ich bin Jude«, sagte ich und hoffte, das würde reichen, um diesen Clown aus der Tür zu bekommen.
    »Großartig«, sagte Ernest und schrieb mit seinem Stift wild auf dem Bildschirm herum. »Nachdem wir nun Ihren jüdischen Glauben
     festgehalten haben, muss ich Sie in Übereinstimmung mit dem Erlass des Präsidenten an dieser Stelle des Gesprächs über das
     U S-Hilfsprogramm zur freiwilligen Wiederansiedlung informieren. Wissen Sie Bescheid über die vielen aufregenden Wiederansiedlungsprogramme,
     die wir Ihnen bieten?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Nun, sie sind diesen Monat sogar noch besser geworden, also gehe ich sie lieber noch einmal mit Ihnen durch. In Ihren Volkszählungsunterlagen
     steht, dass Sie selbstständig arbeiten. Ist das noch immer der Fall?«
    »Ja.«
    »Das ist schade, Mr Strange; die Verdoppelungsgelder, die von patriotischen amerikanischen Gesellschaften geboten werden,
     wachsen jedes Jahr.«
    Eine Kombination aus üppigen Steuervergünstigungen und offiziellem Druck hatte viele amerikanische Gesellschaften dazu gebracht,
     Zweigstellen in Israel zu gründen, insbesondere in den neuen Siedlungen, die von der Regierung gebautwurden. Wenn die Büros erst einmal eröffnet waren, wurden die Gesellschaften erneut ermutigt, ihre jüdischen Angestellten
     dorthin zu versetzen. Natürlich war der ganze Rummel freiwillig, und da der Arbeitgeber die von der Erweckungsbewegung angebotenen
     beträchtlichen Unterstützungsgelder Dollar für Dollar verdoppelte, nahmen viele Familien das Geld mit und ergriffen ihre Chance
     im Heiligen Land. Für die, die dieses großzügige Angebot ablehnten, wurden die Konsequenzen für Karriere und Arbeitsplatzsicherheit
     niemals laut ausgesprochen.
    »Pech für mich.«
    »Haben Sie Familie im Heiligen Land?«
    »Ich habe keine Familie. Punkt.«
    »Haben Sie jemals daran gedacht, nach Israel zu ziehen?«
    »Ich bin Amerikaner«, sagte ich. »Wenn ich in der Wüste leben möchte,

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