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Den ersten Stein

Den ersten Stein

Titel: Den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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Prozent Verlust abgeschlossen,
     doch auch der war im Laufe dieses Vormittags verschwunden.
    Ich fragte mich, was einige Leute in der Wall Street im Gegensatz zu mir über Thorpe Industries wussten. Meine Versuche, herauszufinden,
     wer die Aktien verkauft hatte, endeten in sonnigen Steuerparadiesen auf der ganzen Welt. Es hätte einfach nur eine Anomalie
     sein können, wären die Preise nicht im Anschluss an ihren Sturz nach oben geschossen und sogar noch weiter gestiegen, nachdem
     der Aktienpreis sein ursprüngliches Niveau wieder erreicht hatte. Das bedeutete, dass jemand die Aktien in der Annahme verkauft
     hatte, sie später zu einem niedrigeren Preis zurückkaufen zu können. Wer immer das getan hatte, hatte eine Menge Geld darauf
     gesetzt, dass Thorpes Reich einen schlechten Tag haben würde.
    Jemand klopfte an die Wohnungstür. Die Silhouette wirkte männlich, und es war nur eine einzige zu sehen. Ich öffnete die Tür
     einen Spalt weit, die Pistole in meiner Jacke griffbereit, um jederzeit durchs Glas schießen zu können. Das Gesicht, das mich
     anlachte, konnte nicht älter als einundzwanzig sein. Der Mann hatte strahlende Augen, kurzes, rotes Haar und viele Sommersprossen.
     Er trug einen leichten braunen Anzug und die Accessoires eines aufrechten Jünglings.
    »Guten Abend, Sir«, strahlte er mich an. »Ich arbeite für das Volkszählungsamt und würde Ihnen gerne ein paar Fragen für unsere
     Unterlagen stellen.«
    Das komische Gefühl in meinem Magen legte mir eindeutig nahe, ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen, aber das konnte man als
     Behinderung seiner Arbeit betrachten, und so etwas wurde inzwischen mit einem Bußgeld bestraft. »Darf ich Ihren Ausweis sehen?«
    Er hielt mir eine Karte unter die Nase.
    Sie sah koscher aus. »Wofür steht das E, Mr Palanov?«
    »Für Ernest«, antwortete er, wieder mit einem Lächeln.
    Natürlich. »Kommen Sie herein.«
    Ernest war gut erzogen und überging das Durcheinander im Zimmer.
    »Verzeihen Sie die Unordnung, setzen Sie sich bitte«, sagte ich und nahm wieder meinen Platz hinter dem Schreibtisch ein.
    Ernest setzte sich, schaltete einen PDA ein und zückte seinen Schreibstift. »Wir haben ein paar Lücken in unseren Unterlagen,
     die wir gerne ausfüllen würden, Mr Strange. Es dauert nicht lange.«
    »Schießen Sie los«, sagte ich.
    »Ihr Vater war ein Anabaptist und ihre Mutter Jüdin, ist das richtig?«
    »Ja, aber keiner der beiden war sonderlich fromm.«
    »Mr Strange, ist Ihnen bewusst, dass wir keine Angaben zu Ihrem Glauben haben?«
    Bennys Vorhersage heute Vormittag hatte mir Pech gebracht. Die New Yorker Volkszählungen waren notorisch unzuverlässig, insbesondere
     in Hinblick auf die Religionszugehörigkeit. Wahrscheinlich ging das auf das Konto einiger gescheiter, anonymer städtischer
     Angestellter, die sehen konnten, woher der Wind wehte. Hoffentlich war es einfach nur Pech, dass sie mich heute Abend nach
     all diesen Jahren gefunden hatten.
    »Wenn ich irgendwelche Kirchen- oder Synagogenbesuchsnachweisesehen könnte, können wir das gleich aufklären«, sagte Ernest.
    »Ich besuche weder noch.«
    Das dimmte Ernests sonniges Lächeln. Diese Unterhaltung versprach, unangenehm zu werden. »Ich verstehe. Welche Religion soll
     ich dann eintragen?«
    »Keine der oben genannten.«
    »Leider ist das keine Option.«
    »Das hier ist die Volkszählung und kein Multiple-Choice-Test«, erwiderte ich. »Ich kann sagen, was ich will.«
    »Theoretisch haben Sie Recht, Mr Strange«, erklärte Ernest. »Wenn Sie wirklich wollen, dass ich das eintrage, werde ich es
     tun. Ich muss Sie allerdings warnen, dass die Verwaltung Sie dann bei allen künftigen Behördengängen als Atheist klassifizieren
     wird.«
    Er sagte das wie eine freundliche Warnung, aber dahinter stand das drohende Gewicht einer ganzen Bürokratie. Ein Gesetz, das
     wahrscheinlich in tiefster Nacht verabschiedet worden war, hatte die Zuständigkeit für alle Zahlungen der U S-Verwaltung an Einzelpersonen dem Amt für glaubensbasierte Dienste übertragen. Was bedeutete, dass es dieses Amt war, das Kindergeld,
     Rentenzahlungen, Steuererstattungen und alle anderen Arten von staatlichen Zuweisungen verwaltete. Aller Logik zum Trotz,
     aber im Einklang mit der Ideologie, wurden diese Gelder inzwischen nicht mehr direkt ausgezahlt, sondern durch die Kirchen
     verteilt, angeblich um Betrug zu verhindern und dafür zu sorgen, dass das Geld »klug« ausgegeben wurde. Kirchen und Synagogen,
    

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