Den ersten Stein
der Stinkreichen. Mein Kollege hat in Washington angerufen, um herauszufinden, was zum Teufel da los ist, und hörte, dass
es sogar noch schlimmer kommt. Es wurden Haftbefehle auf der Grundlage des Sanktuariumsgesetzes ausgestellt.«
Mir blieb die Luft weg. Das Sanktuariumsgesetz hatte alle Handlungen unter Strafe gestellt, die der Destabilisierung Israels
Vorschub leisteten oder bei vernünftiger Betrachtung zu gewalttätigen Handlungen gegen unsere dort stationierten Truppen führen
konnten. Die Definition von
bei vernünftiger Betrachtung
war absichtlich vage geblieben. Als Strafe waren die Einziehung aller Güter und sogar Gefängnishaft vorgesehen. »Ich dachte,
mit diesem Gesetz wollten sie nur die Friedensaktivisten einschüchtern, damit die den Mund halten. Es ist bisher noch nie
angewendet worden, oder?«
»Es gibt immer ein erstes Mal.«
Unsere beiden Herrschaftseliten hatten also endlich beschlossen, herauszufinden, wer im Land das Sagen hatte. DieGeschichte der Republik sprach zu Gunsten der Kaufleute, aber es waren die heiligen Männer, die über Truppen geboten. Ich
fragte mich, was die Ältesten mit den Plutokraten vorhatten, wenn sie erst einmal vom Staat in Fesseln gelegt worden waren.
Unsere Abenteuer im Nahen und Mittleren Osten, vor allem der Krieg im Iran und die Besetzung Israels, hatten das Staatsvermögen
ausbluten lassen. Die Superreichen der Nation besaßen Milliarden, aber das Geld lag auf den verschiedensten Banken und steckte
in Besitz auf der ganzen Welt. Selbst wenn die Ältesten alles in die Hand bekämen, könnte man mit der Summe die Besetzung
des Heiligen Landes nicht einmal ein Jahr lang finanzieren. Außerdem gab es immer noch mehr als genug Leute, die bereit waren,
der Regierung Geld zu leihen. Wenn man den Kaiser zum größten Gläubiger hatte, war es nicht klug, darauf hinzuweisen, dass
er schon seit Jahren keine Hosen mehr trug.
Aber wenn das Vermögen der Oligarchen eingezogen würde, wäre es lange Zeit vor Gericht gebunden. Die Ältesten mussten die
Sache gar nicht durchziehen; allein schon die Möglichkeit dazu würde ausreichen, jeden weiteren Wunsch zu unterbinden, ihre
Politik in Frage zu stellen.
»Wird der FB I-Direktor da mitmachen?«
»Er schreibt die Gesetze nicht. Was ich von dir jetzt hören will«, sagte Benny, »ist, dass dein Fall nichts mit diesem bevorstehenden
Riesenschlamassel zu tun hat.«
Ich schwieg.
Ich erwartete einen Schwall von Flüchen, aber Benny starrte den Wagen vor ihm an. »Ich denke, es wird Zeit, dass ich erfahre,
worum es sich bei deinem Fall handelt.«
»Seit ich ihn habe, hat man auf mich geschossen, mit einem Taser auf mich gezielt, mich geschlagen und mir viel zu oft die
Mündung einer Waffe ins Gesicht gehalten«, erklärte ich.»Vielleicht denkst du noch einmal darüber nach, ob du wirklich Bescheid wissen willst.«
»Ich stecke jetzt sowieso schon bis zum Hals in der Sache drin«, sagte Benny. »Dann kann ich auch ebenso gut erfahren warum.«
»Jemand hat Sonntag Bruder Isaiah ermordet.«
Benny blinzelte. »Warum untersuchst du die Sache?«
»Ezekiel White wollte jemanden, den er leicht verleugnen kann. Dieses arme Schwein bin ich.«
»Du denkst also, dass Pyke ihn erledigt hat. Der Mordplan, von dem du gesprochen hast, richtete sich gegen Bruder Isaiah?«
Ich nickte. »Die Ältesten glauben etwas anderes. Ich habe gehört, dass sie Marcus Thorpe die Schuld geben, aber ich weiß nicht
warum.« Ich hasste es, Benny anzulügen, umso mehr, als er der einzige Mensch war, dem ich vertraute, aber ich hatte versprochen,
Iris’ Existenz geheim zu halten. Ich ließ ihm Zeit, zu verdauen, was ich gesagt hatte.
»Das erklärt die Verhaftung der Wall-Street-Sieben. Ich war überrascht, dass die Ältesten in die Hand gebissen haben, die
sie füttert.«
»Das hat die Lawine losgetreten.«
Benny starrte sogar noch angestrengter auf seinen Vordermann, wie hypnotisiert von dessen Schlussleuchten. Ich konnte sehen,
wie ihm all die verschiedenen verheerenden Zukunftsszenarien durch den Kopf schossen. »Wir sind am Arsch«, sagte er, die Stimme
kaum lauter als ein Flüstern. Das war sein abschließender Gedanke zu der Angelegenheit.
Wir rollten durch den zähen Verkehr in den Südteil von Manhattan. Benny ließ mich einen Straßenzug vor der Federal Plaza aussteigen;
sein Ziel war der graue Block des Federal Building. Ich konnte beinahe den Schriftzug auf dem Gebäude des New Yorker
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