Den Jakobsweg erfahren - Drei Freunde mit dem Fahrrad von Lingen-Biene nach Santiago de Compostella (German Edition)
gehen wollte wiederfuhr offensichtlich ähnliches:
„Noch heute kann ich mir nicht so recht erklären, wie ich mich tatsächlich auf dieser Etappe „verlaufen“ konnte. Von Triacastella führen zwei markierte Wege nach Sarria. Ich entschied mich ursprünglich den in meinem Pilgerführer als „landschaftlich noch etwas attraktiveren Weg“ über kleinere Dorfverbindungsstraßen und Fußwege den Vorzug zu geben, der auch ca. 6 km kürzer ist. An der deutlich gelb markierten und mit Schildern versehenen Gabelung am Ortsende von Triacastella folgte ich auch eindeutig den Pfeilen nach rechts Richtung Montán. Ich passierte San Xil und auch Montán und muss dann irgendwo danach einen falschen Weg eingeschlagen haben. Ich las auch nicht lange in meinem Pilgerführer, sondern lief einfach weiter auf wunderschönen schmalen Wegen durch herrliche Landschaften und landete nach ca. 2,5 Stunden in SAMOS!“
(Quelle:http://www.jakobswegkarte.de/jakobsweg-etappenplan/triacastela-sarria)
Dann zeige ich ihm unsere Radpilgerkarte. Die kannst du vergessen meint er. Die niederländischen und die schweizer Pilgerführer werden von ihm hingegen gelobt, die, so sagt er, seien die Besten.
Es wird Zeit, dass er sich wieder um seine Frau kümmert und daher setzt er sich wieder zu ihr. Auf den Schreck müssen wir erst noch ein Mahou nehmen. Als das geleert ist, brechen wir auf. Beim Überholen der Beiden, sie läuft in Badelatschen, lachen wir alle und wünschen uns einen guten Weg.
Wenig später kommen wir in Sarria an. Dort beziehen wir Quartier in der Internationalen Auberge. Die ist mit 10 € nicht gerade günstig, dafür jedoch sehr sauber und unser Zimmer grenzt an einer Dachterrasse, wo man sich sonnen kann. Die Fahrräder werden im Patio (Innenhof) geparkt.
Im Zimmer ist mit uns ein einarmiger Engländer im deutlichen Rentenalter untergebracht. Er hat ein Hochbett gegenüber von unseren. Er ist unentwegt mit Sortieren Aus- und Einpacken, Falten und ähnlichem beschäftigt und hat nur wenig Zeit, sich mit uns zu unterhalten. Die Dachterrasse lädt zum Sonnenbad ein. Eine Amerikanerin, deren Füße sichtbare Spuren des Weges davongetragen haben, begrüßt uns. Der übliche Pilgersmalltalk wird abgehalten. Dann muss sie aus der Sonne raus und wir genießen die Ruhe.
Irgendwann setzt ein leichtes Magenknurren ein und wir wollen Gegenmaßnahmen einleiten. In Shorts, T-Shirt und Badelatschen geht es in die City. Zunächst links herum, von wo wir gekommen sind. Als wir eine Treppe heruntergehen, reißt der Steg meiner Zehtrenner. Das kann selbst ich nicht reparieren. Ich werde mich von den geliebten Latschen trennen müssen. Barfuß will ich aber nicht den ganzen Abend gehen, daher setzen sich Timo und Siggi in ein Lokal und ich gehe zurück zur Herberge, Schuhe tauschen. Die kaputten blauen Treter kommen in die Tonne, wodurch sich, als positiver Aspekt, natürlich eine immense Gewichtsersparnis einstellt. Dann schlüpfe in meine Schuhe und eile zurück zu den Beiden.
Die haben die Wartezeit mit einem Bier überbrückt. Weiter hätten sich nicht können, denn das Gemeinschaftsportemonnaie habe ich. Wir nehmen noch eins. Die Speisekarte hier ist allerdings zu übersichtlich, daher verlegen wir durch den Fußgängerbereich an unsere Herberge vorbei nach links in eine Seitenstraße. Da setzen wir uns auf die Terrasse eines gut besuchten Lokals. Jetzt wird auf Tinto umgestiegen. Während wir so dasitzen, kommt das schwäbische Pilger-Pärchen, „Mutter und Sohn“, das wir in Cacabelos kennen gelernt haben, um die Ecke. Sie geht an Krücken und begrüßt uns überschwänglich. Einer nach dem Anderen wird in den Arm genommen und so fest an sich gedrückt, dass es unangenehm ist. Sie setzen sich wie selbstverständlich zu uns an den Tisch. Er bestellt die große Wurstplatte, sie ein Wasser und er ein Bier und er redet und redet. Alle noch kommenden Highlights, von denen ich gar nichts hören will, werden von ihm angepriesen. Als die Wurstplatte verdrückt ist, müssen die Beiden auf ihre Kammer und verabschieden sich. Welch Glück für uns.
Erleichtert bestellen wir ein neues Getränk und etwas zu Essen. Zwei Fußpilgerinnen, Ute und Meta, zwei Ärztinnen aus dem Süddeutschen setzen sich zu uns. Wir plaudern und tauschen Erfahrungen aus. Sie sind völlig euphorisch, das Ziel beinahe vor Augen zu haben. Dann ist es so spät geworden, dass wir uns auf den Weg zurück zur Herberge machen müssen. Es war ein schöner Abend.
Vor uns
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