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Den Jakobsweg erfahren

Den Jakobsweg erfahren

Titel: Den Jakobsweg erfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Frömmert
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Kathedrale vorbei. Die ist so weiß, als
wenn sie gerade frisch aus Marmor gehauen worden wäre. Auf dem Vorplatz kommen
wir mit einem Hamburger Ehepaar ins Gespräch. Die sind mit einem Wohnmobil
unterwegs. Dann reicht uns der Großstadtdschungel und wir wollen einfach nur
raus aus der City.
    Obwohl Timo seit einigen Tagen von
einer Currywurst träumt, ignoriert er die Werbetafel eines Imbisses. Wir wollen
ihn dazu noch überreden, aber keine Chance. Die Sehnsucht nach der Ruhe ist
größer als der Appetit auf Currywurst.
    In Hornillos del Camino bei einem kleinen
Halt werden wir von jemanden auf Deutsch angesprochen, wo wir die leuchtenden
Westen, die wir zu unserem Schutz und besserer Erkennbarkeit (wenn man weit
voneinander entfernt ist) tragen, her haben. Siggi hat sie von einer Schulung
bei einer Fliesenkleberfirma (Sopro) für uns abstauben können. Es handelt sich
um einen Sopro-Mitarbeiter, der zu Fuß auf dem Pilgerweg unterwegs ist. Er
bittet uns um ein Foto für die Chefetage. Wir bringen uns ins rechte Licht und
dann geht’s weiter zu einem kleinen Rastplatz, wo wir eine Pause machen.  
    Um 13:00 Uhr, bei einer Brotzeit
an einer belebten Straße, werden wir von einem Meißener Fliesenleger, der auch
als Fußpilger auf dem Weg ist, ebenfalls auf die Westen angesprochen.
Vielleicht sollten wir bei der Firma Sopro nach einer Werbegage fragen.
    Vor der Ortschaft Hontanas
überholen wir eine riesige Gruppe schwedischer Buspilger. Das erkennt man
daran, dass die Spaziergänger keinerlei Gepäck mit sich führen. Allenfalls eine
Wasserflasche haben sie dabei. Es fällt schwer, sich durch den Pulk den Weg zu
bahnen. Weil wir so langsam fahren, komme ich kurz mit einem Schweden ins
Gespräch. Woher – wohin – wie lange schon. In dem Ort legen wir an einer Bar
eine Weinpause ein. Da die Sitzgelegenheiten vor der Bar belegt sind, setzen
wir uns im Schatten der Kirche auf Steinblöcke und genießen.
    Eine Schwedin, aus der zuvor
überholten Gruppe, ruft uns zu: „That’s the real hard pilgrims life!“, lacht
und schießt ein Foto von uns dreien. Dann hole ich uns noch einen. Neben dem
Eingang der Bar sitzt eine gebräunte Schönheit, die mir zulächelt und ich
lächle zurück. Das Leben ist schön.
    Eine Mutter, die mit ihrem
Kleinkind mit Kinderwagen pilgert, quält sich bergauf. Warum tut man sich und
noch dazu dem Kind das an? Wir erfahren es nicht.
    Nach dem 2. könnte ich noch ein 3.
Glas trinken, aber die Vernünftigen wollen weiter.
    Wir kommen an der Ruine des Klosters San Anton de Castrojeriz vorbei,
halten aber nicht. Das Erste, was wir von der nächsten Ortschaft sehen, ist die
Burg, die auf einer Anhöhe steht. Da müssen wir aber zum Glück nicht hoch. Kurz
vor dem Ort liegt ein Camingplatz. Dort frage ich nach einem Raum für drei. Der
Inhaber will mir ein Appartment zu 100 € für eine Nacht verkaufen, aber winke
ab. Wir waren gerade im Begriff weiterzufahren, als er uns eine Nacht in der
Herberge für 8€ p.P anbietet. Das nehmen wir. Die Herberge ist eine ehemalige
Lagerhalle. Die Räder können mit hineinnehmen. Beim Tragen über die Türschwelle
hilft der Platzwart. Er packt bei Siggis Fahrrad an der Rückleuchte an. Die
geht dabei zu Bruch. Siggi ist sauer. Es ist sehr sehr heiß. Die unteren der
Hochbetten sind allesamt belegt und es gibt keine Leitern, um die oberen Betten
zu erreichen.
    Einige Pilger machen Siesta. Ein
Mitpilger meint, dass wir uns einfach 3 Matrazen aus den oberen Betten nehmen
und sie auf die Erde legen sollen. Wir wollen jedoch keinen Ärger und machen
unsere Nachtlager auf einer freien Fläche mit Isomatte und Schlafsack. Dann ist
Waschtag. Zuerst die Klamotten und danach sind unsere Körper dran. Als wir die
Wäsche auf die Leine zum Trocknen aufhängen, treffen wir einen deutschen
Pilger, der mit seiner Tochter den Weg gemeinsam geht. Wir kommen ins Gespräch.
Es geht um dies und das. Ich denke, dass ich den Weg mit meinen Kindern auch
gehen würde, wenn sie es wollen.
    Abends haben wir im Restaurant das
Pilgermenü gebucht. Als ich den Schankraum zur Essensbestellung betrete,
begrüßt mich eine Engländerin mit: „You‘re welcome!“. Es herrscht großer
Andrang, darum wird in Schichten gegessen. Unsere Essenszeit ist erst um 21:30
Uhr.
    Die Wartezeit vertreiben wir uns
mit Tinto de Verano (übersetzt = Sommerwein, das ist ein
Rotwein-Zitronensprudel-Mix mit viel Eis). Der Platzwart will wissen, wo wir
gestartet sind. Als ich ihm im Internet den Startpunkt

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