Den Jakobsweg erfahren
herzlichen „Hola!“
begrüßen wir einander. Sie sind gut drauf und ulken herum. Ihre gute Laune ist
ansteckend. Mit einem Kaffee und Brötchen im Magen sind wir fit für den Tag.
Als wir gerade wieder aufsatteln
wollen, kommt von Weitem winkend und endlich auch einmal lachend die
Brasilianerin angeradelt. Sie bittet den bärtigen der drei Spanier, von uns ein
Foto zu machen. Er willigt ein und macht einen Gag. Er hält die Kamera auf sich
gerichtet und will auslösen. So haben alle Spaß. Dann gibt es aber doch noch
eine Fotosession. Als die Bilder im Kasten sind, geht es weiter. Die Spanier
sind schon vor uns los und die Brasilianerin muss sich erst einmal stärken. Mit
einem: „See you tomorrow“ sagen wir Goodbye und los.
Nachdem wir Astorga verlassen
haben, geht es, wie gewohnt, wieder rauf und runter. Wir fahren, wie auch in
den letzten Tagen, den originalen Jakobsweg. Die Radkarte dient uns nur als
Fremdenführer. Es steht allerlei Informatives über Geschichte, Mythen und
Legenden rund um den Jakobsweg drin. Das Kartenmaterial ist gut, die empfohlene
Radstrecke kann man vergessen.
Irgendwann hören wir ein
schleifendes Geräusch von Siggi’s Hinterrad. Bei der Kontrolle entdecken wir
die Ursache: Eine Speiche ist gebrochen. Da wir uns schon seit einigen Tagen
über die gefahrvolle Abfahrt nach dem Cruz de Ferro unterhalten, macht sich
Siggi Sorgen. Wir können die Speiche leider nicht selbst tauschen, da wir ein
dafür benötigtes Spezialwerkzeug nicht dabei haben. Also fahren wir weiter. Der
Herr wird es schon richten.
Bei unserer Fahrt in Richtung Westen verlieren wir kurz den richtigen
Weg, finden ihn in Castrillo de los Polvazares, einer
Ortschaft mit historischer Straße, jedoch wieder. Wir hätten nur vor der
Ortschaft links abbiegen sollen. So haben wir eine kleine, sehr schöne Gemeinde
gesehen. Dann geht es auf Schotterpfaden weiter. In der Ferne können wir das
Cruz de Ferro sehen.
Wikipedia, das Internetlexikon
weiß zum Cruz de Ferro folgendes:
„Der ursprünglich nicht
christliche Brauch, am Cruz de Ferro einen Stein abzulegen, wird inzwischen
problemlos in religiös motivierte Wallfahrten integriert, indem der von zu
Hause mitgebrachte Stein als Symbol der auf dem Weg hinter sich gelassenen
"Sünden" respektive der schon erfahrenen Läuterung betrachtet wird.
Viele Pilger nutzen das Cruz de Ferro auch, um am Baumstamm des Kreuzes
persönliche Dinge, Briefe oder gar Votivgaben anzubringen.“
Das gibt Herzklopfen, nicht nur
weil es anstrengend ist, sondern auch, weil wir dort einen Stein ablegen
wollen, den wir die gesamte Reise in unserem Gepäck haben. Einen weiteren hat
mir Marion mitgegeben. Den habe ich immer in meiner Radlerjacke. Der drückt
mich jeden Tag, wenn ich mich irgendwo hinsetze. So denke ich oft an sie. Am
heutigen Tag habe ich mehrfach angehalten und für meine Kinder Dana und Julian,
meine Mutter, Bruder Bernd und seiner Frau Uschi, Bruder Klaus und dessen Frau
Petra je einen Stein vom Weg mitgenommen, um für sie auch einen dort abzulegen.
Es sind immer Steine, die von mir mitgenommen werden wollen. So jedenfalls
kommt es mir vor.
Auf einer Alm hören wir Frauen
singen. Die singen immer wieder den Satz: „Wir werden deutscher Meister!“. Als
wir näher kommen, fühlen sich sich zunächst ertappt. Nach einer kurzen
Kicherphase erzählen sie uns im Vorbeifahren, dass sie aus Düsseldorf kommen
und die Düsseldorfer Fortuna gestern gewonnen habe. Die dürfen nun in der
nächsten Saison in der Bundesliga spielen. Na ja, meinen sie, nicht gleich
deutscher Meister, aber das wird schon.
Als wir am Steinhaufen des
eisernen Kreuzes ankommen, suche ich geschlagene 45 Minuten nach meinen eigenen
Stein. Der lässt sich in den tiefsten Niederungen meiner Radtasche finden. Ich
war schon total verzweifelt. Siggi und Timo haben ihren sofort zur Stelle. Die
sind wenigstens gut organisiert.
Frans, ein niederländischer
Radpilger, mit dem wir in Frankreich ein Stück zusammen gefahren sind, treffen
wir hier wieder. Nun tauschen wir erst einmal ausgiebig Erlebnisse aus. Dann
legen wir, jeder für sich, die Steine ab. Das sind persönliche Momente, denn es
werden den Steinen noch Wünsche hinzugefügt.
Ein kleiner Schluck aus dem
Flachmann zur Belohnung muss auch sein. Dann geht es weiter. Ich rechne damit,
dass es sogleich steil bergab geht. Aber dem ist nicht so. In El Acebo de San
Miguel gibt es den heutigen Tinto. In dem Moment, als wir uns gerade wieder auf
unsere Räder
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