Den Jakobsweg erfahren
42:18
Std.
16,6 km/h
Durchschnittsgeschwindigkeit
27.04.2012
Freitag
Tag 7
Clermont (F) – Mantes (F)
Bereits um 07:00 Uhr geht bei uns
der Wecker. Draußen scheint die Sonne. Wir wollen schnell weiter, darum sind
wir schon um 07:30 beim Frühstück. Es gibt reichlich Auswahl an Marmelade,
Käse, Apfelmus, Honig und Obst. So gestärkt geht es aufs Rad. Mal sehen, was
der heutige Tag so für uns auf Lager hat.
Und er hat einiges in Petto, denn
die ersten harten Anstiege lassen nicht lange auf sich warten. In einer kleine
Ortschaft machen wir eine kurze Pause. Aus einem Bus steigen ein paar Leute aus
und ich nutze die Gelegenheit, um nach einem Pastor zu fragen, denn die Orte
hier sind ziemlich verwaist. Eine Frau sagt uns, dass es den erst in Sainte
Genevieve gäbe. Zum Abschied macht sie vor uns einen Hofknicks. Und da sag noch
jemand, dass Franzosen unfreundlich seien.
Kurz vor dem Erreichen der
Ortschaft Sainte Genevieve führt die Straße über Serpentinen bergab. Am
Ortsschild schüttelt uns ein heftiger Drempel wieder wach. Bei etwa 50 km/h
bremst man besser nicht heftig, um nicht zu stürzen und so heben die Räder
mächtig ab.
Nach der Ortschaft geht es wieder
über Serpentinen drei Kilometer bergauf. Das sollte sich in der nächsten Zeit
häufiger wiederholen. Orte kündigten sich vorher immer dadurch an, dass man
Kirchtürme sah, nun scheint es vor Orten erst einmal bergan oder bergab zu gehen.
Seit einigen Tagen träumt Timo von
einem leckeren Grillhähnchen. Als wir den Ort Meru durchfahren, steigt der
Geruch von Brathähnchen in unsere Nasen. Als ich am Marktplatz vorbeifahre und
erkenne, dass hier gerade ein Wochenmarkt abgehalten wird, bremse als
Vorausfahrender wohl ziemlich heftig. Siggi und Timo können aber noch so grade
ihre Räder ebenfalls zum Stillstand bringen, so dass es glücklicher Weise
keinen Unfall gibt.
Auf dem Wochenmarkt gibt es einen
Brathähnchenstand. Die halben Hähnchen sind jedoch leider noch nicht so weit,
daher kaufe ich für uns Hähnchenbeine. Der Verkäufer hilft mir freundlicher
Weise bei der Bestellung. Sechs heißt auf französisch „si“ und dafür möchte er
zwölf („dus“) Euro. Die Beine werden vor Ort vertilgt und wir werden von vielen
neugierig beäugt. Dann geht es weiter.
Gegenwind und Steigungen gefolgt
von Gegenwind und Steigungen. Es nimmt kein Ende. Siggi meint irgendwann
trocken, dass wir besser hätten Hähnchenflügel bestellen sollen, dann wären wir
die Berge förmlich hoch geflogen. Die Anstiege sind teilweise so hoch, dass im
kleinsten Gang gefahren werden muss. Und wenn man beim Erreichen einer Kurve
den weiteren Streckenverlauf erblickt, stellt man ernüchtert fest, dass es noch
weiter berauf geht. Unglaublich. In Geographie hat man uns, da bin ich ziemlich
sicher, die Berge Nordfrankreichs unterschlagen. Oder sollte ich da vielleicht
nicht richtig zugehört haben. Geographie war nie eines meiner Steckenpferde.
In Marines haben wir den Stempel
für den heutigen Tag bekommen. Der Pfarrer meint, dass wir mächtig viel Glück
hatten, ihn zu dieser Zeit im Gemeindebüro anzutreffen, da er gewöhnlich ganz
woanders sein sollte. Glück, so sagt er uns, sei der Heilige Geist. Wenn der
mit uns ist, dann kann ja nichts schiefgehen. Zumindest hoffentlich ab jetzt,
denn kurz zuvor hatten wir unter uns an einer Stopp-Stelle einen Beinaheunfall.
Ein entgegenkommendes Auto will links abbiegen und ich muss an dem Stoppschild
abbremsen. Das mache ich auch. Dadurch ist Siggi gezwungen eine Vollbremsung
einzuleiten und Timo noch heftiger.
Wir gucken uns kurz fragend an,
man meint, dass ich hätte weiterfahren sollen und ich zeige auf das
Stoppschild. Nun herrscht erst einmal Klärungsbedarf. Nach kurzem hin und her
geht es weiter. 6,8 Kilometer Luftlinie vor Mantes liegt eine LIDL-Filiale auf
unserem Weg. Dieses Zeichen nehmen wir dankend an und decken uns mit Brot, Käse
und Wein, einen Rosé für 1,99 €, ein.
Dann ist ausradeln angesagt, denn
die heutigen 95 km haben echt Kraft gekostet. In Mantes de Jolie wird die
dortige Notre Dame besichtigt. Einen Stempel gibt man uns dort trotz unserer
Bitte nicht. Dann fahren wir die blaue Linie unseres Navigationsapps weiter zum
F1-Hotel. Das letzte war ja gar nicht mal schlecht. Heute sollte jedoch der Abstieg
kommen. Das Stadtviertel wird in Richtung F1-Hotel immer weniger einladend.
Nach dem kühlen Check – in fragt
Siggi, nachdem wir unser total verrauchtes Zimmer betreten hatten: „Schläft
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