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Den lass ich gleich an

Den lass ich gleich an

Titel: Den lass ich gleich an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Berg
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für mich?«, flüsterte Lulu Sabrina zu.
    »Alles relativ. Am Ende des Geldes ist sowieso immer zu viel Monat übrig. Weißt du was? Ich spendiere dir eine Maniküre. Als vorgezogenes Geburtstagsgeschenk.«
    Lulu betrachtete ihre Hände. Sehr feminin wirkten sie nicht gerade. Sie waren rau und rot, ein Zeigefingernagel war abgebrochen, und die übrigen Nägel waren schief geschnitten oder eingerissen.
    »Meinst du denn, da ist noch was zu retten?«, fragte sie.
    »In jeder Frau steckt eine Diva«, erklärte der Friseur, während er die Espressotasse und einen Stapel Modezeitschriften auf das Tischchen vor Lulu lud. »Ich heiße übrigens Bo. Du wirst sehen, wenn auf dem Kopf alles in Ordnung ist, klärt sich auch alles im Kopf.«
    »Bo ist ein kleiner Philosoph«, schwärmte Sabrina. »Alsofahr mal deine Stacheln ein, in drei Stunden hole ich dich wieder ab. Dann kannst du in Ruhe deinen Koffer packen, und morgen geht es ab in den Süden.«
    Stumm fügte sich Lulu in ihr Schicksal. Ganz überzeugt war sie zwar noch nicht. Aber dass sich ihr Haar wie Drahtwolle anfühlte und dass das einstige Kastanienbrünett inzwischen einem undefinierbaren Straßenköterbraun gewichen war, das war ihr auch schon aufgefallen.
    »Machen Sie bloß keine Barbie aus mir«, grummelte sie, als Bo das Waschbecken heranschob. Dann sagte sie eine Weile gar nichts mehr.
    Drei Stunden später waren alle Bedenken vergessen. Begeistert nahm Lulu ihre neue Frisur in Augenschein. Es war kaum zu glauben, welche Verwandlung mit ihr vorgegangen war. Seidig rahmten ihre Locken das Gesicht und glänzten in einem satten Haselnusston. Immer wieder strich sie sich durch das Haar, das sich weich und glatt um ihre Finger ringelte.
    Sabrina stieß einen Freudenschrei aus, als sie mit Lotte an der Hand in den Salon kam.
    »Sensationell!«, juchzte sie.
    »Mami, Mami, du siehst toll aus!«, rief Lotte. »Wie ein Star!«
    Etwas ungewohnt war es schon für Lulu, so bewundert zu werden. Sie hob abwehrend die Hände. »Okay, okay, kein Grund auszuflippen.« Dann drehte sie sich zu Bo um, der lächelnd sein Werk begutachtete. »Danke, ich fühle mich großartig.«
    Dazu trugen auch ihre massierten und gecremten Hände bei, deren Nägel einen zarten Rosaton hatten. Es war die erste Maniküre ihres Lebens gewesen. Sonst hatte sie ihre Hände immer in den Hosentaschen versteckt, jetzt aber war sie richtig stolz darauf. Nachdem sie eine Summe bezahlt hatte, bei der ihr leicht schwindelig wurde, schenkte Bo ihr noch einen Tiegel mit Haarkur.
    »Nicht vergessen: Im Urlaub abends immer das Salzwasser rausspülen und die Kur draufmachen!«, ermahnte er sie. »Dann kann nichts passieren.«
    »Falsch«, feixte Sabrina. »So wie Lulu jetzt aussieht, wird sogar eine ganze Menge passieren!«

Kapitel 5
    Es war später Abend, als Lulu und Lotte am Flughafen von Palma ankamen und den Transferbus zum Hotel bestiegen. Schon die Fahrt bestätigte ihre schlimmsten Befürchtungen, denn sie saßen eingekeilt zwischen Bilderbuchfamilien. Willkommen in der heilen Mama-Papa-Kind-Welt, dachte Lulu. Hier bist du eine gnadenlose Außenseiterin.
    Wenigstens fielen Lotte solche Dinge nicht auf.
    »Hast du meinen Schwimmdelphin eingepackt? Gehen wir heute Nacht im Meer baden? Gibt es hier Haie?«, fragte sie unentwegt.
    »Na klar«, antwortete Lulu, ohne sich ihre Beklemmung anmerken zu lassen. »Es wird bestimmt wunderschön!«
    Interessiert sah sie einem Mann zwei Reihen weiter zu, der vergeblich versuchte, seine beiden herumzappelnden Söhne in Schach zu halten. Trotz der späten Stunde trug er eine Sonnenbrille und ein Basecap zum Designer-T-Shirt. Der will wohl besonders cool sein, überlegte Lulu belustigt. Eine Frau hatte er offenbar nicht dabei. Und mit den Kindern war er eindeutig überfordert.
    Lulu kannte solche Männer vom Spielplatz. Scheidungspapis nannte sie die Sorte. Einmal im Monat kümmerten sie sich um den Nachwuchs, ohne einen blassen Schimmerzu haben, wie man mit Kindern umging. Der Mann mit dem Basecap hatte jedenfalls keine bessere Idee, als seine lebhaften Jungs mit Marshmallows abzufüttern, um sie zu beruhigen. Womit er natürlich das genaue Gegenteil erreichte.
    Als sich der Bus in eine Kurve legte, geschah es: Einer der Jungen, der gerade auf seinen Sitz geklettert war, verzog das Gesicht und erbrach sich auf das schöne T-Shirt. Fluchend sprang der Vater auf.
    »Ogottogott! Wieso …?«
    Ja, wieso? Das hatte sich Lulu auch schon hundertmal gefragt. Kinder waren

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