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Den lass ich gleich an

Den lass ich gleich an

Titel: Den lass ich gleich an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Berg
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»Wasserrutsche, Spaßpool, Eisstand, Schnorchelkurs, alles inklusive. Ich wünsche euch einen schönen Urlaub.«
    Lotte riss die Arme hoch. »Yippiee! Mama, stell den Wecker ganz früh. Ich will in den Juniorclub!«
    »Siehst du, die Kinder stehen drauf. Brauchst du Hilfe beim Gepäck?«, erkundigte sich der Rezeptionist grinsend.
    Lulu hätte ihn am liebsten am Hemdkragen seines lachhaften Hawaiihemds gepackt und kräftig gewürgt.
    »Nee, das schaffe ich schon allein. Ist ja nur Single-Gepäck«, erwiderte sie schneidend.
    Dann stiefelte sie los, mit ihrem bleischweren Koffer in der einen Hand und Lotte an der anderen.
    Natürlich war Zimmer 311 ein düsteres Loch. Natürlich gab es keinen Meerblick. Und ebenso natürlich war ihrjetzt zum Heulen. Sie setzte sich aufs Bett und musterte die Bescherung.
    Das Zimmer war so winzig, dass eine Besenkammer dagegen ein Tanzsaal war. Die Wände zierten keine Bilder, sondern rote Kleckse, wo Mücken ermordet worden waren. Der einzige Schrank war verkratzt, die Gardine grau, die Deckenlampe verbreitete ein trübes, schummriges Licht. Und das sollte das Urlaubsparadies auf Erden sein?
    Lotte dagegen entdeckte ein Wunder nach dem anderen. Sie bestaunte die Minibar, lief auf den Balkon, testete hüpfend das Bett und begutachtete anerkennend die Badewanne. Zu Hause gab es nur eine Dusche.
    »Gehen wir jetzt ins Meer? Darf ich noch eine Pizza essen? Muss man sich auch im Dunkeln mit Sonnencreme einreiben?«, wollte sie wissen.
    »Morgen, mein Liebling«, sagte Lulu. Vor Müdigkeit konnte sie kaum noch die Augen offen halten. »Morgen machen wir das alles. Ich wecke dich ganz früh, versprochen.«
    Die Nacht verbrachte Lulu auf dem Balkon. Lotte hatte sich geweigert, auf der harten Pritsche zu schlafen, die man hier als Kinderbett bezeichnete. Außerdem war die Liege so schmal, dass sie selbst für eine Dreijährige kaum gereicht hätte. Also schlief Lotte im Bett, und Lulu hockte in einem altersschwachen Liegestuhl, der bei jeder Bewegung quietschte.
    Sie versuchte, sich zu entspannen. Aber das erwies sichals ein Ding der Unmöglichkeit. Statt des Meerblicks hatte man ihr die triste Aussicht auf einen Parkplatz angedreht. Sie hatte nicht einmal Lust, ihren Koffer auszupacken. Dafür hatte sie in der Minibar eine pappsüße Sangria gefunden. Wie war das noch mit dem süßen Leben?
    Lulu war zwar hundemüde, doch an Schlaf war nicht zu denken. Die Geräuschkulisse war erstaunlich für ein »ruhiges Familienhotel, das Ihnen erholsame Tage mit Traumstrand beschert«, wie der Prospekt vollmundig angekündigt hatte. Unaufhörlich hämmerten die Beats einer Disco, und aus den Nebenzimmern hörte man jedes Wort.
    Gerade stritt sich nebenan eine Frau mit ihrem Mann. Ihr Keifen steigerte sich zu einem wilden Geschrei, das erst endete, als eine Tür knallte. Immerhin musst du dich nicht mit einem Gatten rumärgern, dachte Lulu. Sieh es positiv. Bleib Single, und du hast deine Ruhe. Jetzt kommt es nur noch darauf an, dass du dich mit dir selbst anfreundest.
    Doch genau das war das Problem. Lulu hatte nämlich eine Riesenwut auf sich selbst. Was stimmt nicht mit mir?, fragte sie sich seit dem verunglückten Abend mit Mike. Liegt es wirklich nur an Lotte? Wieso machen die Männer einen Bogen um mich, als hätte ich Pest und Cholera gleichzeitig? Weil ich wie ein Kerl rumlaufe? Weil ich nicht liebenswert bin?
    Eine erste Träne rollte über ihre Wange. Hallo, Single-Blues. Seit zehn Tagen riss sie sich zusammen, aber jetzt heulte sie los, als hätte jemand vergessen, den Wasserhahn zuzudrehen. Eine Welle der Enttäuschung erfasste sie undschlug hart über ihrem Kopf zusammen. Aus und vorbei. Sogar der Urlaub war ein einziger Alptraum.
    Als sie am nächsten Morgen erwachte, lag sie eng umschlungen mit Lotte im Bett. Irgendwann in dieser Nacht musste sie sich dorthin geschleppt haben. Der Wecker zeigte halb acht. Sobald sie Lotte auch nur antippte, sprang sie aus dem Bett wie ein Gummiball.
    »Bläst du meinen Delphin auf?«, fragte sie. »Darf ich so viel Eis, wie ich will? Hast du meinen Bikini eingepackt?«
    So sprachen Morgenmenschen. Lulu war kein Morgenmensch, wirklich nicht. Im Badezimmer begutachtete sie ihre verquollenen Augen. Urlaubslektion Nummer eins: Sangria zusammen mit Tränenausbrüchen hatte verheerende Folgen. Jetzt half nur noch eine Sonnenbrille. Und ein sehr, sehr starker Kaffee.
    Eine Viertelstunde später machte sie sich mit Lotte auf den Weg zum Frühstück. Im Restaurant

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