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Den lass ich gleich an

Den lass ich gleich an

Titel: Den lass ich gleich an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Berg
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Spaziergang gemacht, Herr Meyer und ich«, erklärte sie. »Die Gegend ist wundervoll.«
    Nicht nur die Gegend, dachte Lulu. Es tat ihr in der Seele weh, dass dieses junge Glück seine Halbwertzeit längst überschritten hatte.
    »Nebenan kannst du dich abpudern lassen«, sagte sie.»Wenn du willst, dreht dir das Make-up-Mädchen sogar ein paar Heißwickler ins Haar.«
    »Und du? Willst du dich nicht auch verschönern lassen? Nur so zum Spaß?«
    Lulu schüttelte den Kopf. »Mich sieht sowieso keiner an. Man sagt, dass Frauen ab vierzig sozusagen unsichtbar werden. Da kann man sich den Beautykram sparen.«
    Gill streichelte leicht die Wange ihrer Tochter. »Kopf hoch. Du hast viel mitgemacht. Doch auf Regen folgt Sonnenschein. Ganz bestimmt.«
    »Störe ich die beiden Grazien?«
    Lulu und Gill drehten sich synchron zur Tür und machten ebenso synchron einen Schritt rückwärts. Es war Mike. Abwartend stand er da, die Hände in die Hosentaschen seiner ultraengen Jeans geklemmt. Er wirkte in etwa so entspannt wie ein Tormann vorm Elfmeter.
    »Eigentlich nicht«, sagte Lulu, die sich beherrschen musste, um ihm nicht die Paellapfanne samt Inhalt an den Kopf zu werfen.
    »Die Produktion wird ein Highlight«, sagte er. »Und deine Freundin ist der Knaller. Ist sie eigentlich …«
    »… ungebunden, lustbetont, kinderlos? O ja.« Lulu drehte langsam richtig auf. »Sie steht auf dich. Ehrlich. Das hat sie mir gerade unter dem Siegel der Verschwiegenheit gestanden.«
    »So von Frau zu Frau«, sagte Mike.
    »Genau. Aber Obacht. Sie ist nicht leicht zu knacken.«
    Mike nahm die Hände aus den Hosentaschen und befingertedas Goldkettchen auf seiner Brust. »Kinderspiel«, grinste er.
    Hasserfüllt starrte Gill ihn an.
    Es dauerte eine Weile, bis alle hergerichtet waren und am gedeckten Tisch Platz nahmen. Inzwischen waren auch die Mallorquiner eingetroffen. Es waren Bauern aus der Nachbarschaft, die ihre Sonntagskleidung angelegt hatten. Die Männer trugen schwarze Anzüge und weiße Hemden, die Frauen bunte Volantröcke und weiße Blusen, dazu schwere Goldohrringe.
    Der Akkordeonspieler legte los, und das Festessen begann. Mike saß neben Sabrina, die ein rotes, tief dekolletiertes Kleid trug, einen echten Hingucker. Die Kinder hatten sich ein Tischende erobert und fütterten die Katzen, die um ihre Beine strichen. Gill und Fusselbart strahlten stumm vor sich hin.
    Dazwischen saßen die Mallorquiner. Lulu fand sie wunderschön. Sie hatte nicht oft Menschen vor ihrer Kamera, in deren Gesichtern sich das gelebte Leben eingegraben hatte.
    Das Licht des Nachmittags färbte sich unmerklich golden und ließ die Gesichter leuchten. Die Weinflaschen kreisten und röteten die Wangen der Erwachsenen, während die Kinder mit großen Augen alles in sich aufnahmen, als hätte sich das Christkind geirrt und mitten im Hochsommer eine weihnachtliche Bescherung angezettelt.
    Nach zwei Stunden hatte Lulu so viele Fotos, dass sie damit fünf Kampagnen und drei Bildbände hätte bestückenkönnen. Sie entließ die Kinder, die sofort davonstoben, und sank taumelnd vor Glück auf einen der frei gewordenen Stühle.
    »Großartig«, sagte Karl Petersen, der sich neben sie setzte. »Und das war erst der Anfang. Wir könnten Sie exklusiv unter Vertrag nehmen. Vorausgesetzt, Sie interessieren sich für ein Angebot, das Sie nicht ablehnen können.«
    »Ich habe schon ganz andere Sachen abgelehnt«, erwiderte Lulu.
    Petersen rieb sich vergnügt die Hände. »Darüber reden wir ein andermal. Morgen steht ein Shooting in einem Weinkeller auf dem Programm, dann müsste das Material komplett sein. Noch etwas. Wollen Sie tanzen?«
    Überrumpelt sah Lulu ihn an.
    Petersen zeigte auf den Akkordeonspieler, der einen Tango intonierte. »Das geht doch in die Beine, oder?«
    Mit bemerkenswerter Grandezza nahm er Lulus Hand und führte sie auf das Rasenstück neben dem Tisch. Er legte den Arm um Lulus Hüften und riss sie unvermittelt um, bis ihre Haare fast den Boden berührten.
    »Was wird das denn?«, keuchte sie.
    »Wonach sieht es denn aus?«, fragte er zurück.
    »Tango!«, rief Sabrina. »Damenwahl!«
    Sie zerrte Mike von seinem Stuhl und vollführte derart rasante Hüftschwünge, als müsste sie einen unsichtbaren Hula-Hoop-Reifen in der Schwebe halten.
    »Na los«, rief sie, »dann zeigen Sie mal, ob Sie Feuer im Astralleib haben!«
    Gierig umfasste Mike ihre Hüften und zog sie mit einem Ruck an sich. Auch Gill und Fusselbart standen auf. Eine Minute später

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