Den lass ich gleich an
Visier hatte. Mit entsicherter Waffe.
»Sehr erfreut«, sagte sie förmlich. »Sabrina Schrader.«
»Sabrina? Ausgefallener Name«, schnurrte Mike. »Wieschön, dass wir uns kennenlernen. Lulu hat mir schon so viel von Ihnen erzählt. Ein bisschen böse sollte ich ihr allerdings sein, weil sie ihre attraktive Freundin so lange versteckt hat.«
Alberner Gockel, dachte Lulu. Auch wenn Mike für sie quasi nicht mehr existierte, war es schwer zu ertragen, wie ungeniert er Sabrina mit den Augen auszog. Es schien ihm nicht im Geringsten peinlich zu sein, dass Lulu alles mit ansehen musste.
Nun standen auch Karl Petersen und Sam Haller vom Tisch auf und gesellten sich in die Runde.
»Danke für die Mail, wir sind überwältigt von den Fotos«, sagte Petersen. »Genauso hatten wir es uns vorgestellt. Nur nicht so perfekt.«
»Atmosphärisch dicht, absolut authentisch und sehr, sehr sinnlich«, pflichtete Sam Haller ihm bei.
»Tja, die Kleine hat’s drauf«, lachte Mike gönnerhaft. »Auch wenn sie gar nicht so aussieht.«
Allein dafür hatte er Höllenqualen verdient. Doch Lulu blieb ruhig. So sah es der Plan vor. Deshalb tat sie, als würde sie seine Herablassung gar nicht spüren.
»Wir haben noch mehr Gäste mitgebracht«, erzählte sie. »Meine Mutter, Herrn Meyer, meine Tochter Lotte und ihre Freunde Teddy und Freddy.«
Gills Lächeln gefror, als sie Mike begrüßte. »Wir hatten bereits das zweifelhafte Vergnügen«, sagte sie hoheitsvoll.
Als Nächstes stellte sich Fusselbart vor. Er hatte sich extra feingemacht, trug beigefarbene Shorts, ein kurzärmeliges,grün-lila kariertes Oberhemd und einen weinroten Lederschlips. Eindeutig eine Farbkombination, die für das menschliche Auge nicht geeignet war. Lulu würde eine Menge zu tun haben, um ihn so lange zu fotoshoppen, bis er nicht mehr störte.
Als sie die Kinder präsentieren wollte, waren sie spurlos verschwunden. Sie schaute im Auto nach, im Haus, sogar im Turm. Schließlich fand sie das Trio im Pool, wo die Kleinen unter Rositas Aufsicht planschten und kreischten. Lotte landete gerade mit einem gekonnten Bauchklatscher im Wasser.
»Ich brauche die Kinder in einer Stunde«, sagte Lulu. »Dann werden sie für die Fotos gefönt und gestylt.«
Verständnislos sah Rosita sie an. »Zu snell. Was sagen?«
Lulu verdrehte die Augen. Konversation, die diesen Namen verdiente, verband Alex jedenfalls nicht mit ihr. Aber bekanntlich gab es ja Verhältnisse, in denen Gespräche eher eine Nebenrolle spielten.
Sie setzte sich neben Rosita auf einen Liegestuhl. Jetzt war die einmalige Gelegenheit, das Mädchen auszuhorchen.
»Sagen Sie mal, Rosita – haben Sie einen Freund? Einen, mit dem Sie …« Lulu schmatzte einen Kuss in die Luft.
»Ich?« Das Mädchen bekreuzigte sich und murmelte etwas auf Spanisch, das wie ein Stoßgebet klang. »No«, sagte sie dann entrüstet. »No Freund. No tengo novio!«
Genau zwei Möglichkeiten kamen jetzt in Betracht. Entweder log sie wie gedruckt, oder sie bespaßte männliche Touristen, um sich ein Extra-Taschengeld zu verdienen.
Wieder musste Lulu an die Szene denken, wie Rosita völlig selbstverständlich auf Alex zugelaufen war und ihn mit Küsschen begrüßt hatte. So unschuldig sie auch wirkte – das gute Kind hatte es faustdick hinter den Ohren.
Sie erhob sich und zeigte auf ihre Armbanduhr. »Um zwölf. In der Finca. Kinder trocken – seco.«
»Sí«, antwortete Rosita.
Eilig umrundete Lulu das Haus und fand die gesamte Gesellschaft auf der Terrasse. Der lange Holztisch war übersät mit Kaffeetassen und Tellern voller Käse, Schinken und Tapas. Mike entkorkte gerade eine Flasche Wein, während er Sabrina von seinem Loft vorschwärmte. Sein Beeindruckungsprogramm kam Lulu mehr als bekannt vor. Es war offenbar immer der gleiche Angebertext, den er den Frauen aufdrängte.
Sabrina ließ sich nichts anmerken. Sie formte ihren hübschen Mund zu einem erstaunten »Oh«, als er bei seinem Golfhandicap angelangt war, und fuhr sich durchs Haar, als er seinen Sportwagen erwähnte. Von Sabrina konnte man viel lernen. Zum Beispiel, wie man sich mit weiblicher Klugheit dumm stellte.
Für Gill war Mikes Dampfplauderei sichtlich eine Folter. Betreten hockte sie neben Fusselbart und drehte ihre Handtasche in den Händen. Als Lulu sich zu ihr an den Tisch setzte, raunte sie: »Der ist ja noch abscheulicher, als du behauptet hast! Und ich war so naiv, auf ihn reinzufallen!«
»Tja, das haben wir gemeinsam«, flüsterte
Weitere Kostenlose Bücher