Den letzten Abschied selbst gestalten
Ahorn-Grieneisen AG die im süddeutschen Raum sehr verbreitete Trauerhilfe Denk übernommen und steht nun mit rund 1200 Mitarbeitern, 250 Filialen und geschätzten 60 bis 65 Millionen Euro Umsatz (und fünf Prozent Marktanteil) an der Spitze. Wichtig zu wissen: Hinter dieser Firma steht wiederum die Berliner Versicherungsgruppe Ideal, für deren Sterbegeldversicherung natürlich in allen Geschäften massiv geworben wird.
80 Prozent der Bestattungsunternehmen gehören nach dessen Angaben dem Bundesverband Deutscher Bestatter e. V. ( BDB ) in Düsseldorf an (www.bestatter.de). Aber nur 1200 Be triebe, also etwa ein Drittel aller Firmen, dürfen das Mar- kenzeichen des Verbandes tragen, weil sie für »qualifizierte Mit arbeiter, 24 Stunden Erreichbarkeit und transparente Preis gestaltung« garantieren. Hier sind viele organisiert, die ihren Job gut machen, aber gerade an den Spitzen dieser in zig Lan desgruppen aufgeteilten Organisation begegnet man auch rück wärtsgewandten Positionen und einer unangenehmen Bevormun dung.
Statt sich auf neue Formen der Bestattung einzulassen, werden Vorwürfe an den Verbraucher gerichtet, wie etwa von Peter Rink, dem Vorsitzenden des Bestatterverbandes Sach-sen-Anhalt, der den Verfall der Bestattungskultur in der veränderten Gesellschaft beklagt und seinen potentiellen Kunden vorwirft, ihnen fehle der innere Zugang zu den alten religiö-sen Ritualen.
Etwas differenzierter tritt da das Kuratorium deutsche Bestattungskultur auf, ein Verein unter dem Dach des BDB, der Stipendien rund um das Thema Sepulkralkultur vergibt und unter dem Titel »musica et memoria« eine vielbeachtete CD-Sammlung mit »Trauermusik durch die Jahrhunderte« herausgegeben hat. Das Kuratorium richtet auch eine jährliche Tagung für die Verbandsmitglieder aus, die allerdings so stark von konservativen Pietisten dominiert wird, dass aufgeschlossene Fachleute wie der Leiter des Sepulkralmuseums [1 ] in Kassel, Dr. Reiner Sörries, zuletzt nicht mehr daran teilnahmen.
Eine liberalere Haltung vertritt der Verband Deutscher Bestattungsunternehmen ( VDB ) in Berlin (www.vdb-berlin.de). Dort ist man nach eigenen Angaben offen für »neue und un-gewohnte Formen der Bestattung« und bietet Mithilfe bei der Trauerarbeit. Inzwischen gibt es auch eine Reihe meist jün-gerer Kollegen, darunter sehr viele Frauen, die ihre eigenen Netzwerke betreiben. So verspricht etwa eine Gruppe »kollegial kooperierender Bestatter« auf ihrer Seite www.bestatter-netz.de, »die aktive Mitwirkung Angehöriger beim Verabschiedungsprozess zwischen Tod und Bestattung« zu fördern. Andere haben sich zum Verband unabhängiger Bestatter zusammengeschlossen, weil sie die »Allmacht der Konzerne« in der Branche nicht unterstützen möchten (www.bestatter- verband.de). Auch bei ihnen heißt es offiziell: »Mitwirkung erwünscht!« Eine eigene Rolle spielen die kommunalen Bestattungsunternehmen, die es heute fast nur noch in den großen Städten gibt. Ihre Leistungen gelten als preiswerter, so dass es sich lohnt, ihr Angebot mit der privaten Konkurrenz vor Ort zu vergleichen.
Allen gemeinsam ist, dass sie in jüngster Zeit verstärkt um ihren Ruf kämpfen müssen. Immer wieder gibt es kritische Medienberichte. Zwei Bücher haben sich zudem mit den schwarzen Schafen der Bestattungsbranche beschäftigt: »Die Bestattungsmafia« und »Todsichere Geschäfte«. Zentrale Vorwürfe sind die häufige finanzielle Abzocke und der lieblose, mitunter sogar menschenverachtende Umgang mit der Leiche und das in einer oft schmuddligen Umgebung. Schwachpunkte des Gewerbes seien eine undurchsichtige Preisgestaltung und mangelnde Verlässlichkeit, was die ursprünglich genannten Kosten betrifft. Schon 1996 hatte die Stiftung Warentest durch Nachfragen bei 60 Bestattungsunternehmen Preisunterschiede von bis zu 500 Prozent für vergleichbare Leistungen festgestellt. 2004 folgte eine neue Untersuchung mit dem vernichtenden Urteil: »Unser Test trägt nicht zur Entlastung der Branche bei.« Beim Thema Kostentransparenz kam kein Unternehmen besser als »befriedigend« weg, Branchenführer Ahorn-Grieneisen und die Firma EFS-Bestattungen bekamen sogar »mangelhaft« (Test-Sonderheft »Bestattung«).
Kritikpunkt ist auch, dass man ohne jede Qualifikation in den Beruf einsteigen könne, dazu sei nicht mehr als ein Gewerbeschein nötig. In dieser Hinsicht aber hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Der Bundesverband Deutscher Bestatter hat 2003 in Münnerstadt /
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