Den letzten beissen die WerWölfe
Sagt dir die was?«
»Na logisch, aber ich glaube, die Faschos bei uns sind mehr so der unorganisierte Haufen«, erklärte der Schüler.
»Aber die T-Shirts müssen die doch auch von irgendwo bekommen, die drucken die doch nicht vom Taschengeld.«
»Das ist mir schon klar, aber ich glaube hier in der Eifel kommt das eher von Altnazis, die damals noch so richtig dabei waren.«
»Gibt es da Namen?«
»Gibt es«, nickte der Schüler. »So ein alter Sack aus Lammersdorf. Name weiß ich aber nicht, kann ich aber für Sie rauskriegen. Vertraulich natürlich, da muss ich mich drauf verlassen.«
»Konntest du dich bei der Kiffersache nicht auch auf mich verlassen?«
»Das stimmt, Herr Kommissar, bin ich Ihnen auch ewig dankbar dafür.«
»Was ist das für ein Mann in Lammersdorf?«
»Muss, wie gesagt, schon alt sein, aber da laufen immer welche von den jungen Nazis zu Hause auf. Der organisiert wohl auch so Treffen auf dem Soldatenfriedhof in Vossenack und auf der Burg Vogelsang. Da soll er aber mittlerweile Hausverbot haben.«
»Und den Namen kennst du wirklich nicht?«, forschte der Kommissar nach.
»Nee, kriege ich aber raus. Bei dem privat sind nämlich immer viele, und man hört so einiges hinter vorgehaltener Hand. Da fällt mir was ein: Einige nennen ihn den Werwolf …«
»Wie nennt man den?«, schreckte Zimmermann auf.
»Werwolf!«, betonte der Schüler noch einmal. »Aber da kommt mein Bus, kann ich gehen?«
»Natürlich kannst du gehen, Justus. Und ich bin dir sehr dankbar, du hast mir sehr geholfen.«
»Sie mir damals auch«, bemerkte der Schüler und verließ eilig das Polizeigebäude. An der Tür schaute er sich noch einmal um, ob ihn jemand gesehen hatte. Das schien aber nicht der Fall zu sein.
Gottfried Zimmermann ging aufs Klo und kotzte.
***
15.55 Uhr
Nusselein hatte kurz, aber wirklich nur ganz, ganz kurz überlegt, ob er nach dem Treffen mit Gottfried Zimmermann noch einmal in die Redaktion fahren sollte. Er entschied sich dagegen und fuhr statt dessen nach Roetgen ins »JWD«. Irgend ein Lokalsender meldete:
»London.- Prinz Harry hat einen Sturz vom Pferd glimpflich überstanden. Die Nummer drei der britischen Thronfolge war auf der Karibikinsel Barbados bei einem Wohltätigkeits-Polospiel aus dem Sattel gestürzt, nachdem sein Pferd ausgerutscht war.«
Nusselein, der aktuell an einem Schottland-Knall litt, schimpf-te vor sich hin:
»Kein Mumm in den Knochen. Fällt der Dämel vom Pferd. Es wird Zeit, dass in England die Stuarts wieder an die Macht kommen.«
Um dies zu unterstreichen, sang er das Lied der Jacobiter, der Anhänger der Stuarts:
»Ye Jacobites by name, lend an ear, lend an ear
Ye Jacobites by name, lend an ear.«
Singend erreichte er die Roetgener Szenekneipe, die trotz der frühen Stunde, wenigstens für Eifeler Verhältnisse, schon gut gefüllt war. Nusselein stellte sich an die Theke und hielt nach dem anonymen Blutspender und natürlich auch nach der Dickbusigen Ausschau. Doch beide konnte er nirgendwo ausmachen. Daher sprach er den Wirt Erwin Conrady an, den er vom gemeinsamen Verfassen eines Werbetextes kannte:
»Erwin, läuft hier was mit Faschos?«
Der Wirt schaute beleidigt:
»Bei mir? Erlaub mal, ich bin Alt-68. Das weiß doch jeder in Roetgen. Das hier ist doch fast schon ein Existenzialistencafé! Ich habe immerhin 1968, na gut, es war 1970, hier vor dem Rathaus alleine mit einem Schild gestanden:
»HE, KOMMT RUNTER VOM BALKON
UNTERSTÜTZT DEN VIETCONG«
Charly Nusselein schaute ungläubig:
»Das Roetgener Rathaus hat doch gar keinen Balkon.«
»Das war mir damals doch egal«, schwelgte der Wirt in Erinnerungen und hub zu singen an:
»Tell me – over and over and over again, my friend
Ah, you don’t believe
We’re on the eve
of destruction.«
Conrady bekam glänzende Augen:
»Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment.«
»Kannst du mal die Gläser spülen«, schnauzte eine Frau, die aus der Küche kam und eine Schüssel mit Frikadellen auf die Theke stellte.
Der Wirt tat sofort, wie ihm geheißen, erzählte aber weiter:
»Später war ich einer der ersten Grünen hier in Roetgen. Aber seit die mit der CDU im Bett liegen, habe ich mit Politik nichts mehr am Hut. Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten! Naja, hier in Roetgen waren es eben die Grünen, aber von denen waren früher bestimmt welche in der SPD. Trotzdem: Rechte kommen hier nie hin, und wenn …«
Erwin Conrady machte eine drohende Bewegung mit der
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