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Den letzten beißt das Schwein

Den letzten beißt das Schwein

Titel: Den letzten beißt das Schwein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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diesen Hort der Glückseligkeit verließ.

    In Karins Hofladen bediente Moni, eine dunkelhaarige Weißrussin, die zwar nur gebrochenes Deutsch sprach, aber den ganzen Tag über mit der Sonne um die Wette strahlte. Ein Glücksfall für Karin, denn die Dülmener Hausfrauen liebten die Kleine und kauften deshalb vermehrt das Biogemüse in Schumanns Laden. Monis Gehalt war aufgestockt worden, und damit verdiente sie mittlerweile mehr als ihr Mann, der in einem Reifengroßhandel knechtete.
    Sie wies mir den Weg zum Kaninchengehege, nachdem ich die Hände von sieben kaufbereiten Buldernerinnen geschüttelt und das Versprechen abgegeben hatte, beim nächsten Orgelauftritt in der Kirche einen Flippers-Song zum Besten zu geben.
    Der Kaninchenstall bestand aus zusammengezimmerten Holzlatten, die mit Drahtmatten bespannt waren. Steine, Buddelkiste und ein rotes Miniatursofa sorgten für die Entspannung der Tiere. Der verbliebenen drei, genau genommen. Das orangefarbene und gelbe Fell verriet, dass es sich nicht um Kochtopf-, sondern um Zuchtkarnickel handelte. Als sie mich erblickten, wirkten sie verstört und rannten hektisch im Stall herum.
    In einer Kiste lag Leopold. Das stramme Kerlchen war mit einem Messer zerfetzt worden, als hätte Hannibal Lecter sein Faible für Langohren entdeckt. Teile der Innereien hingen aus dem Körper, und der Boden war blutgetränkt. Es stank bereits nach Verwesung, und dicke Fliegen berauschten sich am Kadaver. Hier war ein Exempel statuiert worden.
    Karin wirkte blass. Schatten unter den Augen, Make-up zerlaufen. Verstand ich.
    »Halt mich fest«, bat sie und ließ ihren Tränen freien Lauf.
    »Leopold war meine Eintrittskarte in die Züchterbranche«, schluchzte sie. »Nach seinem dritten Platz in Bremen habe ich zig Angebote bekommen. Durch seinen Tod ist meine Züchterkarriere erst mal beendet, denn die anderen sind noch lange nicht so weit. Und Leo war so ein charakterstarkes Tier. Mutig, charismatisch, willensstark und zugleich empathisch. Wenn ich nicht gut drauf war, hat er mir manchmal in Kaninchensprache zugeflüstert: >Karin, yes, you can.< Wer um alles in der Welt ist zu solch einer Tat fähig?«
    Obwohl es mir schwerfiel, die Ähnlichkeit des toten Tieres mit dem amerikanischen Präsidenten zu erkennen, war auch ich geschockt.
    »Bestialisch«, sagte ich. »Hast du was bemerkt? Fremde? Geräusche? Irgendwas?«
    Schumann schüttelte den Kopf. »Hier.« Sie drückte mir einen verkrusteten Zettel in die Flosse: »WENN NANNEN WEITERSCHNÜFFELT, ENDET IHR WIE ICH!«, stand dort in blutigen Blockbuchstaben.
    »Was hat das zu bedeuten?« Ihre Hand zitterte. »Du arbeitest doch als Buchhalter bei Rexforth und nicht als Privatdetektiv, oder?«
    »Eigentlich schon«, gestand ich verlegen. Eine Viertelstunde später hatte ich sie auf den neuesten Stand gebracht.
    »Wer kann Tiere so hassen? Der Kerl muss absolut krank sein!« Wieder schüttelte sie ein Weinkrampf.
    Ich wusste keine Antwort. Allerdings war sonnenklar, dass mich der Täter entweder gut kannte oder Erkundigungen über mich eingezogen hatte. Wie hätte er sonst über mein enges Verhältnis zu Schumann Bescheid wissen können? Verdammte Hacke, das gefiel mir ganz und gar nicht.
    Eines stand fest: Karin musste beschützt werden, denn weitere Gewalttaten waren nicht auszuschließen. Andererseits hatten bis jetzt mindestens vier Karnickel gewaltsam das Zeitliche gesegnet. Ich konnte unmöglich jedem Besitzer einen Leibwächter zur Verfügung stellen. Da rächte sich die knapp ausgestattete Human-Resources-Abteilung einer Ein-Mann-Klitsche. Ich musste unbedingt Luis Grosch befragen, den jungen Mann, dem ebenfalls ein Kaninchen ermordet worden war. Vielleicht erkannte ich dann den großen Zusammenhang.
    »Ich übernachte heute bei dir«, kündigte ich an. »So was wird kein zweites Mal passieren.«
    »Glaubst du, dass der Typ erneut zuschlägt?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Bis jetzt ist kein Motiv ersichtlich. Hass auf Tiere? Ein bisschen dünn, meinst du nicht? Eventuell bekomme ich bei Grosch den entscheidenden Hinweis.«
    »Danke!« Sie schlang ihre Arme um mich. »Zwar stehe ich meine Frau im Leben, aber jetzt kann ich wirklich männliche Unterstützung gebrauchen. Ich bin völlig fertig.«
    Das ging mir runter wie süffiges König-Pils. Zärtlich suchten meine Lippen Karins Mund, und mein Kuss wurde begehrend erwidert.
    »Ich muss noch zu Hause vorbei.« Schweren Herzens löste ich mich wieder. »Ein paar Klamotten holen

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