Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Den schnapp ich mir Roman

Den schnapp ich mir Roman

Titel: Den schnapp ich mir Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sasha Wagstaff
Vom Netzwerk:
Gefühlen für sie gesprochen, das hatte sie sich bloß eingebildet. Und sie dachte daran, wie Claudette gesagt hatte, dass Will sie verachtete. Tief verletzt trat sie einen Schritt zurück. Am liebsten wäre sie fortgerannt.
    Sie ignorierte Wills ausgestreckte Hand und stolperte davon. Herbstlaub wirbelte vor ihr auf. Dann hörte sie Claudettes mädchenhaftes Kreischen. Tessa nahm an, dass Will eingewilligt hatte, und begann zu rennen. Die Tränen strömten nur so über ihr Gesicht.
    »Sag mal, wie kann ich mich denn in einer Prüfung zu so was äußern?« Freddie hielt den Gedichtband hoch und zitierte mit klarer, übertriebener Stimme ein paar Zeilen.
    Milly seufzte. Freddie hatte keine Ahnung, wie sie es fand, wenn er Liebesgedichte zitierte. Sie fühlte sich dann
innerlich völlig zittrig. Es half auch gar nicht, dass er so traumhaft in seinem dicken Pullover und der weiße Beanie-Mütze aussah, die seine dunklen Haare zwar verbarg, aber seine Blaubeeraugen und die unwahrscheinlichen Wangenknochen so schön betonte.
    Sie hatten sich mit Schals und Handschuhen gegen den kalten Wind eingemummelt und streiften nach der Schule durchs Dorf. Es roch überall nach Holzfeuern und frisch gepflügter Erde. Aschefetzchen trieben durch die Luft, begleitet von blecherner Weihnachtsmusik von einer CD. Aus der Teestube Milk and Honey wehte ein verlockender Duft von gebratenen Äpfeln und gewürztem Glühwein. Milly freute sich ungeheuer auf Weihnachten. »Na?« Freddie stieß sie an und grinste. »Du sollst mir doch helfen, meine Dame, nicht einfach bloß in die Luft starren.«
    »Okay.« Milly schob die Hände tiefer in die Taschen und versuchte sich zu konzentrieren. »Also, ich glaube, Shelley versucht hier zu sagen, dass alle Aspekte in der Welt paarweise vorkommen … wenn er also schreibt The fountains mingle with the river and the rivers with the oceans , dann meint er, dass sich die Liebe wie die Natur miteinander vermischt.« Sie holte tief Luft, weil Freddie ihr eine Fluse vom Gesicht schnippte. »Und… vielleicht gab es jemanden, den Shelley liebte, die aber seine Anbetung nicht erwiderte.«
    Oh, wie sehr dieses Gedicht ihre eigene Situation spiegelte! Sie fasste sich an die Wange, wo Freddies Finger sie gerade berührt hatte. Es war für sie eine regelrechte Qual, wenn sie gemeinsam Liebesgedichte durchgingen. Die Worte reflektierten ihre Gefühle oft buchstabengetreu.
    »Du bist so clever, Milly«, sagte Freddie bewundernd. »Ich glaube nicht, dass ich auch nur die geringste Aussicht habe, ohne dich meine Prüfungen zu bestehen.«
    »Ach, sei nicht albern«, erwiderte Milly errötend. Wenn
Freddie sie doch nicht nur als Intelligenzbestie betrachten würde! Sie waren jetzt sehr oft zusammen, und sie wusste nicht, ob ihm überhaupt Zeit für andere Beziehungen blieb – eine Freundin zum Beispiel -, aber das war nur ein geringer Trost.
    Milly war so in Gedanken versunken, dass sie nicht sah, wie JB mit einem Stapel Papiere auf sie zukam. Unfreiwillig stieß sie gegen ihn, woraufhin alle Papiere in die Luft flogen und JB einen fürchterlichen Wutanfall bekam.
    »Oh, das tut mir leid!« Reumütig hockte Milly sich hin, um die Papiere einzusammeln. Der Wind begann schon, sie die Straße entlangzuwehen. Freddie half ihr, sammelte die Bögen ein und reichte sie Milly.
    »Mais, que diable es-tu en train de fabriquer? Bordel! «, knurrte JB. Er riss ihr die Papiere aus den Händen und legte sie auf seinen Stapel. Seine Augen funkelten sie an. »Du blöde Göre!«
    Milly blickte schockiert hoch. Dann sah sie stirnrunzelnd auf ein Blatt, das sie noch in der Hand hielt.
    »Es war ein Versehen«, mischte Freddie sich entschuldigend ein und half Milly aufzustehen. Seine Hände zitterten, aber vor Wut. »Und ich finde, ehrlich gesagt, Sie sollten sich jetzt bei Milly entschuldigen«, fügte er knapp hinzu.
    »Ich? Mich entschuldigen?« JB hatte nicht die geringste Absicht, das zu tun. »Vergiss es.« Damit riss er Milly die letzten Blätter aus den Händen.
    Milly sah verblüfft hinter JB her, der mit wehenden Locken weiterstürmte.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Freddie und legte ihr einen Arm um die Schultern, versuchte aber gleichzeitig, die angenehme Wärme ihres Körpers zu ignorieren. Ihre platinfarbenen Haare rochen nach Blüten und Holzrauch, und er rief sich zum zigsten Mal in Erinnerung, dass sie seine
kleine Schwester war. Nur … er war nicht sicher, ob er sie immer noch so betrachtete.
    »Das war aber seltsam«,

Weitere Kostenlose Bücher