Den schnapp ich mir Roman
beiden zur Hauptsendezeit ausgestrahlt werden würde, in Konkurrenz und zeitgleich mit dem heißen Prominentenjournal eines anderen Senders.
Tessa stöhnte innerlich auf und warf das Magazin ins Wageninnere. Es war schon schlimm genug, dass ihre Chefin Großes von ihr erwartete, aber dazu noch Millionen von gespannt wartenden Zuschauern … Rasch und aufmerksam betrachtete sie nun die Fassade von Rufus’ und Clemmies Haus. Die Dreharbeiten hatten noch nicht begonnen, denn Clemmie wollte, dass das Haus perfekt eingerichtet war. Dem Äußeren nach war Clemmies Geschmack besser, als Tessa vermutet hatte. Das Haus war so groß, wie sie es erwartet hatte, das Design dezent traditionell und überhaupt nicht vulgär. Es war das einzige Anwesen am Ende eines hübschen, überwachsenen Sträßchens, was dem Paar Ungestörtheit und Abgeschiedenheit garantierte; ohne Zweifel hatte das seinen Preis.
Tessa war aufs Neue von dem guten Geschmack des
Paares beeindruckt und fragte sich, wie ein Hollywood-Star sich in einer so ruhigen Umgebung niederlassen konnte. Rufus hatte ja früher hier gelebt, daher würde er sich in der ländlichen Idylle leichter zurechtfinden als Clemmie, doch gleichzeitig war Rufus’ Bedürfnis nach Glanz und Ruhm legendär. Egal, wie verliebt er momentan in Clemmie war, für Tessa war die Vorstellung unpassend, dass er das glitzernde, pulsierende Leben in Hollywood zugunsten von Kaminfeuern und Spaziergängen aufgeben würde. Clemmie war eine sehr angesehene Schauspielerin, deren Darstellung eines Vergewaltigungsopfers mit einem Oscar ausgezeichnet worden war. Außerdem hatte sie einen Stern auf dem Hollywood Boulevard.
Tessa blickte in den Seitenspiegel und überprüfte ihr Make-up. Clemmie wie auch Rufus hatten sich einverstanden erklärt, dass die Kameras ihnen ununterbrochen folgten und selbst die intimsten Augenblicke zwischen ihnen filmten. Sie hatten wohl keinerlei Scheu vor der Öffentlichkeit. Was wollten sie dann hier? Vielleicht war Clemmie die ständigen Auftritte im Scheinwerferlicht leid, vielleicht fühlte sie sich genau wie Tessa von ihrer Karriere desillusioniert, die sie so zielstrebig verfolgt hatte?
» Chérie! «
Tessa zuckte bei diesem fröhlichen Ruf zusammen. Doch sie redete sich noch kurz zu, dieses Gefühl wäre bloß vorübergehend, sie würde bald wieder ihren alten Schwung wiederfinden – und zwar noch heute. JBs auffälliger Porsche hielt mit quietschenden Reifen neben ihr und wirbelte einen Kiesregen in ihre Christian-Louboutin-Slingbacks. Ihm folgte ein eher unauffälliger Kastenwagen mit Joe, dem Kameramann, und seiner Crew von Beleuchtern und Toningenieuren. Susie, die hübsche Maskenbildnerin, und Louise, die neue Haarstylistin mit einer buntgestreiften Frisur, folgten ihnen in einem klapprigen Golf.
Tessa winkte. Alle nickten JB knapp zu und entluden die Ausrüstung.
»Entschuldigung, dass wir zu spät dran sind.« JB schien guter Stimmung. Er riss sich die Baseballkappe vom Kopf und sprang aus dem Porsche. »War spät gestern«, erklärte er mit leicht heiserer Stimme und versuchte seine struppigen Haare mit einer Hand zu glätten. Sein Hemd stand fast bis zum Bauchnabel offen, so dass Tessa seine gebräunte und ziemlich haarige Brust sehen konnte. Jetzt fehlten ihm nur noch ein Piratenhut und eine Augenklappe, und man hätte ihn leicht für Captain Hook gehalten.
Tessa hatte seine herablassende Bemerkung letzte Woche noch in Erinnerung und reagierte nicht. Mit seinem unrasierten Kinn und den rotgeränderten Augen sah JB aus, als hätte er eine wilde Nacht hinter sich, aber Tessa entschied sich, ihn nicht danach zu fragen.
Dann meldeten sie sich durch eine Gegensprechanlage vor dem schweren Eisentor bei einer Assistentin an und gingen zusammen die Einfahrt hoch, wobei sie die Kabel hinter sich herschleppten.
»Na, wie finden Sie die Familie?«, fragte JB und zündete sich eine aromatisch duftende Zigarette an. Gleichzeitig knöpfte er sich das Hemd zu.
»Äh … sehr interessant.«
Sobald sie die Worte gemurmelt hatte, wurde Tessa klar, dass dies eine leichte Untertreibung war. Milly war süß und erfrischend offen, und Tristan sah aus wie ein Erzengel, aber zugleich auch wie ein Frauenheld. Er flirtete ununterbrochen, war jedoch witzig und locker im Umgang. Nachdem der unfreundliche Will gegangen war, hatte Tessa sich immer stärker zu Tristan hingezogen gefühlt und sich über dessen Humor gefreut. Es würde sehr leicht sein, sich in ihn zu verlieben,
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