Den schnapp ich mir Roman
Vogue abgebildet worden. Typisch für Will, eine französische Verlobte zu haben. Sie stellte sich vor, wie sie auf Appleton Manor herumstolzierte, sorglos wie ein exotischer Vogel: reich, privilegiert und wie selbstverständlich an der Spitze der Gesellschaft.
Will fand Tessas Benehmen sehr ärgerlich und fragte sich nun, warum er sie überhaupt hergebeten hatte: Er wollte wissen, wie die Dreharbeiten vorankamen, aber eine innere Stimme verriet ihm, dass es Probleme geben würde. Das hatte er schon geahnt, noch ehe er sie zum ersten Mal sah, und alles, was sie seit ihrer Ankunft veranlasst hatte, bestätigte diese Ahnung. Seine Familie war zwar von Tessa
begeistert, dachte er gereizt, aber er würde sich von dieser Miss Meadmore nicht täuschen lassen.
Will betrachtete ihre stolz geschwungene Nase im Profil, während sie ausgiebig sein Büro musterte. Er bemerkte, wie ihr breiter Mund sich nach oben verzog, als ihr Blick auf das signierte Foto von Claudette fiel. Will hatte irrtümlich angenommen, er könnte den Verlauf der Dreharbeiten bestimmen und lenken, aber bisher sah es so aus, als würden Tessa und das Team überall nach Belieben aufkreuzen und filmen, was immer sie wünschten. Ohne jede Rücksicht schleppten sie die schwere Ausrüstung über die alten kostbaren Böden und richteten starke Scheinwerfer auf kostbare Gemälde.
Nun, so unerschwinglich waren die Gemälde auch wieder nicht, gestand sich Will nüchtern ein. Alles von einigem Wert war bereits zu Kunstauktionen gegangen, aber Tristan hatte bereitwillig Gemälde für jedes Viereck heller Tapete bereitgestellt, wenn wieder ein eiliger Verkauf anstand. Tristan, der an nichts anderes dachte als an seine Kunst, fragte seinen Bruder nie danach und auch nicht, wo die alten Gemälde geblieben waren. Er produzierte bloß Bilder, wann immer man ihn darum bat, und Will war diesmal für seine Unaufmerksamkeit dankbar. Doch er hatte auch den Verdacht, dass Tristans Gedanken sich momentan fast ausschließlich um Tessa Meadmore drehten.
Endlich hatte sie ihre herausfordernde Begutachtung seines Büros beendet und heftete nun die kühlen moosgrünen Augen auf ihn. Er wartete ab, was ihn eine Menge Selbstkontrolle kostete.
»Natürlich arbeitet mein Team sehr diskret«, sagte sie schließlich. Ihre rechte Hand hielt einen Stapel Notizen fest umklammert. »Wir sind Profis und haben schon öfter solche Reportagen gedreht.«
»Ja, wirklich?«
Will sah sie mit hochgezogenen Brauen an. Tessa errötete. Hatte er ihr nachspioniert? Wie peinlich! Schlimm genug, dass JB und Jilly hinter ihr her waren. Sie brauchte nicht auch noch diesen arroganten Adligen, der sie herunterputzte. Tristan stammte zwar aus derselben Familie, aber so was würde er nie tun.
»Ihre Familie ist sehr hilfsbereit«, flötete sie nun, weil sie wusste, wie ihn das ärgerte. Dann fiel ihr Blick kurz auf Wills gebräunte, rugbygestählte Schenkel unter dem Schreibtisch. Er war wirklich sehr männlich, dachte sie überrascht … doch dann merkte sie, wie kritisch er sie ansah, und schob den Gedanken an seine Schenkel beiseite.
»Ja, das habe ich gehört.« Er lehnte sich zurück und sah sie an. »Ich gehe davon aus, dass Sie die professionellen Grenzen wahren, was Rufus angeht. Ich weiß, dass Sie mich überbeschützend finden, aber Rufus hat sehr schlechte Erfahrungen mit Journalisten gemacht, besonders mit britischen. Sicher können sogar Sie zugeben, dass Sie manchmal recht aggressiv sein können. Sie sind sich gewiss auch bewusst, dass meine Familie den Umgang mit der Presse nicht gewohnt ist.«
Das war ja wohl offensichtlich, dachte Tessa schuldbewusst, weil sie daran dachte, wie unschuldig Henny ihr die Fotos von Rufus als Teenager gegeben hatte.
»Ich bin Profi, Mr. Forbes-Henry«, erwiderte sie schmeichelnd. »Ich möchte auf keinen Fall Ihre entzückende Familie übervorteilen.«
»Will … nennen Sie mich Will«, erwiderte er mit gepresster Stimme.
»Mr. Forbes-Henry … Will, egal«, antwortete sie. Sie spürte ein leises Siegesgefühl, denn sie spürte, wie verärgert er dort hinter seinem Schreibtisch saß.
Tessa fühlte sich in dem niedrigen Sessel leicht unterlegen, daher stand sie auf und legte die Notizen auf den Sitz.
Dann schritt sie langsam auf ihren Superabsätzen durch den Raum. Ihr Rücken war angespannt wie eine Feder, als sie die Familienfotos betrachtete. Sie beugte sich vor zu einem Porträt einer viel jüngeren Caro in einem Abendkleid aus schwarzer Spitze,
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