Den schnapp ich mir Roman
ihr befreundet. Wir treffen uns ein paar Mal die Woche zum Mittagessen.«
»Na, damit hat sich diese Theorie erledigt.« Milly ließ sich nicht weiter aus, weil nun Gils Hexengekreisch das Haus erfüllte. »Wie kann sich denn ein Mensch bei so was konzentrieren?«
»Französisch würde ich unbedingt machen«, bestätigte Tessa und errötete, als Tristan sich von seinem Sofa erhob
und ihr übertrieben einen Luftkuss zuhauchte. »Das kannst du doch hervorragend. Aber ich sehe eigentlich kein Problem bei der Auswahl dieser Kurse.«
Milly fummelte an einer Haarsträhne und dachte nach. »Vielleicht belege ich doch lieber Englisch. Aber wenn ich das statt Physik nehme, muss ich all diese langweiligen Shakespeare-Stücke und fürchterlichen Gedichte lesen.« Sie deutete auf einen Stapel muffig riechender Bücher, die sie aus der Bibliothek geholt hatte.
»Shakespeares Stücke sind doch nicht langweilig«, erwiderte Tessa erstaunt. Sie nahm »Der Sturm« in die Hand und blätterte es durch. »Ich habe das furchtbar gerne gemacht. Und Gedichte sind etwas Wunderbares. Okay, es kommt auf den Dichter an, aber es gibt so viele gute. Ein guter Lehrer kann dir das alles näherbringen.«
»Sie haben ja so Recht«, murmelte Henny und löffelte das Maracuja-Püree über die Sahnebaisers. »Ich hatte einen tollen Lehrer. Er hat mir Shakespeare richtig lebendig vor Augen geführt. Ich habe mich restlos in ihn verknallt, als er mir die Rolle des Benedick in Viel Lärm um Nichts gab …«
»Wer will das denn hören, Mutter?«, unterbrach Milly sie und tat, als müsste sie würgen.
»Ich wollte nur sagen …« Henry richtete ihre hellblauen Augen auf Milly, »dass man die Menschen in zwei Lager teilen kann, wenn es um Shakespeare geht. Diejenigen, die ihn verstehen, und die anderen, die ihn nicht begreifen. Und diejenigen, die ihn nicht begreifen, werden immer darauf bestehen, dass er langweilig ist, wortreich und viel zu blumig. Ich stimme Tessa zu, es kommt auf den Lehrer an, dass man die Schönheit seiner Dichtung versteht.«
Milly sah sie säuerlich an. »Ich verstehe Shakespeare«, murmelte sie und nahm Tessa den Sturm aus der Hand. »Ich habe nie behauptet, dass ich ihn nicht verstehe.«
»Und warum willst du deinen Plan ändern?«, fragte Tessa, um die Spannung zwischen Mutter und Tochter zu lösen. Sie sah zahlreiche gemalte Herzen auf der aufgeschlagenen Seite von Millys Kalender. Emilia Penry-Jones stand in rosa Buchstaben darüber. Sie war also immer noch in Freddie verknallt, aber ohne Gegenliebe.
Rasch schlug Milly den Kalender zu. Errötend fummelte sie an dem kleinen Schlösschen. »Ich habe beschlossen, nicht Französisch zu studieren, weil ich Journalistin werden will.«
Tessa sah sie entsetzt an. »Warum das denn? Warum willst du denn Journalistin werden, wenn du alles andere sein könntest? Du bist doch so gescheit – sprichst fließend Französisch, findest Mathe einfach. Du könntest Astronautin werden, Dolmetscherin … einfach alles.«
Milly sah Tessa an, als wäre diese verrückt geworden. »Ich dachte, Ihnen macht Ihr Job Spaß? Sie haben mich inspiriert. Ich will wie Sie werden!«
»Wirklich?«, fragte Tessa verlegen. Ob Milly das wohl immer noch wollte, wenn sie sah, dass JB sie herunterputzte wie eine Anfängerin? Wenn sie mitbekam, dass sie wie eine Spionin aus einem Agentenfilm im Schlösschen herumschlich, auf der verzweifelten Suche nach einer Information, die Jilly zufrieden stellen würde?
Himmel, es wäre furchtbar, wenn Milly ihre Pläne nur ihretwegen ändern wollte. Tessa hätte sie am liebsten geschüttelt, damit sie ihre Meinung überdachte, um etwas … weniger Schmieriges und Seelenloses zu tun.
Milly blickte zu Tristan hinüber, der Tessa über den Rand seines Buches hinweg verliebt ansah. Dabei hellte sich ihr Blick verschmitzt auf, und sie fragte mit leicht gesenkter Stimme: »Wie läuft es denn mit meinem schönen Vetter? Habt ihr zwei euch gefunden?«
»Gefunden?«, fragte Tessa erstaunt, während Tristan sich
höchst anzüglich die Krümel der Tortillachips von den Fingern leckte
»Na, Sie wissen schon … Sex«, antwortete Milly ungeduldig und verdrehte die Augen.
Tessa sah sie stirnrunzelnd an. Sie und Tristan hatten sich ein paar Mal getroffen, aber sie hatten sich nicht einmal richtig geküsst, ganz zu schweigen von mehr. Sie sah das auch in absehbarer Zeit nicht. Jetzt blickte sie wieder verstohlen zu ihm hinüber, wo die Sonne seine blonden Locken wie mit einem
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