Den schnapp ich mir Roman
tätschelte Sophies Schenkel. »Unter uns gesagt, ich halte Will für den besseren Mann, aber wie man hört, können sie einander nicht ausstehen, was sehr schade ist. Natürlich hat er auch diese tolle französische Verlobte, die stündlich erwartet wird.«
Sophie nickte stumm. Warum fühlte sich nach all den Jahren ihr Herz immer noch an, als würde es brechen? Sie beobachtete konzentriert Rubys Malversuche und dachte wieder einmal, wie ähnlich sie Tristan sah, was wohl eine sehr zweischneidige Sache war. Sie erstarrte jedes Mal, wenn sie den gewissen Blick bemerkte, der sie so sehr an ihn erinnerte, aber es war auch schön, das ansteckende Lächeln zu bemerken, das sie immer an die glücklichen Zeiten erinnerte.
»Kann ich kurz auf etwas zu trinken hereinkommen, falls Sie nichts dagegen haben?« Nathan blieb bei der Sonnenliege stehen. Seine prallen Brustmuskeln glänzten in der Sonne.
»Aber passen Sie auf, dass Sie die Farbe nicht überall herumtragen«, erwiderte Gil schnippisch.
»Natürlich«, versprach Nathan und ließ beim Abtrocknen der Pinsel an einem Lappen seine Muskeln spielen. »Nur kurz rein und raus – verzeihen Sie die Anspielung.« Dabei kniff er ein Auge zu.
Gil sprang hoch. »Ich hole Ihnen ein Glas Wasser«, stotterte er, riss den Krug vom Tisch und eilte ins Haus.
Sophie hatte nicht hingehört. Sie war zu sehr damit beschäftigt, Ruby zu beobachten, die in ihrem Überschwang ein Porträt auf den Zaun malte. Es war unbeholfen und kindlich, aber Nathans Gesicht war trotz der groben Pinselstriche sofort zu erkennen. Das hatte Ruby zweifelsohne von ihrem Vater geerbt.
Wie gebannt sah Sophie ihrer Tochter zu und fragte sich, wie lange sie dieses Spiel noch weitertreiben konnte.
Clemmie wünschte sich, sie hätte Unwohlsein vorgeschoben und das nächste Interview abgesagt. Seit dem furchtbaren Streit mit Rufus war erst eine Woche vergangen, aber seitdem hatte sich ihre Beziehung verändert. Clemmie dachte unaufhörlich darüber nach.
Unruhig ging sie neben Tessa her durch den Obstgarten hinter ihrem Haus. Hier wuchs das Gras zwischen den Obstbäumen sehr hoch. Sie hatten nicht die Zeit gehabt, einen Gärtner zu beauftragen, das Unkraut und den ungepflegten Rasen zu bearbeiten, auf dem überall braunrote Äpfel und angeschlagene Birnen lagen. Ein wilder Geißblattstrauch rankte sich ungezügelt über die niedrige Steinmauer, die das Gelände umgab. Die schweren rosa und gelben Blüten verströmten einen süßen Duft und lockten zahlreiche Bienen, Motten und Schmetterlinge an wie ein Bonbon die Kinder.
Clemmie verscheuchte ein paar herumschwirrende Mücken und hoffte inbrünstig, dass keine sie stechen würde. Sie sah, wie Rufus einen reifen Apfel aufhob und ihn an seiner schwarzen Jeans blank rieb. Dann biss er zu und lächelte sie breit und sorglos an.
Gott sei Dank schien Tessa nicht bemerkt zu haben, dass Clemmie nicht nach Reden zumute war. Statt ihr
neue Fragen zu stellen, ging sie noch einmal das letzte Interview mit ihr durch und fragte, ob sie mit allem zufrieden war, ehe es in der Reportage benutzt werden würde.
»Klingt in Ordnung, Schatz«, murmelte Clemmie. Ihr war, als würde sie peinlicherweise im nächsten Moment in Tränen ausbrechen wie ein Kind. Sie spürte die Sonne heiß auf ihrem Kopf, zitterte jedoch so, dass sich auf ihren nackten Armen eine Gänsehaut bildete.
Seit Rufus sie an dem Tag verlassen hatte, war Clemmie sehr unglücklich gewesen. Wie benommen hatte sie registriert, dass er nicht über ihre Zukunft reden wollte. Er hatte sie einfach sitzen lassen und war in die Kneipe verschwunden. War ihre Zurückweisung vielleicht der letzte Sargnagel gewesen? Sein Egoismus war ja legendär. Nie zuvor hatten sie heftige Worte gewechselt oder sie ihn jemals abgewiesen. Eine halbe Stunde später noch war sie überzeugt gewesen, er würde mit einem Strauß Blumen nach Hause kommen, der Blick eine einzige Entschuldigung. Wie sehr sie sich geirrt hatte.
Rufus war nicht eine halbe Stunde später wieder erschienen, nein, er war die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen. Stundenlang hatte sie mit weit aufgerissenen Augen wachgelegen. Tränen hatten ihr Kissen durchnässt, während ihre Fantasie wilde Sprünge tat. Er war eine Spielernatur, das wusste sie. Und obwohl sie nicht glaubte, dass er sie seit Beginn ihrer Beziehung betrogen hatte, glaubte sie nun, dass er kindisch genug war und nach dem entsetzlichen Streit eine Portion Selbstbestätigung brauchte. Sie hatte die
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